Die Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes hält eine Fülle an Neuerungen bereit.

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Am 1. Jänner 2022 traten wesentliche Teile der Novelle des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) in Kraft. Für Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer gibt es damit sehr wichtige Änderungen, die es zu beachten gilt.

Wesentlich ist zum einen die Änderung des Paragrafen 16, der die Rechte eines Wohnungseigentümers für Änderungen an seinem eigenen Wohnobjekt regelt. Hier werden nun mehrere Maßnahmen aufgezählt, die künftig durch eine sogenannte "Zustimmungsfiktion" begünstigt werden. Diese sind:

  • die barrierefreie Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjekts oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft
  • die Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs
  • die Anbringung einer Solaranlage an einem als Reihenhaus oder Einzelgebäude errichteten Wohnungseigentumsobjekt
  • die Anbringung von sich in das Erscheinungsbild des Hauses harmonisch einfügenden Vorrichtungen zur Beschattung eines Wohnungseigentumsobjekts
  • der Einbau von einbruchsicheren Türen

Wer eine solche Änderung plant, muss den anderen Eigentümern (sofern deren Zustimmung nötig ist, weil etwa ihre schutzwürdigen Interessen beeinträchtigt werden können) die geplante Änderung "klar und verständlich" in schriftlicher Form mitteilen. Kommt dann binnen zwei Monaten kein "auf Papier oder in dauerhaft speicherbarer elektronischer Form" übermittelter Widerspruch, gilt das als Zustimmung zur geplanten Änderung. Bei Widerspruch muss man aber weiterhin vor Gericht.

Die barrierefreie Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjekts oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft sowie die Anbringung einer Langsamlade-Vorrichtung werden allerdings zusätzlich in den Katalog der sogenannten "privilegierten Änderungen" aufgenommen. Damit entfällt hier, sollte es (wegen Widerspruchs eines oder mehrerer Eigentümer) doch zu einem gerichtlichen Verfahren kommen, die Notwendigkeit der Prüfung, ob diese Änderungen verkehrsüblich sind ("der Übung des Verkehrs entsprechen") bzw. einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen.

Wer schweigt, stimmt zu

Dies sowie die erwähnte Zustimmungsfiktion sind also neu. Allerdings: "Eine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung seines Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekts muss ein Wohnungseigentümer auch dann nicht dulden, wenn er einen Widerspruch unterlassen hat", heißt es seit 1. Jänner im Wohnungseigentumsgesetz.

Zu beachten ist dabei auch, dass der änderungswillige Eigentümer bei der Mitteilung seines Änderungswunsches an die anderen Eigentümer auch die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs explizit anführen muss. Das heißt, es muss also dezidiert darauf hingewiesen werden, dass eine Nichtbeantwortung einer Zustimmung gleichkommt.

Beim Punkt mit der Solaranlage ist wichtig zu betonen, dass dieser eben selbstverständlich nur für Reihenhauseinheiten oder (was sehr selten vorkommt) Einzelgebäude im Wohnungseigentum gilt, und nicht für das typische mehrgeschoßige Mehrparteienhaus.

5,5 kW gelten noch als "Langsamladen"

Im Zusammenhang mit der Langsamladestation gilt es zudem insbesondere zwei Punkte zu beachten: Zum einen umfasst der Begriff "Langsamladen" nicht nur einphasiges Laden, sondern auch dreiphasiges Laden bis zu einer Ladekapazität von 5,5 kW – das geht aus den Erläuterungen zum Gesetzestext (Seite 9) hervor beziehungsweise wird das dort nun eben genauer definiert.

Zum anderen wird im Gesetz festgelegt, dass ein Wohnungseigentümer, der eine solche Langsamladestation in seiner Garage oder an seinem Abstellplatz installiert hat, deren Nutzung wieder aufgeben muss, sobald eine gemeinschaftliche Elektroladeanlage im Haus installiert wurde; allerdings frühestens fünf Jahre nach Errichtung der Einzelladestation, und auch nur dann, wenn die Eigentümergemeinschaft dies per Beschluss von ihm verlangt.

Und: Wird auf der Eigentümerversammlung über die Schaffung einer Gemeinschaftsanlage abgestimmt, dürfen Wohnungseigentümer, die schon eine Einzelladestation haben, aufgrund einer Interessenkollision nicht mitstimmen. Denn zum Zeitpunkt der Gemeinschaftsinitiative könne es ja bereits mehrere Wohnungseigentümer mit individuellen Ladevorrichtungen geben, heißt es dazu in den Erläuterungen. "Wenn sich nun diese mehreren, bereits individuell versorgten Wohnungseigentümer rechtswirksam gegen das Gemeinschaftsprojekt Ladestation stellen könnten, würde dieses in vielen Fällen mangels positiver Beschlussfassung nicht realisiert werden können." Gemeinschaftsanlagen seien aber grundsätzlich zu bevorzugen, denn durch "intelligentes Laden" können deutlich mehr Elektrofahrzeuge versorgt werden, und aufgrund der höheren Ladeleistung würde eine Gemeinschaftsanlage auch ein schnelleres Laden ermöglichen, heißt es dazu weiters.

Beschlüsse: Neue Regeln ab 1. Juli

Die zweite große Neuerung in der WEG-Novelle betrifft die Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft (Paragraf 24). Hierzu ist zunächst anzumerken, dass diese Änderungen allesamt erst am 1. Juli 2022 in Kraft treten werden.

Derzeit ist es noch so, dass für einen gültigen Beschluss eine Mehrheit unter allen Miteigentümern (gemessen an den Miteigentumsanteilen) benötigt wird. Auch jene Eigentümer, die an der Abstimmung gar nicht erst teilnehmen, werden dabei mitgezählt; eine nicht abgegebene Stimme gilt als "Nein".

Ab Juli wird ein Mehrheitsbeschluss auch dann zustande kommen, wenn zwei Drittel der abgegebenen Stimmen (berechnet nach Miteigentumsanteilen) Pro-Stimmen sind. Diese Mehrheit muss allerdings mindestens ein Drittel aller Miteigentumsanteile darstellen, das wurde als kleiner "Sicherheitspuffer" eingebaut. Dennoch wird es dadurch also künftig unter bestimmten Konstellationen möglich sein, dass eine Minderheit von mindestens 33,34 Prozent der Miteigentumsanteile einen gültigen Beschluss herbeiführt.

Aufklärung über Konsequenzen muss sein

Und auch hier muss zuvor über die Konsequenzen aufgeklärt werden, so steht es im (künftigen) Gesetzestext: "Wer den Wohnungseigentümern einen Vorschlag für einen Beschluss zur Abstimmung unterbreitet, hat darin über die gesetzlichen Regelungen über die Stimmenmehrheit zu informieren und darauf hinzuweisen, dass demnach ein auch mehrheitliches Unterbleiben der Stimmabgabe eine wirksame Beschlussfassung nicht jedenfalls verhindert." Das gilt sowohl für einzelne Wohnungseigentümer als auch für die Hausverwaltung. Wird über diese Konsequenzen nicht informiert, kann der Beschluss angefochten werden.

Hintergrund der Neuregelung ist, dass es oft nicht möglich war, für Maßnahmen insbesondere der "außerordentlichen Verwaltung" eines Hauses Mehrheiten zu finden. Da der Gesetzgeber aber mit der Novelle vor allem auch Klimaschutzmaßnahmen wie die thermisch-energetische Verbesserung eines Hauses oder eben auch die zuvor erwähnte Schaffung einer gemeinschaftlichen Ladestation für E-Autos erleichtern will, wird die Mehrheitsfindung dafür nun also auf neue Beine gestellt.

Die neue Regelung ist auf Willensbildungsvorgänge anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2022 eingeleitet werden. Zu diesem Datum bereits laufende Prozesse müssen noch nach der alten Regelung vonstattengehen.

Neue Vorschrift zur Mindestrücklage

Ebenfalls ab Juli 2022 tritt die neue Regelung für die Mindestrücklage in einer Wohnungseigentumsanlage in Kraft. Vorgeschrieben wird nun nicht mehr, wie bisher, bloß die Bildung einer "angemessenen" Rücklage, sondern ein bestimmter Betrag als Mindestdotierung: Pro Quadratmeter Nutzfläche der gesamten Anlage sind künftig monatlich 90 Cent an Rücklage zu bilden. Aufgeteilt auf die einzelnen Wohnungseigentümer wird der solcherart errechnete Betrag dann aber nach Nutzwerten, weshalb es nicht so sein muss beziehungsweise in vielen Fällen auch nicht so sein wird, dass einzelne Wohnungseigentümer genau 90 Cent je Quadratmeter ihres WE-Objekts zahlen müssen.

Die 90 Cent werden erstmals am 1. Jänner 2024 und danach alle zwei Jahre an die Inflation angepasst. Dass sie nur als Mindestgröße zu betrachten sind und es in vielen Fällen wohl notwendig sein wird, höhere Rücklagenbeiträge vorzuschreiben, wird in den Erläuterungen auch explizit betont.

Unterschritten werden darf diese Vorgabe zwar auch, aber nur in Ausnahmefällen: etwa wenn eine Rücklage "besonderen Ausmaßes" bereits vorhanden ist oder wenn eine so hohe Vorschreibung "wegen einer erst kurz zurückliegenden Neuerrichtung oder durchgreifenden Sanierung des Gebäudes" nicht nötig ist. Genauere Definitionen hierzu bleiben aber sowohl der Gesetzestext als auch die Erläuterungen weitgehend schuldig. Als "generelle Orientierungslinie" wird bloß angegeben, dass bei einem neuerrichteten Gebäude wohl in den ersten drei Jahren ab der Fertigstellung eine Rücklageneinhebung zur Gänze entbehrlich sein werde – und Gleiches für den Fall der umfassenden Sanierung eines Gebäudes gelte. Doch "im Einzelfall müssen immer die konkreten Gegebenheiten und Besonderheiten berücksichtigt werden", heißt es dazu in den Erläuterungen.

Kredite und Kontaktdaten

Ein weiterer Punkt der Novelle betrifft das sogenannte "Finanzierungssplitting" bei der Finanzierung von Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten. Hier wird klargestellt, dass Kosten für Kredite nur von jenen Wohnungseigentümern zu tragen sind, die sich für die Kreditaufnahme entscheiden. Wer den Anteil an der Kreditsumme, der auf ihn entfällt, selbst aufbringt und in Form einer Sondervorschreibung begleicht, ist von den Kosten für die Kreditfinanzierung zu befreien.

Und eine weitere Neuerung betrifft den Umgang mit Kontaktdaten der einzelnen Wohnungseigentümer. Die Hausverwaltung hat künftig Auskunft über Namen und Zustellanschriften der anderen Eigentümer zu erteilen, wenn ein Eigentümer dies verlangt; allerdings nur für Zwecke, die "mit der Ausübung von Rechten und Gestaltungsmöglichkeiten, die sich aus dem Wohnungseigentum ergeben", zusammenhängen. E-Mail-Adressen werden allerdings als besonders missbrauchsanfällig angesehen; sie dürfen nur weitergegeben werden, wenn der betreffende Wohnungseigentümer dem ausdrücklich zustimmt. (Martin Putschögl, 5.1.2022)