Unter falschem Namen hatte ein Kurz-Mitarbeiter bei der Firma Reisswolf Festplatten des Kanzleramts geschreddert.

Foto: Standard/gra

Die Schredderaffäre war eine von den merkwürdigeren Episoden, die sich in den vergangenen drei Jahren in der ohnehin turbulenten Innenpolitik zugetragen haben. Was sich auf den fünf Festplatten befunden hatte, die ein Mitarbeiter des Kanzleramts unter falschem Namen schreddern ließ, wird sich allerdings wohl nie rekonstruieren lassen. Ihr möglicher Inhalt regte die Fantasie der Opposition, aber auch der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) an: Denn die Aktion erfolgte nach Erscheinen des Ibiza-Videos im Mai 2019, als der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz vor einem Misstrauensantrag im Nationalrat stand.

Anfangs wurde gegen den "Schredderer" selbst ermittelt; wobei der U-Ausschuss merkwürdige Ermittlungsschritte der Polizei und denkwürdige Weisungen durch die Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien feststellte. Die WKStA musste das Verfahren abgeben, nachdem das Bundeskanzleramt seinem Mitarbeiter einen Persilschein ausgestellt hatte. Zwar war da Brigitte Bierlein Kanzlerin, auf Kabinettsebene waren jedoch weiterhin Kurz-Vertraute aktiv. Die Staatsanwaltschaft (StA) Wien führte das Verfahren dann weiter, stellte es jedoch im Frühjahr 2020 ein.

Neues Verfahren eröffnet

Im April 2021 wurde dann durch eine Befragung im U-Ausschuss überraschend publik, dass ein neues Verfahren eröffnet worden war, zuvor hatte die Opposition Sachverhaltsdarstellungen eingebracht. Nun ermittelte die Staatsanwaltschaft Wien gegen zwei andere Mitarbeiter, darunter gegen jenen Bediensteten, der dem späteren "Schredderer" die Festplatten zur Verfügung gestellt hatte. Es soll auch um Falschaussage gegangen sein.

Denn wie im Ibiza-U-Ausschuss präsentierte Fotos der geschredderten Festplatten nahelegten, habe es sich nicht ausschließlich um Festplatten aus Drucker-Multifunktionsgeräten gehandelt. Auf einem unmittelbar vor dem Schredder-Akt angefertigten Bild ist ersichtlich, dass zwei der Festplatten anderen Typs waren, nämlich Laptopfestplatten.

Foto widerspricht Rechnung

Außerdem ist auf einer Rechnung der für die Wartung zuständigen Firma vermerkt, dass fünf gleiche Speichermedien ausgebaut worden waren. Geschreddert wurden aber zwei verschiedene Typen von Festplatten. SPÖ und Neos hatten in der Anzeige daher unter anderem angeregt, den Bericht der internen Revision des Bundeskanzleramts zur "Schredder-Affäre" sowie die Rechnung der Firma "beizuschaffen".

Zur Anklage wird es jedoch nicht kommen: Das Bundeskanzleramt verkündete am Dienstag, dass alle Ermittlungen eingestellt wurden. "Mit der Einstellung der Verfahren hat sich bestätigt, dass die gegen die Mitarbeiter des Bundeskanzleramts erhobenen Vorwürfe haltlos waren", hieß es in einer Aussendung. (fsc, APA, 4.1.2022)