Die bleierne Zeit, sie scheint erst einmal vorbei. Die lange befürchtete Pleitewelle kommt schön langsam in Schwung. Die Milliardenhilfen haben die heimischen Betriebe im Großen und Ganzen wie ein Rettungsring durch die Krise getragen, kaum ein Unternehmen meldete Insolvenz an. Doch im Spätsommer des Vorjahres hat sich der Wind gedreht, wie die neuesten Daten des Gläubigerschutzverbandes Creditreform zeigen.

Im vierten Quartal legten die Firmeninsolvenzen um 164 Prozent zu. Das wäre noch keine Besonderheit, denn während der vergangenen Monate hielten die staatlichen Hilfen die Betriebe weitgehend über Wasser. Bemerkenswert ist aber, dass der Sprung auch im Vergleich zum letzten Vor-Corona-Quartal mit fast 90 Prozent erheblich ist. Das Auslaufen von Corona-Wirtschaftshilfen hat die Trendumkehr in Richtung normaler Insolvenzzahlen bewirkt. Derzeit helfen den Unternehmen etwa noch Ratenzahlungsmöglichkeiten bei vorher gestundeten Steuern und Abgaben, die nur Schritt für Schritt abzuführen sind.

Bau und Handel

Es sind vor allem Betriebe im Transportwesen, in der Baubranche und im Handel, die im letzten Jahresviertel 2021 verstärkt w. o. gegeben haben. Die Insolvenzen am Bau stiegen um 3,4 Prozent auf 612 Pleiten und im Handel um vier Prozent auf 516 Pleiten. Die Turbulenzen wie gestiegene Rohstoffpreise und Lieferengpässe bei Werkstoffen haben die eigentlich florierende Baubranche vielfach am falschen Fuß erwischt.

Lieferengpässe und steigende Preise erschütterten vor allem die Baubranche.
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Und Handelsbetriebe konnten ihren während der zahlreichen Lockdowns zum Onlineshopping abgewanderten Kunden nicht immer mit dem entsprechenden Angebot ins Internet folgen. Die Insolvenzen im Tourismus und in der Industrie blieben hingegen weiterhin auf niedrigem Niveau. Dass die Tourismusbetriebe ungeschoren bleiben, davon geht Creditreform-Geschäftsführer Gerhard Weinhofer nicht aus. Der Branche könnten noch vermehrt Ausfälle drohen, schätzt der Experte.

Die Gesamtzahl der Insolvenzen blieb verglichen zu 2020 mit 10.733 Firmen- und Privatinsolvenzen stabil. 3076 entfielen auf Unternehmen (minus ein Prozent) und 7.657 auf Private (minus vier Prozent). Die drei größten Pleiten nach Verbindlichkeiten waren Eyemaxx Real Estate mit 165,2 Millionen Euro, die Autobank mit 121,1 Millionen und die Odebrecht E&P mit 108,4 Millionen. Die meisten Arbeitnehmer (311) waren bei ASB Graz betroffen. Weinhofer erwartet heuer Pleitezahlen, die sich auf dem Vorkrisenniveau bewegen werden. Unwägbar bleiben freilich mögliche weitere Erschütterungen durch Omikron.

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Eine andere Gefahr sieht Weinhofer bei privaten Haushalten. Vor allem die Teuerungswelle und da ganz besonders der deftige Anstieg der Energiepreise dürfte von vielen Haushalten kaum zu stemmen sein. Vor allem ärmere Bevölkerungsgruppen würden die Preissteigerungen sehr viel stärker treffen als wohlhabendere, gibt Weinhofer zu bedenken. Im vierten Quartal gab es hier auch gegenüber dem letzten Vorkrisenquartal ein Plus von 2,4 Prozent. Gemeinsam mit dem Umstand, dass sich verstärkt kleine Gewerbetreibende in die Privatinsolvenz begeben, könnte schon heuer das Vorkrisenniveau mit 9.000 Privatpleiten erreicht werden, sagt der Experte. (Regina Bruckner, 4.1.2022)