Damit die Schulen offen bleiben können, muss man permanent testen, lüften und Maske tragen.

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Am Montag geht die Schule wieder los, und Eltern fragen sich bereits jetzt, wie das angesichts der sich aufbauenden Omikron-Welle klappen soll. Zwar gibt es eine Sicherheitsphase mit umfassendem Testkonzept und ab 17. Jänner österreichweit pro Woche und Schüler zwei PCR- und einen Antigentest. Doch wie die Quarantäneregeln in Zukunft gehandhabt werden, vor allem angesichts der den Immunschutz deutlich besser umgehenden Omikron-Variante, konnte Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) am Mittwoch im Ö1-"Morgenjournal" noch nicht sagen. Er könne sich nur vorstellen, dass es da "in den kommenden Tagen oder Wochen Anpassungen geben wird". Von einem Konzept für Kindergärten und Krippen hört man bislang gar nichts.

Und völlig offen ist die Frage, wie sich die Omikron-Welle auf die Kleinsten auswirkt. Die Informationen dazu sind unterschiedlich. Einerseits scheint mittlerweile gesichert, dass diese Variante tatsächlich zu milderen Verläufen führt. Andererseits wird vor allem in dieser Altersgruppe vermehrt von Krankenhausaufenthalten berichtet. In New York etwa ist die Hospitalisierungsrate von Kindern in der Woche vor Weihnachten um das Vierfache gestiegen im Vergleich zu den Wochen davor.

Die "Washington Post" berichtete, dass die pädiatrischen Krankenhauseinweisungen aufgrund von Omikron in Ohio, Texas und Pennsylvania deutlich angestiegen sind. Einen Rekordwert erreichte auch England in der Woche um Weihnachten. 512 Kinder und Jugendliche unter 17 Jahren mussten mit Covid-19 im Krankenhaus behandelt werden.

Unterschiedliche Gründe

Ist Omikron tatsächlich so viel gefährlicher für Kinder und Jugendliche als die vorhergehenden Varianten? Davon geht Volker Strenger, Kinderarzt an der Klinischen Abteilung für Pädiatrische Pulmologie und Allergologie an der Medizinischen Universität Graz, nicht zwingend aus: "Bisher hat es bei jeder neuen Variante geheißen, sie sei speziell für Kinder schlimmer als die vorhergehende. Bestätigt hat sich das bisher nie. Seriöse Aussagen zu Omikron kann man diesbezüglich noch nicht treffen. In Österreich ist Omikron zwar jetzt schon dominant, aber man merkt noch keinen Unterschied."

Daten aus Südafrika zeigen zwar eine Zunahme der Hospitalisierungen bei Kindern mit Omikron. Das, so Strenger, liegt aber sicher auch darin begründet, "dass Kinder und Jugendliche die am wenigsten geimpfte Gruppe sind". Für Kinder unter fünf Jahren steht noch gar kein Impfstoff zur Verfügung, das heißt, diese Gruppe ist einfach am seltensten geschützt.

Dazu kommen wohl auch viele Zufallsbefunde. Eine Studie mit südafrikanischen Daten zeigt, dass bis zu zwei Drittel der hospitalisierten Patientinnen und Patienten wegen einer anderen Diagnose im Krankenhaus aufgenommen, dann aber zusätzlich positiv auf Corona getestet wurden. "Das heißt, viele waren mit Corona im Krankenhaus, nicht wegen dieser Infektion", erklärt Strenger. Ähnlich dürfte die Lage nach ersten Berichten in den USA aussehen.

Und was die ganz kleinen Kinder anbelangt, betont der Kinderarzt: "Gerade Säuglinge mit Fieber nimmt man großzügiger im Krankenhaus auf als Ältere, egal ob wegen Corona oder einer anderen Infektion. Das muss nicht zwingend heißen, dass das Kind schwerkrank ist, das ist eine Vorsichtsmaßnahme, und es wird oft nach ein, zwei Tagen wieder entlassen."

Langzeitfolgen unklar

Es bleiben die Langzeitfolgen wie Long Covid und MIS-C (Multisystem Inflammatory Syndrome in Children), eine schwere entzündliche Reaktion, die vier bis acht Wochen nach einer Corona-Erkrankung auftritt (auch bekannt als PIMS, Pediatric Inflammatory Multisysteme Syndrome). Sie kann Kinder und Jugendliche treffen, ist potenziell lebensbedrohlich und kann dauerhafte Schäden verursachen.

Bis September 2021 sind in Österreich 142 MIS-C-Fälle gemeldet worden. Wie viele Fälle durch die Delta-Welle im Herbst verursacht wurden, ist nicht bekannt, aber in Villach, Klagenfurt und Innsbruck sind über die Weihnachtszeit 14 neue Fälle bekanntgegeben worden, von denen neun auf der Intensivstation behandelt werden mussten.

Der Mikrobiologe Michael Wagner von der Uni Wien geht davon aus, dass "konservativ geschätzt eines von 3.000 bis 5.000 infizierten Kindern betroffen ist". Diese Schätzung bezieht sich auf die Delta-Variante, zu Omikron liegen aufgrund des zeitlich versetzten Verlaufs noch keine Daten vor. Wagner meint aber, dass das Risiko aller Wahrscheinlichkeit nach ähnlich hoch sein wird.

Die "Kleine Zeitung" hat recherchiert, dass in den vergangenen zwei Wochen acht Kinder mit dieser überschießenden Immunreaktion, MIS-C, im Klinikum Klagenfurt und im LKH Villach behandelt werden mussten. Vier der fünf Betroffenen in Klagenfurt mussten auf die Intensivstation verlegt werden. Rechne man das hoch auf andere Kliniken, so Wagner, käme seine Schätzung ganz gut hin.

Der Mikrobiologe betont: "Die Sars-CoV-2-Infektion verläuft bei den meisten Kindern mild. Aber bei den extrem hohen Infektionszahlen einer Omikron-Welle müssen dennoch vergleichsweise viele Kinder akut ins Krankenhaus, wie aktuelle Zahlen aus den USA und England belegen. Dazu kommen Long-Covid-Fälle im einstelligen Prozentbereich und eben die MIS-C-Fälle. Da finde ich es immer wieder überraschend, wie unterschiedlich Risiken eingeschätzt werden. Würde eines von 3.000 Kindern, die mit dem Schulbus fahren, bei Schulbusunfällen schwer verletzt werden, würden die allermeisten Eltern und Politiker auf sofortige Verbesserungen der Sicherheit von Schulbussen drängen. Infiziert sich ein Kind mit Sars-CoV-2 wird dessen Gesundheitsrisiko als sehr gering beurteilt."

Schutz in den Schulen

Was bedeutet das nun für die Schulen, die ja am Montag wieder starten? Mit einem wirklich gut funktionierenden Monitoring- und Maßnahmensystem wäre Wagner hier zuversichtlich. Seine Forderung: ein Minimum von drei PCR-Tests pro Woche, aufgrund der offensichtlich kürzeren Generationszeit von Omikron, besser aber täglich. Antigentests sind für ihn nur eine Zusatzmaßnahme, weil diese zu wenig empfindlich sind: "Damit wurden in der Vergangenheit nur etwa 20 Prozent der infizierten Schüler entdeckt. Bei Omikron scheinen diese laut ersten Daten noch weniger empfindlich zu sein, da die Viruslast im Rachen höher ist als in der Nase und die Probenahme im Rachen erfolgen sollte. Die Nasenbohrertests haben also nur noch relativ wenig Aussagekraft."

Zu den Tests kommt regelmäßiges Lüften. Wagner empfiehlt dafür ein CO2-Messgerät. Sobald der Wert auf über 1.000 ppm (parts per million) steigt, werden die Fenster geöffnet, gegebenenfalls auch mehrmals pro Schulstunde für ein paar Minuten. "Damit ist ein kontrolliertes Lüften möglich, das auch effizient ist. Und natürlich muss in den Maskenpausen, etwa wenn gegessen wird, immer gelüftet werden."

Masken sind die dritte zwingende Maßnahme für ihn, und zwar das permanente Tragen einer gutsitzenden FFP2-Maske. "Die Kombination dieser Maßnahmen – Masken, Lüften und Testen – erhöht den Schutz und ermöglicht bei konsequenter Anwendung Präsenzunterricht."

In Quarantäne sollten Schulklassen ab zwei nachgewiesenen Infektionen, unter der Voraussetzung, dass, sobald ein Fall in einer Klasse auftritt, eine Woche lang täglich alle Klassenmitglieder und Lehrer mit PCR getestet werden: "Das wäre ein pragmatischer Umgang mit der Situation." Zum Schulanfang und auch während des Schulbetriebs wäre es besonders wichtig, dass die Kinder nach Möglichkeit schon am Sonntag einen PCR-Test machen, sonst würden infizierte Kinder am Montag schon andere anstecken. Sonntag testen ist vor allem relevant, weil bei der Omikron-Variante bereits zwei Tage nach Infektion die Weitergabe des Virus möglich ist.

Mehr Fokus auf Kindergärten

Ein Problem, das fast nie angesprochen wird, ist die Situation in den Kindergärten und Krippen. Hier finden viele Infektionen statt, Schutzkonzepte gibt es wenige. Wagner bestätigt, dass das Maskentragen hier eigentlich nicht möglich ist, aber "Lüften auf Basis der CO2-Werte ist eine einfache Maßnahme. Und regelmäßige Speichel-PCR-Tests kann man auch gut machen, wenn man das möchte." (Pia Kruckenhauser, 6.1.2022)