Presserat verurteilte krone.at wegen eines Videos vom Fenstersturz einer Frau.

Foto: Screenshot Krone.at

Wien – Mit dem Video einer Frau, die aus dem Fenster auf ein Auto stürzte, hat krone.at nach Ansicht des Österreichischen Presserats den Ehrenkodex verletzt, der den Schutz von Persönlichkeit und Intimsphäre verlangt. "Krone" und krone.at erkennen den Presserat bisher nicht an und nahmen an diesem Verfahren nicht teil.

"Schockierter Schaulustiger"

"Bei Sex auf Fensterbrett: Frau stürzt auf Auto!" erschien am 26.9.2021 auf krone.at. Nach Ansicht des Senats verstößt das im Artikel veröffentlichte Video gegen die Punkte 5 (Persönlichkeitsschutz) und 6 (Intimsphäre) des Ehrenkodex für die österreichische Presse.

Krone.at berichtete, dass eine Frau in Taipeh (Taiwan) Anfang September mit ihrem Partner Sex gehabt habe; die beiden seien bei offenem Fenster auf dem Fensterbrett intim gewesen. Von dort dürfte die Frau plötzlich abgerutscht sein; Videoaufnahmen würden zeigen, wie die Unbekannte plötzlich auf einem Wagen, der vor dem Haus parkte, hart aufschlage. Im Artikel wird ein "schockierter Schaulustiger" damit zitiert, dass die Frau danach von ihrem Freund ins Krankenhaus gebracht worden sei.

Dem Artikel ist ein Video beigefügt, auf dem zunächst der Sturz der Frau auf das Auto zu sehen ist. Nach ihrem Aufprall bleibt die Frau benommen auf dem Autodach sitzen, ehe ein Mann auf sie zukommt. Er redet auf die Frau ein und hilft ihr vom Autodach herunter. Ein Leser wandte sich wegen des Videos an den Presserat und kritisierte, dass hierdurch hemmungsloses Clickbaiting betrieben werde.

Kompromittierende Darstellung

Die Senate des Presserats haben bereits mehrfach festgestellt, dass Bildveröffentlichungen von kompromittierenden Situationen den Persönlichkeitsschutz und die Intimsphäre der Abgebildeten verletzen. Nach Meinung des Senats ist die Situation, in der eine Frau in Unterwäsche beim Sturz auf ein Auto zu sehen ist, unzweifelhaft als kompromittierend einzustufen. Da im Artikel darauf hingewiesen wird, dass die Frau unmittelbar vor ihrem Sturz Geschlechtsverkehr hatte, wiegt der Eingriff in die Intimsphäre umso schwerer.

Für den Senat ist unerheblich, ob solche Videos zuvor in anderen (sozialen) Medien veröffentlicht wurden: Die Redaktion des betroffenen Mediums müsse eigenständig darüber entscheiden, ob die Veröffentlichung von Bildmaterial persönlichkeitsverletzend ist.

"Voyeurismus und Sensationsinteresse"

Der Senat des Presserats sieht auch kein legitimes Informationsinteresse an der Veröffentlichung des Videos. Die Veröffentlichung "dürfte vor allem der Befriedigung des Voyeurismus und der Sensationsinteressen gewisser Userinnen und User gedient haben", heißt es in einer Aussendung des Presserats: "Hierfür spricht auch, dass der Sturz der Frau im Video ein zweites Mal in verlangsamter Form eingeblendet wurde."

Der Presserat hat krone.at aufgefordert, freiwillig über den Ethikverstoß zu berichten. Außerdem merkte der Senat kritisch an, dass das Video nach wie vor in den Beitrag eingebettet sei; im Sinne der vorliegenden Entscheidung empfiehlt er eine Entfernung. (red, 5.1.2021)