Heuer wird Österreichs Bundespräsident neu gewählt. Die juristische Aufarbeitung der letzten Wahl geht weiter.

Foto: www.corn.at Heribert CORN

Rund fünf Jahre ist es her, dass Alexander Van der Bellen zum Bundespräsidenten gewählt wurde. Der 5. Dezember 2016 markierte das Ende einer Wahl, die scheinbar ewig dauerte. Auszählungsfehler und Probleme mit den Briefkuverts machten den Urnengang zu einem, der unrühmlich in die österreichische Geschichte einging. Dabei ist die Geschichte noch gar nicht zu Ende erzählt, denn die juristische Aufarbeitung der Wahl ist immer noch nicht abgeschlossen.

Nach der letzten Stichwahl hatte die Republik mehrere Wahlleiter nicht nur strafrechtlich zur Verantwortung gezogen, sondern auch Schadenersatz geltend gemacht. Vergangenen Herbst bestätigte der Oberste Gerichtshof schließlich die zivilrechtlichen Urteile gegen zwei Wahlleiter. Die Beamten haften demnach für einen Teil des Schadens, der der Republik Österreich durch die Wiederholung der Wahl entstanden ist. Die Republik klagte in beiden Fällen auf jeweils 36.000 Euro. Die genaue Höhe des Schadens muss aber erst ermittelt werden.

Klage auf Schadenersatz

Zur Erinnerung: Beim ersten Wahlgang der Bundespräsidentschaftswahl im April 2016 hatte keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit erreicht. Aus der Stichwahl, die einen Monat später stattfand, ging zunächst Alexander Van der Bellen als Sieger hervor. Sein Konkurrent Norbert Hofer (FPÖ) focht die Wahl allerdings wegen Unregelmäßigkeiten beim Wahlvorgang an – und bekam vom Verfassungsgerichtshof recht. Die Stichwahl musste wiederholt werden.

Das Finanzministerium klagte daraufhin mehrere Wahlleiter auf Schadenersatz. Aus Sicht des Obersten Gerichtshofs zu Recht: Die Behördenleiter seien für Fehler bei der Auswertung der Briefwahlstimmen verantwortlich gewesen. Sie haften deshalb für einen Teil der Kosten, die durch die Wiederholung der Wahl entstanden sind.

Verstoß gegen Wahlgesetze

Im ersten Fall, den der Oberste Gerichtshof Mitte Oktober entschied, hatte der stellvertretende Bezirkswahlleiter einer steirischen Gemeinde die Mitglieder der Wahlbehörde zu einer Sitzung am Wahlsonntag eingeladen. Dabei sollten zunächst die persönlich abgegebenen Stimmen ausgezählt werden, die Briefwahlstimmen erst am folgenden Montag. Der Wahlleiter schlug in der Sitzung allerdings spontan vor, auch die Stimmen aus der Briefwahl noch am selben Abend auszuzählen. Das geschah, ohne dass alle Mitglieder der Bezirkswahlbehörde anwesend waren. Der Verfassungsgerichtshof sah darin einen Verstoß gegen das Wahlrecht.

In einem weiteren Fall, der im Herbst vom OGH entschieden wurde, hatte der Bezirkswahlleiter eine Sitzung der Wahlbehörde für den Montag nach der Wahl einberufen. Dabei war die "Feststellung des endgültigen Ergebnisses inklusive Briefwahlstimmen" geplant. Ein Behördenmitarbeiter hatte allerdings schon Montagfrüh mit fünf weiteren Mitarbeitern des Magistrats mit dem Öffnen der Wahlkuverts und der Auszählung der Briefwahlstimmen begonnen. Dabei waren weder der Bezirkswahlleiter noch die Beisitzer anwesend. Auch hier sah der Verfassungsgerichtshof einen glatten Verstoß gegen die Wahlordnung.

Genauer Schadenersatz ungewiss

Aus Sicht der Finanzprokurator, des Anwalt sder Republik, ist dem Staat durch die Wahlwiederholung ein Schaden von zumindest 8,5 Millionen Euro entstanden. Österreich klagte allerdings nur einen "gemäßigten" Betrag von 648.000 Euro ein – 36.000 Euro pro Wahlleiter. Betroffen sind 18 Beamte in insgesamt 14 Stimmbezirken – darunter Innsbruck-Land, Südoststeiermark, Villach, Villach-Land, Schwaz, Wien-Umgebung, Hermagor, Wolfsberg, Freistadt, Bregenz, Kufstein, Graz-Umgebung, Leibnitz und Reutte.

Der Oberste Gerichtshof bestätigte den Schaden nun in zwei Fällen "dem Grunde nach". Die genaue Höhe müssen aber die jeweiligen Landesgerichte festlegen, die die Verfahren wieder übernommen haben. Verhandlungstermine gibt es noch keine, der Abschluss der juristischen Aufarbeitung bleibt also weiter offen. (Jakob Pflügl, 5.1.2022)