Die neue Fakultätsvertretung am Wiener Juridicum teilte am Mittwoch mit, dass sie eine Sachverhaltsdarstellung an das Bildungsministerium übermittelt habe.

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Regierungswechsel befördern immer wieder den einen oder anderen Skandal zutage. Das könnte – im Kleinen – jetzt auch beim Wechsel an der Spitze der Fakultätsvertretung am Juridicum Wien der Fall sein. Bis Sommersemester 2021 hatte dort die AG Jus für lange Zeit das Sagen, nach den ÖH-Wahlen übernahm gegen Ende des Semesters dann der VSStÖ die Führungsrolle am Juridicum.

Schon damals seien den neuen Studierendenvertretern "Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung" aufgefallen. Dabei sei es um "große Summen" gegangen, von denen "wir weder wussten, woher sie kamen, noch was wir damit machen sollten", heißt es in einem Posting, das die aktuelle Fakultätsvertretung am Mittwoch auf Facebook geteilt hat. Man habe daher beschlossen, den "vorgefundenen Sachverhalt detailliert an die Kontrollkommission des Bildungsministeriums zu übermitteln". Diese solle nun angemessene Konsequenzen ziehen.

Geldkassetten und Bücherbörsen

Wie aus der Sachverhaltsdarstellung hervorgeht, sei die neue Vertretung nach der Übergabe auf eine "Geldkassette" mit rund 13.000 Euro gestoßen, für deren Inhalte "jegliche Belege" fehlten. Die Kontrollkommission solle nun erheben, wie dieses Geld erwirtschaftet wurde, und entscheiden, was damit passiere. Insbesondere der Versuch der ehemaligen Vertretung, die Verwendung dieser Geldmittel zu untersagen, sei laut VSStÖ "ein Indiz, dass bezüglich dieser Gelder Unregelmäßigkeiten in der Gebarung stattgefunden haben könnten".

Auch bei einer zweiten "Geldkassette" mit rund 13.000 Euro, die mit einer Bücherbörse erwirtschaftet wurden, lägen "Unregelmäßigkeit" nahe. Bereits nach Ende der Amtszeit – aber vor der Übergabe – sei in der Buchführung noch eine große Anzahl ein Verkäufen eingetragen worden, obwohl das Verkaufsbüro bereits geschlossen war. "Wir befürchten, dass dort Belege geschaffen werden sollten für bis dahin noch unbelegte Geldflüsse", heißt es in der Sachverhaltsdarstellung. "Eventuell wurden alle nicht mehr auffindbaren Bücher pauschal als verkauft eingetragen."

Vermischung der Sphären

Die neue Fakultätsvertretung beklagt außerdem, dass es eine "Vermischung der Sphären einerseits des Vereins AG Jus und der Fakultätsvertretung für Rechtswissenschaften" gegeben habe. Es bestünden "Anzeichen für eine unzulässige Verwendung von Sachmitteln oder sogar Geldmitteln der Fakultätsvertretung für den Wahlkampf durch den Verein Aktionsgemeinschaft Jus". Das legten Quittungen nahe, die der VSStÖ in den Büroräumlichkeiten aufgefunden habe. Darunter befände sich etwa ein Beleg für eine "Beach Flag". Solch eine Flagge sei in den Beständen der FV Jus zwar auffindbar, allerdings trage sie das Logo der AG.

Aus Sicht der neuen Fakultätsvertretung habe die Aktionsgemeinschaft entweder Quittungsblöcke der FV Jus für ihre vereinsinternen Abrechnungen verwendet oder aber aus dem "nicht dokumentierten und satzungswidrigen Bestand an Barmitteln Gelder aufgewendet für Zwecke, die der Gebarungsrichtlinie der ÖH Uni Wien widersprechen". Dahingehend sei eine "umfassende Aufklärung des Sachverhalts auch hinsichtlich einer strafrechtlichen Relevanz" notwendig.

Problematisch sei laut FV Jus auch eine Auftragsvergabe an ein IT-Unternehmen gewesen. Denn die damalige Vorsitzende der FV Jus soll gleichzeitig Angestellte bei ebenjenem Unternehmen gewesen sein. Laut dem betroffenen Unternehmen ist das jedoch falsch: Sowohl das Angebot als auch die Annahme des Auftrags sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die damalige Vorsitzende noch nicht Mitarbeiterin war.

Kein "Anschwärzen"

Die Aktionsgemeinschaft wollte die "Behauptungen" des VSStÖ in einer ersten Stellungnahme "nicht kommentieren". Man habe selbst erst über die Medien von den Vorwürfen erfahren. "Wir nehmen diese aber zum Anlass, die beschriebenen Vorgänge aus diesem Zeitraum zu prüfen", heißt es seitens der AG. Man garantiere "völlige Transparenz" und werde "vollumfänglich dabei helfen, solche Anschuldigungen aufzuklären". Nun gelte es, die Ergebnisse der Kontrollkommission abzuwarten. Für alle Beteiligten gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Der VSStÖ wolle, so schreibt er, seine Vorgänger nicht "anschwärzen", sondern eine "funktionierende, transparente Fakultätsvertretung" schaffen und sich "selbst nicht strafbar" machen. Man wolle nun das "Alte" hinter sich lassen und sich "voll und ganz" der neuen Arbeit widmen. Das "Alte" wird das Juridicum aber – so wie es aussieht – noch eine Zeitlang beschäftigen. (Jakob Pflügl, 5.1.2022)