Der Edelsupermarkt Meinl am Graben ist aus dem Wüstenrot-Haus ausgezogen, das Mietrecht wurde zurückverkauft.

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"Alles bleibt besser." Mit dieser frohen Botschaft wurde der Delikatessensupermarkt Meinl am Graben im vorigen Oktober frisch renoviert eröffnet – auch wenn er kleiner geworden ist. Nun residiert man nur noch im Haus am Graben 19, das zu René Benkos Reich ressortiert; aus dem Nachbarhaus, das Wüstenrot gehört, ist Meinl ausgezogen. Genau das spielt nun auch eine Rolle in einem Konflikt innerhalb des Meinl-Reichs: Der Insolvenzverwalter der früheren Meinl Bank hat die Julius Meinl AG wegen eines nicht rückgezahlten Kredits in der Höhe von rund 1,98 Millionen Euro geklagt.

Und da kommt auch die Julius Meinl am Graben GmbH ins Spiel, die das alteingesessene Geschäft am Wiener Graben betreibt. Selbiges ist der letzte Rest der einstigen Filialkette der Familie und logierte bis vor kurzem in zwei benachbarten Häusern am Graben, in der Herzkammer der Wiener Innenstadt. Die Mietrechte sind entsprechend viel wert – und auch darum geht es im Prozess am Handelsgericht Wien.

Wertvolle Mietrechte

Der Edelsupermarkt hat nämlich sein Miet- bzw. Untervermietrecht und die Geschäftsflächen im Haus Graben 20 zurückgegeben und im Gegenzug 25 Millionen Euro von Wüstenrot bekommen. Laut Klage sollte der Kredit an die Mutter der Supermarktgesellschaft, eben die Julius Meinl AG (seit Herbst: Julius Meinl GmbH), bei Abschluss des Verkaufs der Mietrechte fällig werden. Zur Orientierung: Diese Rechte gehörten der Julius Meinl Am Graben GmbH, damals Tochter der Julius Meinl AG. Letztere ist eine Holding ohne eigene Einkünfte und sollte den Kredit daher aus jenen Mitteln zurückzahlen, die ihre Supermarkttochter aus dem Mietrechtsverkaufserlös an sie ausschütten würde.

Die Gespräche mit Wüstenrot dauerten aber: Begonnen hätten sie 2016, erklärte der Chef der beklagten Kreditnehmerin, Herbert Vlasaty (er ist auch in der Geschäftsführung der Supermarkt-GmbH) am 15. Dezember vor dem Handelsgericht. Solange er verhandelt habe, sei der Kredit von der Bank stets um ein Jahr verlängert worden. Laut Klage hätte die Julius Meinl AG allerspätestens am 31. August 2020 zahlen müssen. Im Juni davor fragte Vlasaty um eine Prolongation um ein weiteres Jahr an – was der Masseverwalter der 2020 pleitegegangenen Bank, Georg Freimüller, ablehnte. Im Frühjahr 2021 hat er dann die Klage eingebracht.

Kein schriftlicher Kreditvertrag

Die Julius Meinl AG bestreitet im Prozess, dass der Kredit überhaupt fällig ist, zudem wendet sie eine Gegenforderung ein. Die leitet sie aus einem Beteiligungskauf ab, mit dem u. a. Meinl-Markenrechte (wie der inzwischen abgeschaffte Meinl-Mohr) erworben wurden. Insgesamt eine "sehr komplexe Sache", wie Meinl-AG-Anwalt Thomas Marschall zum STANDARD sagte – und über die wohl noch länger gestritten werden wird.

Vor dem Handelsgericht wurden am 15. Dezember jene Umstände beleuchtet, unter denen der Betriebsmittelkredit vergeben wurde und wie der mit der Rückgabe der Mietrechte an Wüstenrot zusammenhing. Die Julius Meinl AG (Aufsichtsratschef war Julius Meinl V.) wurde immer von der Meinl Bank finanziert, wie Vlasaty aussagte – ein schriftlicher Kreditvertrag sei aber erst 2016 "auf Drängen der Bank" erstellt worden. Das bestätigte ein Ex-Banker als Zeuge: "Es war leider Usus, dass auch höhere Ausleihungen nicht mit Kreditverträgen hinterlegt waren", er selbst habe dann 2016 veranlasst, dass ein Vertrag "gebastelt" werde.

Bank hatte Bedenken

Dass die Kreditrückzahlung auf die Rückgabe des Mietrechts der Supermarkttochter an Hauseigentümer Wüstenrot abgestellt hat, schilderten Vlasaty und ein weiterer Ex-Banker, der als Zeuge aussagte. Es sei klar gewesen, dass die Julius Meinl AG nur dann zurückzahlen könne, wenn sie Ausschüttungen von der Tochter bekommt. Was die Sache aber weiter verkompliziert: Bis dato sind nicht die gesamten 25 Millionen Euro ausgezahlt worden, ein Teil lagert auf dem Treuhandkonto eines Notars.

Vertreter der beklagten Gesellschaft argumentieren aber, es sei mündlich ausgemacht gewesen, dass der Kredit erst zurückgezahlt werden müsse, wenn die gesamten 25 Millionen Euro an Julius Meinl am Graben geflossen sind – doch da steht Aussage gegen Aussage. "Diese Wahrnehmung hatte ich nicht, mit mir wurde so ein Gespräch sicher nicht geführt", so ein Ex-Banker vor Gericht. Der Kredit sei auch nicht automatisch verlängert worden wie behauptet, sondern "wir mussten für die Prolongierung jedes Mal in die Gremien gehen". Es habe immer "große Diskussionen" gegeben, der Risikomanager habe jedes Mal "große Bedenken" geäußert, "die Bank wollte raus aus diesem Engagement". Warum wurde der Kredit nicht fällig gestellt? "Das hätte wahrscheinlich den Konkurs der Julius Meinl AG nach sich gezogen", erklärte der Zeuge.

Weinzierl soll aussagen

Im März wird weiterverhandelt, geladen wird auch Ex-Banker Peter Weinzierl, der auch im Aufsichtsrat der Julius Meinl AG Sitz und Stimme hatte. Ob er kommen kann, ist offen – er sitzt in London fest, die USA wollen im Konnex mit dem Odebrecht-Skandal seine Auslieferung. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, 7.1.2022)