Das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut kritisiert, dass die Höhe staatlicher Sozialbeihilfen in den letzten Jahrzehnten nicht genügend an die allgemeine Teuerung angepasst wurde.

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Durch die Inflation wird das Leben jedes Jahr ein bisschen teurer, das Preisniveau von Gütern und Dienstleistungen nimmt stetig zu. Die Geldbeträge wichtiger Sozialleistungen bleiben aber oft jahrelang gleich und werden von den Regierungen verschiedener Couleur nur sporadisch erhöht. In den vergangenen zwanzig Jahren haben diese nominalen Erhöhungen die Entwertung des Geldes bei weitem nicht vollständig kompensiert, wie das gewerkschaftsnahe Momentum-Institut anhand der Familienbeihilfe, der Studienbeihilfe und des Pflegegelds errechnet hat. Effektiv bedeutet das: Der reale Wert – also die Kaufkraft – dieser staatlichen Unterstützungsleistungen ist seit dem Jahr 2000 massiv gesunken.

Tausende Euro entgangen

Besonders drastisch zeigt sich diese Entwicklung bei der Familienbeihilfe, die einkommensunabhängig ausgezahlt wird und sich vorwiegend nach dem Alter des Kindes richtet, wobei die Kinderzahl auch hineinspielt. Zwischen 2003 und 2014 wurde die Familienbeihilfe gleich elf Jahre lang nicht erhöht, und auch die letzte Anhebung liegt mit 2018 schon wieder ein paar Jahre zurück und war nur geringfügig. "Nie hat die Erhöhung ausgereicht, um den vorherigen Kaufkraftverlust tatsächlich aufzuholen", schreibt dazu das Momentum-Institut. Das zeigen auch die Zahlen: Stellt man die Erhöhungen seit dem Jahr 2000 der seither eingetretenen Inflation gegenüber, bleibt unterm Strich ein reales Minus von rund 30 Prozent. Die Kaufkraft der Familienbeihilfe beträgt also nur mehr etwa 70 Prozent ihres Werts von damals.

Momentum-Ökonomin Lisa Hanzl hat anhand eines Beispiels berechnet, wie viel Geld einer Familie während des Aufwachsens ihres Kindes entgangen ist, weil die Beihilfe über die Jahre nicht ausreichend an die Inflation angepasst wurde. Für ein Einzelkind, das 2000 geboren wurde und im Zuge eines Studiums bis heute Familienbeihilfe erhält, sind demnach rund 7.300 Euro verlorengegangen. (Der Corona-Kinderbonus, mit dem im Herbst 2020 einmalig 360 Euro zur Familienbeihilfe dazukamen, ist nicht einkalkuliert, ändert aber in der Gesamtschau ohnehin nicht viel.)

Wäre die Kaufkraft seit 2000 gewahrt worden, wären die Beträge wichtiger Sozialleistungen heute höher, als sie es tatsächlich sind. In der Grafik wird das bei Familienbeihilfe und Pflegegeld mit der niedrigsten Auszahlungsstufe illustriert, bei der Studienbeihilfe ist das Szenario mit dem höchsten Beihilfeanspruch abgebildet.

Bei jenen Studierenden, deren Eltern wenig verdienen, geht auch noch an anderer Stelle Kaufkraft verloren. Die bedürfnisabhängige Studienbeihilfe wurde 2017 erhöht, wobei damals auch der Bezieherkreis leicht erweitert wurde.

Derzeit beträgt der Höchstsatz der Studienbeihilfe 715 Euro pro Monat – hätte die Politik die Kaufkraft des Jahres 2000 erhalten wollen, müsste die Summe heute allerdings rund 900 Euro ausmachen (siehe Grafik oben). Auch frühere Studierendenkohorten fielen mangels Inflationsanpassung um erhebliche ökonomische Ressourcen um, denn zwischen 2000 und 2017 wurde die Beihilfe überhaupt nur einmal – 2008 – nominell angehoben.

Kopplung an das Preisniveau

Die nächste Erhöhung hat die Regierung für Herbst 2022 angekündigt, Details sind aber noch offen. Momentum-Ökonomin Hanzl fordert generell, dass bei den Sozialleistungen der Wertschwund der Vergangenheit ausgeglichen wird. Überdies sollten die Beträge automatisch an das Preisniveau gekoppelt werden, sodass sich erst gar kein Wertverfall mehr einschleicht.

Beim Pflegegeld ist eine solche Inflationsanpassung seit 2020 tatsächlich in Kraft. Soeben wurde daher zum Jahreswechsel das monatliche Pflegegeld in allen Stufen erhöht, in der niedrigsten Stufe von 162,50 Euro auf 165,40 Euro. Eine Steigerung um nur rund 1,8 Prozent, weil laut Gesetz die Inflationsrate zwischen Sommer 2020 und Sommer 2021 maßgeblich ist, die deutlich geringer war als die aktuelle. Jedenfalls wird auch bei nun jährlicher Inflationsanpassung der reale Wertverlust, den das Pflegegeld in den vergangenen Jahrzehnten erfuhr, fortgeschrieben, denn der wurde nicht kompensiert. Laut Berechnung von Momentum ist die Kaufkraft dieser Leistung im Verhältnis zur Jahrtausendwende um rund 30 Prozent eingebrochen. (Theo Anders, 7.1.2022)