Katharina Reich ist Generaldirektion für die öffentliche Gesundheit und leitet neben Rudolf Striedinger die neue Krisenkoordination Gecko.

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Die Corona-Infektionszahlen steigen aufgrund der raschen Verbreitung der Omikron-Variante rasant an. Bereits kommende Woche rechnet das Corona-Prognosekonsortium mit 15.000 Neuinfektionen täglich. Am Donnerstag präsentierte die Regierung ein Maßnahmenpaket, mit dem man den steigenden Zahlen begegnen will. Darunter fällt eine FFP2-Masken-Pflicht auch im Freien, wenn kein Mindestabstand eingehalten werden kann, sowie eine Kontrollpflicht des 2G-Nachweises im Handel.

Zudem werden Maßnahmen ergriffen, die zwar nicht zur Senkung der Infektionszahlen beitragen werden, aber die kritische Infrastruktur aufrechterhalten sollen: So gilt man künftig nicht mehr als Kontaktperson, wenn man dreifach geimpft ist oder wenn man bei einem Kontakt mit einer infizierten Person eine FFP2-Maske getragen hat. Ist man täglich negativ getestet, soll man als Mitarbeiter in der kritischen Infrastruktur auch weiterhin arbeiten gehen können. Lockdown oder Schulschließungen sind aktuell nicht geplant.

Paradigmenwechsel

Angesichts des vorgestellten Plans drängt sich der Eindruck auf, dass es zu großflächigen Infektionen in der Gesamtbevölkerung kommen könnte. Ein Eindruck, den die Chefin von Gecko, Katharina Reich, im Interview mit dem Ö1-"Morgenjournal" bestätigt: "Das Wort Durchseuchung ist ein negativ behaftetes Wording, ein Begriff, der Angst macht", sagt die oberste Gesundheitsbeamtin des Landes. "Es wird passieren, das ist der Punkt. Nicht es soll, sondern es wird. Es ist so ansteckend, dass wir nicht daran vorbeikommen." Mit einer Impfung, insbesondere einer Dreifachimpfung, sei man aber gut geschützt. "Wir wissen aber, dass wir einen Teil noch nicht erreicht haben", sagt Reich und spielt damit auf die Ungeimpften an. 74 Prozent der impfbaren Bevölkerung und 70,5 Prozent der Gesamtbevölkerung haben derzeit laut dem Gesundheitsministerium ein aktives Impfzertifikat. Für Kinder unter fünf Jahren gibt es derzeit noch keine offizielle Empfehlung für eine Impfung.

Auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein spricht im Interview mit der "ZiB 2" von einem "Paragdimenwechsel mit Omikron". Er verweist darauf, dass bisher eine von vier Personen, die aufgrund einer Infektion mit der Delta-Variante ins Spital eingeliefert werden musste, auch intensivmedizinische Behandlung benötigte. Bei Omikron sei das eine von zehn Personen. An der Einführung der Impfpflicht Anfang Februar will Mückstein jedenfalls festhalten. Man wisse zwar, dass die Impfung bei Omikron eingeschränkt wirke, aber noch gut vor schweren Verläufen schütze.

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Offene Schulen

Die bisherige Kontaktpersonenregelung wird wie erwähnt aufgeweicht. Auf die Frage, warum man nicht offen sage, dass damit das Contact-Tracing beendet wird, sagt Reich: "Wo es nicht mehr funktioniert, muss der Mensch selber ohne Behörde aktiv sein." Der Behörde werde es angesichts der drohenden ganz hohen Infektionszahlen nicht mehr möglich sein, alle Kontaktpersonen zu ermitteln. "Klar ist: Die, die positiv sind, müssen wir herausfischen", sagt Reich.

Dass die Schulen aktuell offen bleiben, verteidigte Reich. Schulschließungen seien immer eine "Ultima Ratio", es gelte, Vor- und Nachteile immer abzuwägen. Man könne aber derzeit "nur auf Sicht fahren und von Tag zu Tag schauen". Dementsprechend schließe sie auch in den kommenden Tagen und Wochen Veränderungen in dem Bereich nicht aus.

Für den Fall, dass auch ein Lockdown in Erwägung gezogen wird, könnten künftig zudem neue Kriterien gelten: Die 33-Prozent-Marke bei der Belegung von Intensivstationen könnte in naher Zukunft durch einen Marker ersetzt werden, der sich auf die Belegung von Normalbetten bezieht. Der Hintergrund ist, dass eine Omikron-Infektion in der Regel leichter verlaufen soll, aber aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr insgesamt trotzdem eine Überlastung der normalen Versorgung drohen könnte. "Zuerst entwickeln wir ein Problem bei den Normalstationen und im niedergelassenen Bereich", prognostiziert auch Mückstein. Das längerfristige Ziel bleibe aber selbstverständlich, die intensivmedizinische Versorgung sicherzustellen. (van, 7.1.2022)