Fans von Djokovic demonstrieren in Melbourne gegen die drohende Abschiebung.

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Proteste auch in Belgrad.

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Melbourne – Nach dem Ärger um die Einreise des Tennisstars Novak Djokovic haben australische Grenzbeamte im Zusammenhang mit den Australian Open nun auch der tschechischen Doppelspezialistin Renata Voráčová das Visum entzogen. Wie der Sender ABC am Freitag berichtete, soll sie mit einer Befreiung von der Impfung eingereist sein, weil sie sich in den letzten sechs Monaten mit dem Coronavirus infiziert habe.

Die 38-Jährige sei im selben Hotel wie Djokovic untergebracht worden, teilte Tschechiens Außenministerium der Nachrichtenagentur AFP mit. Voráčová sei demnach am Donnerstag darüber informiert worden, dass ihr Visum ungültig sei und sie bald das Land verlassen müsse. Voráčová habe bereits an einem Vorbereitungsturnier auf die Australian Open teilgenommen, nun aber zugestimmt, Australien zu verlassen. Zudem soll es einen dritten Fall eines Turnieroffiziellen geben.

"Djokovic wird nicht gefangen gehalten"

Wenn die Grenzbehörde Kenntnis von einer Angelegenheit erhalte, wird sie "die Ermittlungen fortsetzen und sicherstellen, dass die Einreisebestimmungen Australiens eingehalten werden", sagte Innenministerin Karen Andrews am Freitag dem Sender Seven Network. Zugleich verteidigte die Politikerin das Vorgehen im Fall Djokovic. Der Serbe habe es versäumt, die richtigen Informationen für die Einreise nach Australien bereitzustellen. "Sie werden von jedem verlangt, der in das Land einreist. Wenn diese Informationen nicht bereitgestellt werden können, sind die Einreisebestimmungen für Australien nicht erfüllt", sagte Andrews.

Die australische Innenministerin trat auch serbischen Vorwürfen entgegen, wonach Djokovic gefangen gehalten würde. "Herr Djokovic wird in Australien nicht gefangen gehalten, er kann es jederzeit verlassen, wenn er dies wünscht, und die Grenzeinheit wird ihn dabei unterstützen", sagte Andrews.

Der offensichtlich nicht gegen Covid-19 geimpfte serbische Tennisstar wird nach seinem Visumsentzug bei der Einreise nach Australien zumindest bis Montag in Melbourne bleiben. Das Gericht hat die Anhörung seiner Anwälte auf Montag 10 Uhr (Ortszeit) vertagt, wie die Zeitung "The Age" am Donnerstag berichtete. Der Weltranglisten-Erste will die Stornierung des Visums anfechten, um bei den am 17. Jänner beginnenden Australian Open spielen zu können.

Visum storniert

Djokovic war mit einer höchst umstrittenen medizinischen Ausnahmegenehmigung nach Australien gereist und am späten Mittwochabend in Melbourne gelandet. Die australische Grenzschutzbehörde verwehrte ihm aber die reguläre Einreise – und ließ ihn stattdessen in ein Hotel für Ausreisepflichtige bringen. Djokovic habe keine geeigneten Beweise zur Erfüllung der Einreisebestimmungen vorgelegt, daher sei "das Visum anschließend storniert" worden, hieß es in der Erklärung der Grenzschutzbehörde.

Nach wochenlangem Schweigen hatte Djokovic erst am Dienstag mitgeteilt, er werde dank einer Ausnahmegenehmigung nach Australien fliegen. Seinen Impfstatus hat er noch immer nicht öffentlich gemacht.

"Regeln sind Regeln"

Wer nach Australien einreise, müsse sicherstellen, dass er dazu auch berechtigt sei und dies nachweisen könne, sagte Australiens Premierminister Scott Morrison. Dafür brauche es den Nachweis einer doppelten Impfung oder eine gültige medizinische Ausnahmegenehmigung. "Regeln sind Regeln, vor allem, wenn es um unsere Grenzen geht", twitterte Morrison. "Niemand steht über diesen Regeln."

Djokovic hat die Australian Open bereits neunmal gewonnen und wollte als Titelverteidiger auch diesmal unbedingt antreten. Bei einem Sieg hätte er seine Konkurrenten Roger Federer und Rafael Nadal mit Grand-Slam-Triumph Nummer 21 hinter sich gelassen.

Empörung in Serbien

Das offizielle Serbien zeigte sich über die beabsichtigte Ausweisung des Tennisstars empört. "Ganz Serbien steht hinter ihm", schrieb der serbische Präsident Aleksandar Vučić in der Nacht auf Donnerstag nach einem Telefonat mit Djokovic auf Instagram. "Unsere Behörden werden alle Maßnahmen ergreifen, um die Schikanierung des besten Tennisspielers der Welt binnen kürzester Zeit zu beenden."

Serbiens Regierungschefin Ana Brnabić vermutet unterdessen politische Gründe hinter den Schwierigkeiten bei der Einreise von Djokovic. "Ich kann nicht wirklich etwas anderes erkennen", sagte sie dem britischen Nachrichtensender Sky News am Donnerstag. "Tatsache ist, denke ich, dass Novak anders behandelt wurde", sagte Brnabić weiter.

Es gebe etwa 20 andere Teilnehmer der Australian Open, für die Ausnahmen von der Pflicht zur Vorlage eines Impfzertifikats gelten würden. Djokovic sei der Einzige mit einer solchen Ausnahmegenehmigung, dem die Einreise verweigert worden sei, fuhr die Politikerin fort und fügte hinzu: "Wir werden unser Bestes tun, um sicherzustellen, dass Novak zu seinem Recht kommt und gleichbehandelt wird."

Zudem forderte sie, dem Weltranglisten-Ersten müsse erlaubt werden, sein Hotel zu verlassen und die Quarantäne in einem von ihm angemieteten Haus fortzusetzen. Zu den Ansichten Djokovics, der als Impfgegner gilt, wollte sich Brnabić nicht äußern. "Es hat damit nichts zu tun", so die Regierungschefin.

In der serbischen Hauptstadt Belgrad machten regierungsnahe Medien Stimmung gegen die Entscheidung der australischen Behörden. "Das ist der größte Sportskandal aller Zeiten", titelte das Boulevardblatt "Kurir" am Donnerstag. Ähnlich präsentierte sich die Zeitung "Informer" mit ihrer Titelseite: "Skandal und Schande: Novak in Melbourne festgenommen".

Etwas Mitleid von Nadal

Indes äußerte sich auch Rafael Nadal zur Causa und zeigte nur beschränkt Mitleid mit Djokovic. "Natürlich mag ich diese Situation nicht. Auf gewisse Weise tut es mir für ihn leid. Aber gleichzeitig kannte er die Bedingungen seit vielen Monaten und macht seine eigenen Entscheidungen."

"Ich hatte Covid, ich bin zweimal geimpft. Wenn du das machst, hast du kein Problem, hier und überall auf der Welt zu spielen. Das ist das Einzige, was klar ist", sagte der Spanier. Die Menschen in Australien seien aber wegen der Pandemie durch schwere Zeiten gegangen. Von daher könne er ihren Unmut über die Ausnahmegenehmigung für Djokovic verstehen. Melbourne hatte mit 262 Tagen einen der längsten Lockdowns der Welt.

Gemeldet

Unterdessen hat sich Djokovic erstmals nach dem Ärger um seine Einreise nach Australien zu Wort gemeldet. Via Instagram bedankte sich der Weltranglisten-Erste bei den Menschen rund um die Welt für die ununterbrochene Unterstützung. "Ich kann das fühlen und schätze es sehr", schrieb der 34-Jährige. Weitere Informationen zu seiner Situation in dem Hotel in Melbourne oder Details zu seinem entzogenen Visum gab er nicht bekannt.

Der australische Tennisverband hat mittlerweile Gerüchte über Fehlinformationen an die Spielerinnen und Spieler zu den Einreiseregularien dementiert. "Wir weisen ausdrücklich zurück, dass die Gruppe der Spieler wissentlich falsch informiert wurde", übermittelte Tennis Australia am Freitag der Zeitung "The Herald Sun". Zuvor waren Spekulationen aufgekommen, der nationale Verband habe einen Fehler gemacht. Dieser soll in einer Mail an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Australian Open mitgeteilt haben, dass eine Corona-Infektion in den vergangenen sechs Monaten und der damit verbundene Genesenen-Status eine medizinische Ausnahmegenehmigung rechtfertigen würden. Dies aber würde den strengen australischen Einreiseregularien widersprechen. (APA, Reuters, red, 7.1.2022)