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Geht es nach den Plänen der Regierung, tritt die Impfpflicht Anfang Februar in Kraft. Mitte desselben Monats sollen Ungeimpfte zum Stich aufgefordert werden. Folgen sie dieser Anweisung nicht, drohen ab 15. März Strafen. Ein knapp durchgetakteter Zeitplan – der aber technisch so nicht umsetzbar sein dürfte.

Zumindest erwartet das die Elga GmbH, das Unternehmen hinter der elektronischen Gesundheitsakte. Und auch die IT-Services der Sozialversicherungen (IT-SV) halten den aktuellen Fahrplan für "ambitioniert". Beide Firmen sind nebst anderen Unternehmen für die technische Umsetzung der Impfpflicht verantwortlich.

Die Elga GmbH moniert in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetz, dass sie bei der Konzeption der Pläne nicht hinzugezogen wurde. Die technischen Vorgaben, für die sie verantwortlich ist, ließen sich frühestens ab 1. April erfüllen. Der Entwurf sieht vor, dass bestimmte Fachärztinnen und Fachärzte, die eine Zulassung haben, Personen von der Impfpflicht befreien können. Diese Einschränkung auf bestimmte Ärzte sei nicht rasch umsetzbar.

Pläne wackeln

Zudem will die Regierung, dass der zentrale Patientenindex, ein Verzeichnis aller Patientinnen und Patienten im Land, erweitert wird: Sämtliche in Österreich gemeldeten Menschen sollen darin eingetragen werden, darunter auch jene ohne Sozialversicherungsnummer. Das brauche mehr Zeit zur Umsetzung. Damit wackelt allerdings der aktuelle Plan zur Impfpflicht, will die Regierung doch schon am 15. März abgleichen, ob jemand gemeldet, aber nicht geimpft ist. In diesem Fall sollen die Bezirksverwaltungsbehörden eingeschaltet werden.

Auch die IT-SV meldete Bedenken an, die sie dem Gesundheitsministerium Ende vergangenen Monats in einer nicht öffentlichen Stellungnahme schilderte.
Das Unternehmen merkt an, dass bestimmte Funktionalitäten in den Systemen für medizinisches Personal geschaffen werden müssten. Etwa existiere keine visuelle Oberfläche, um Ausnahmen einzutragen.

Dazu käme, dass Ärztinnen und Ärzte oft Software von Dritten nutzen, welche ebenso angepasst werden müsste. Auch das brauche eine Vorlaufzeit. Weiters schreibe das Gesetz vor, dass Antikörpernachweise zeitweise von der Impfpflicht befreien. Unklar sei, wer diese Informationen künftig eintragen soll, außerdem würden Parameter wie Vor- und Nachname aktuell nicht erfasst.

Die Firma befürchtet zudem eine "ungewöhnlich hohe Zahl von Verfügungen" durch die Bezirksverwaltungsbehörden, weil Personen sich nicht an die Impfpflicht halten. Dafür brauche es "klare Vorgaben zur präzisen technischen Umsetzung". So seien etwa "konkrete" Leitlinien zu formalen Entscheidungen notwendig – "und zwar rechtzeitig", damit die Erarbeitung pünktlich möglich ist. Ein konkretes Datum, ab dem die Anpassungen fertiggestellt sein könnten, nennt die IT-SV im Gegensatz zur Elga nicht.

Ministerium hält an Plänen fest

Das Gesundheitsministerium beharrt auf dem aktuellen Vorgehen. Das Gesetz werde Anfang Februar in Kraft treten, heißt es auf Anfrage. Ein erster Abgleich der Impfdaten mit dem Melderegister sei im Gesetzes¬entwurf ab 15. März vorgesehen.
"Sollte aus den Stellungnahmen im Begutachtungsprozess hervorgehen, dass es aus technischen Gründen eine Änderung im Fristenlauf benötigt, wird das selbstverständlich berücksichtigt", sagt ein Sprecher zum STANDARD. "Dies ändert aber nichts am Inkrafttreten der Impfpflicht."

Die Einhaltung der Impfpflicht soll "ab diesem Zeitpunkt zudem im Rahmen von behördlichen Kontrollen breit kontrolliert werden". Das Ministerium lässt in seiner Stellungnahme allerdings offen, wie das mit der
aktuell vorliegenden technischen Infrastruktur funktionieren soll. Demnach ist unklar, wie die Einhaltung der Impfpflicht realistisch in dem geplanten Zeitraum kontrolliert werden kann.

Unterdessen übt die Opposition scharfe Kritik: SPÖ und FPÖ kritisieren die fehlende Vorausschau der Regierung. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner empfiehlt finanzielle Begünstigungen für Geimpfte. Zu dieser Maßnahme rät auch die Elga GmbH in ihrer Stellungnahme als Zwischenlösung. (Muzayen Al-Youssef, 7.1.2021)