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Sidney Poitier ist im Alter von 94 Jahren auf den Bahamas gestorben.

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Er gewann 1964 für "Lilien auf dem Felde" als erster schwarzer Schauspieler den Oscar für den besten Hauptdarsteller.

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Im Mai 1957 erwarb der jüdische Hollywood-Produzent Samuel Goldwyn die Rechte an der Oper Porgy und Bess von George Gershwin aus dem Jahr 1935. Wer noch nie damit zu tun hatte, kennt vermutlich zumindest den Song Summertime daraus.

Goldwyn hatte eine Prestigeproduktion im Sinn, und nachdem die Oper ein Bild vom afroamerikanischen Leben entwarf, wandte er sich an Vertreter aus der Community. Denn es gab auch ein Problem zu bewältigen: Porgy und Bess war bei den Menschen, von denen es erzählte, verhasst. Sie sahen nur Klischees von Schwarzen. Langston Hughes weigerte sich, ein Drehbuch zu schreiben, und Harry Belafonte wies eine Hauptrolle zurück.

Bedenken gegenüber der Rolle

Schließlich wandte Goldwyn sich an Sidney Poitier, einen jungen Schauspieler, der 1955 mit dem Film Die Saat der Gewalt bekannt geworden war – einem Sozialdrama über einen Lehrer an einer Problemschule. Auch Poitier hatte Bedenken, aber er befand sich in einem Dilemma: Denn er hatte zur gleichen Zeit ein Angebot von dem liberalen jüdischen Regisseur Stanley Kramer für ein vielversprechendes Projekt, zwei Ausbrecher aus einem Gefängnis, mit Handschellen aneinander gefesselt, einer ein Schwarzer, einer ein Weißer. Daraus wurde Flucht in Ketten, mit Poitier an der Seite von Tony Curtis.

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Er willigte aber auch ein, in Porgy und Bess die Hauptrolle zu übernehmen, nicht zuletzt unter dem Druck einer Öffentlichkeit, die ihn andernfalls als "arrogant" erscheinen ließ. Diese Periode im Leben des Schauspielers Sidney Poitier erwies sich schließlich als wegweisend.

Mit Stanley Kramer drehte er eine ganze Reihe von weiteren entscheidenden Filmen, darunter Rat mal, wer zum Essen kommt (1967), in dem Katharine Hepburn und Spencer Tracy ein Paar spielten, das von ihrer Tochter mit einem afroamerikanischen Verlobten konfrontiert wird. Die Dekade der Bürgerrechtsbewegung, die in dem dramatischen Jahr 1968 gipfelte, war in Hollywood auch eine Zeit der allmählich wachsenden Sensibilität für Fragen, die dann aber erst in den letzten paar Jahren wirklich ernsthaft angegangen wurden: Repräsentation und Diversität.

Pragmatischer Weg

Sidney Poitier war zur seiner Zeit eine ambivalente Figur in diesen Auseinandersetzungen. Für das weiße Hollywood war er der schwarze Star, der sich am besten in die weiterhin bestehenden Logiken fügte. Aus seiner Community hingegen erreichten ihn Vorwürfe, er gebe sich für Figuren ohne starkes Profil her, für eine geglättete Version afroamerikanischer Identität. Er war sich der Komplexität der Herausforderung immer bewusst, versuchte aber, einen zugleich pragmatischen und reflektierten Weg zu gehen.

Ray Charles sang den Titelsong von "In the Heat of the Night".
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Im selben Jahr, in dem er die Rolle der perfekten Schwiegersohns spielte, hatte er in einer anderen Rolle seinen größten Erfolg: Unter der Regie von Norman Jewison spielte er in In der Hitze der Nacht den Polizisten Virgil Tibbs, der in einer Gemeinde in Mississippi in einem Mordfall ermitteln muss, bei dem er mit dem Rassismus in den Südstaaten konfrontiert wird. Mit Rod Steiger stand ihm damals ein weißer Kollege gegenüber, der den Widerstand gegen das Aufbrechen von Vorurteilen sehr gut nachvollziehbar machte, während Poitier mit seiner natürlichen Autorität gerade erst recht diese Widerstände zu provozieren schien.

Erster Oscar für einen Afroamerikaner

Die Rolle des Virgil Tibbs spielte Poitier auch noch in zwei Fortsetzungen. Seinen Status nützte er dann, um selbst Regie zu führen, zum Beispiel 1972 bei dem Western Der Weg der Verdammten, in dem er an der Seite von Harry Belafonte spielte, dem großen, engagierten Kollegen. 1980 drehte er mit Richard Pryor und Gene Wilder die Komödie Stir Crazy.

Einem Zufall hatte Sidney Poitier es zu verdanken gehabt, dass er als Bürger der Vereinigten Staaten in New York über das American Negro Theater zum Schauspiel kam. Seine Familie lebte auf den Bahamas, und kam nur nach Florida, um landwirtschaftliche Produkte zu verkaufen. In Miami kam er am 27. Februar 1927 zur Welt.

Später vertrat er die Ansicht, sein französischer Familienname könnte mit untergetauchten Sklaven nach der Revolution in Haiti zusammenhängen. 1963 war er der erste afroamerikanische Schauspieler, der mit einem Oscar ausgezeichnet wurde, für Lilien auf dem Feld von Ralph Nelson, einer erbaulichen Geschichte um eine Kapelle in der Wüste.

Von 1950 bis 1965 war Poitier in erster Ehe mit Juanita Hardy verheiratet. Mit seiner zweiten Frau Joanna Shimkus verbrachte er ab 1976 den Rest seines Lebens. 2009 wurde er von Barack Obama mit einer Presidental Medal of Honor ausgezeichnet. Am Donnerstag ist Sidney Poitier im Alter von 94 Jahren auf der Insel seiner Herkunft, auf den Bahamas, gestorben. (Bert Rebhandl, 7. 1. 2022)