Ex-Kanzler Sebastian Kurz geriet in Kritik, weil er bei dem einflussreichen US-Tech-Milliardär anheuerte, dessen politische Vorstellungen auf den Ersatz der Demokratie durch eine Art aufgeklärten Absolutismus von genialen Unternehmerpersönlichkeiten hinauslaufen.

Andere österreichische Ex-Kanzler und hohe Politiker von ÖVP wie SPÖ sind oder waren für ganz reale Autokraten vorzugsweise aus dem Raum der früheren Sowjetunion tätig. Das wirft schon längst Fragen auf.

Der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit Russlands Präsident Wladimir Putin in St. Petersburg.
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Der aktuelle Fall ist die zentralasiatische frühere Sowjetrepublik Kasachstan, für die Alfred Gusenbauer, SPÖ-Kanzler von 2006 bis 2008, tätig war. Im autoritär regierten Kasachstan wird soeben ein spontaner Volksaufstand blutig und mithilfe russischer "Friedenstruppen" niedergeschlagen. Gusenbauer bestätigt allerdings auf Anfrage, dass er seit dem Rückzug des langjährigen autoritären Präsidenten Nursultan Nasarbajew vor drei Jahren nicht mehr für Kasachstan tätig ist. Diese langjährige Tätigkeit, honoriert mit angeblich 400.000 Euro pro Jahr, habe nach Angaben von Gusenbauer unter anderem darin bestanden, den Weg Kasachstans zu Demokratie und Rechtsstaat zu begleiten, was nicht nachhaltig geglückt sein dürfte.

Sehr stark ist auch die österreichisch-russische Connection. Der ehemalige ÖVP-Kanzler Wolfgang Schüssel war bis 2019 im Aufsichtsrat des russischen Mobilfunkkonzerns MTS und wechselte dann zum russischen Ölriesen Lukoil. Der ehemalige SPÖ-Kanzler und ÖBB-Chef Christian Kern ist im Aufsichtsrat der russischen Staatsbahnen. Auch frühere Außenminister leihen ihre Expertise gerne Wladimir Putins Reich: Die ehemalige Außenministerin Karin Kneissl (auf FPÖ-Ticket), zu deren Hochzeit seinerzeit sogar Putin antanzte, begann 2020 einen Blog bei dem russischen Propagandasender Russia Today.

Verschlungene Beziehungen

Besonders verschlungen ist die Beziehung des früheren Außenministers und ÖVP-Chefs Michael Spindelegger zu dem ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch. Dieser lebt seit 2014 in Österreich und bekämpft bisher erfolgreich seine Auslieferung an die USA. Firtasch unterstützte seinerzeit den Putin-freundlichen ukrainischen Premier Viktor Janukowitsch, ist aber seit dessen Sturz durch die Maidan-Revolution und angesichts der Krise Russland/Ukraine nicht mehr wohlgelitten. Eine Zeit lang war er gemeinsam mit Raiffeisen im Gasgeschäft, bis der Bank die Sache offenbar zu heiß wurde. Spindelegger arbeitete für die von Firtasch gegründete "Agentur zur Modernisierung der Ukraine", die aber keine Tätigkeit entfaltete.

Die Liste dieser Beziehungen heimischer Politiker und politiknaher Unternehmer ins ehemalige Sowjetreich ist sehr unvollständig. Österreich hat immer auf gute Beziehungen zu Moskau geachtet, schon als es die Sowjetunion noch gab. Sowohl Kern wie Kurz und zuletzt auch Kanzler Karl Nehammer äußerten Kritik an den Sanktionen der EU gegen Putins Übergriffe im Sowjetreich und im ehemaligen "Ostblock". Diese Haltung wird aber immer problematischer, je aggressiver nach außen und je repressiver nach innen die Politik Putins wird. Kriegsvorbereitungen gegen die Ukraine und brutale Verfolgung der Zivilgesellschaft (Stichwort Memorial) sind nicht mehr zu ignorieren. Auch mit autoritären Regimen wie in Russland, Belarus, Kasachstan oder anderen postkommunistischen Despotien soll man halbwegs rationale Beziehungen auf offizieller politischer und wirtschaftlicher Ebene unterhalten. Dass sich aber hohe Ex-Politiker für ein fettes Honorar als Behübscher für diese Regime hergeben, ist inzwischen nicht mehr haltbar. (Hans Rauscher, 7.1.2022)