Algerien geht als Titelverteidiger in den Afrika Cup.

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In Algiers wurde im Sommer 2019 gefeiert.

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Ärger um die Abstellungen, Bedenken wegen Corona – der Afrika-Cup (9. Jänner bis 6. Februar) im Hochrisikogebiet Kamerun sorgt schon vor dem ersten Anpfiff für heftige Diskussionen. Der Termin des Turniers ist umstritten. In diesem Jahr sind die Sorgen wegen der Corona-Lage im zudem innenpolitisch instabilen Gastgeberland noch größer – nach Ansicht vieler Spieler und Experten aber das falsche Signal.

"Der Afrika-Cup verdient mehr Respekt. Vom sportlichen Wert und von der Popularität in Afrika her ist das Turnier für mich ein Höhepunkt im internationalen Fußball", meinte der Deutsche Gernot Rohr, bis Dezember zuletzt fünf Jahre als Teamchef Nigerias tätig. "Man kann den Afrikanern vertrauen. Sie haben einiges gelernt und verdienen Respekt", sagte er dem SID. Die Infrastruktur im Gastgeberland sei "hervorragend", betonte Rohr: "Auf FIFA-Niveau."

Das Datum gefällt vielen Ligen nicht, die Zeit sei für Europäer ungewöhnlich. Doch eine Alternative gab es nicht. Im Sommer ist in Kamerun Regenzeit. "Da geht es nicht. Dafür muss man Verständnis aufbringen", sagte Rohr. Zudem steht schon im November die WM in Katar an.

Fehlender Respekt

In Afrika stößt die Kritik auf wenig Verständnis – auch wenn es in den vergangenen Tagen schon viele Coronafälle gab. Unter anderem wurde Arsenal-Profi Pierre-Emerick Aubameyang (Gabun) positiv getestet.

Die Frage, ob man nicht lieber in den Niederlanden bleibe, um dort zu spielen, zeige "den Mangel an Respekt für Afrika", sagte der ivorische Nationalspieler Sebastien Haller von Ajax Amsterdam: "Würde diese Frage jemals einem europäischen Spieler vor der Europameisterschaft gestellt werden?"

Drei Legionäre aus Österreich

Der durch viele Coronafälle stark gebeutelte Liverpool muss durch die Nominierungen von Mohamed Salah und Sadio Mané auf weitere Leistungsträger verzichten. Beide Spieler zählen mit ihren Nationen zu den Favoriten. Salahs Ägypten ist mit bisher sieben Titeln in diesem Bewerb das erfolgreichste Team. Der Ex-Salzburger Mané musste sich mit dem Senegal vor drei Jahren Titelverteidiger Algerien um Riyad Mahrez im Finale mit 0:1 geschlagen geben. Die drei Nationen zählen auch diesmal zum engsten Favoritenkreis.

"Das Tor ist aber auch immer offen für einen Außenseiter. Es gibt in Afrika immer Überraschungen", sagte Rohr, der sich auf einen "harten Kampf" und ein "spektakuläres Turnier" freut.

Auch der österreichische Serienmeister Red Bull Salzburg stellt Spieler für das Turnier in Kamerun ab. Leistungsträger Mohamed Camara gehört dem malischen Team an, sein Mannschaftskollege Jérôme Onguéné schaffte es in Kameruns Kader. Mit dem bis Sommer an Girondins Bordeaux verliehenen Ghanaer Gideon Mensah ist noch ein dritter Akteur mit Salzburg-Bezug vertreten.

2G+ in den Stadien

Eigentlich wird das Event alle zwei Jahre ausgetragen, 2021 wurde es wegen Corona um ein Jahr verschoben. Kamerun kämpft weiterhin gegen die hochansteckende Omikron-Variante. Das zentralafrikanische Land hat laut der Gesundheitsorganisation Africa CDC seit Pandemiebeginn knapp 109.000 Infektionen registriert, von denen rund 1.850 tödlich endeten.

In dem fußballbegeisterten Land mit seinen rund 28,5 Millionen Einwohnern dürfte die Dunkelziffer nach Schätzungen von Experten jedoch höher liegen. Zudem sind laut Angaben des US-amerikanischen Johns-Hopkins-Institutes nicht einmal drei Prozent der Bevölkerung geimpft. Die Stadien sollen dennoch bei Kamerun-Spielen zu 80 Prozent und bei allen anderen Partien zu 60 Prozent ausgelastet werden – Zutritt nur für Geimpfte mit negativem Test.

Krisenregion

Neben den Debatten über Spielerabstellungen und Corona wird das Turnier weiter von der unklaren Sicherheitslage belastet. Kameruns Norden wird seit Jahren von Unruhen und Angriffen auf die Zivilbevölkerung erschüttert. Ende 2016 hatten die zwei größten englischsprachigen Regionen bekanntgegeben, dass sie sich abspalten und ein neues Land namens Ambazonia gründen wollen.

Englischsprachige Einwohner Kameruns beklagen seit langem, dass sie wie Bürger zweiter Klasse behandelt würden und in dem hauptsächlich französischsprachigen Kamerun weniger staatliche Mittel erhielten. Immer wieder kommt es zu Protesten, gegen den die Sicherheitskräfte teils mit Gewalt vorgehen. Zudem verüben Separatisten auch immer wieder Angriffe. (APA, sid, red, 8.1.2022)