Die islamistischen Taliban haben auch die Kabuler Universität übernommen und gehen gegen kritische Professoren vor.

Foto: AFP / AAMIR QURESHI

Kabul – Die in Afghanistan herrschenden militant-islamistischen Taliban haben einen Professor festgenommen, der sich mit öffentlicher Kritik an ihrem Regime landesweit einen Namen gemacht hatte. Taliban-Geheimdienstler hätten Faizullah Jalal, Professor an der Universität Kabul, am Samstag aus seinem Haus in der afghanischen Hauptstadt geholt, berichteten örtliche Medien. Eine Stellungnahme der Taliban gab es dazu zunächst nicht.

Der Professor, der zur Ethnie der Tadschiken gehört, hatte am 21. November eine Debatte mit einem Taliban-Sprecher live im Fernsehen geführt. Er kritisierte, dass die Taliban ihre Kritiker unterdrückten und bezeichnete den Sprecher bei einer Gelegenheit als "Kalb", eine schwere Beleidigung in dem Land. Der Lektor für Rechts- und Politikwissenschaften war bereits in den Jahren zuvor häufiger Gast in Fernsehdebatten und für unverblümte Kritik bekannt, die auch schon die Ex-Präsidenten Hamid Karzai und Ashraf Ghani traf.

Video ging viral

Das Video von der Diskussion machte seinen Weg ins Internet und ging viral, Jalal bekam sehr viel Lob für seinen Mut. Viele Menschen sorgten sich allerdings auch um seine Sicherheit.

"Die Taliban haben noch nie Kritik und freie Rede toleriert", sagte Patricia Gossman, Asien-Direktorin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch und forderte die sofortige Freilassung des Professors. Die Taliban hatten Mitte August vorigen Jahres nach dem Abzug der ausländische Truppen die Macht in Kabul übernommen. Seitdem wurden viele frühere Regierungsbedienstete getötet oder festgenommen.

Die Taliban setzen seit ihrer Machtübernahme im August des vergangenen Jahres in all möglichen Teilen der Gesellschaft ihre radikale Ideologie durch. Zuletzt etwa wurde Frauen der Zutritt zu Badehäusern untersagt, Autofahrer wurden angewiesen, im Fahrzeug keine Musik abzuspielen, mitfahrende Frauen haben Hijab zu tragen. Zudem sollen Frauen ohne männliche Begleitperson nicht weiter als 45 Meilen (etwa 72 Kilometer) reisen dürfen. Auch die unabhängige Wahlkommission wurde aufgelöst. (APA, 8.1.2021)