Die Chipkrise hat bei dem Druckerhersteller Canon unerwartete Auswirkungen.

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Ob bei Unterhaltungselektronik oder in der Autobranche. Überall führt die aktuelle Chipkrise zu ziemlich unerfreulichen Problemen. Von Lieferverzögerungen bis zu einer generellen Produktknappheit reicht dabei die Palette. Doch es gibt sie tatsächlich auch: die guten Seiten der Chipkrise – auch wenn das eventuell nicht alle Beteiligten so sehen dürften.

Chipfreie Toner

Der Druckerhersteller Canon erklärt auf seiner Support-Seite, wie man den Kopierschutz bei den Tonern für einige der eigenen Multifunktionsdrucker umgehen kann. Der Grund für diese ungewöhnliche Maßnahme: Das Unternehmen habe "aufgrund der weltweit anhaltenden Knappheit an Halbleiterkomponenten" derzeit Probleme, die notwendigen Chips für diese Aufgabe zu bekommen. Also sollen nun auch offizielle Tonerkartuschen ganz ohne diese umstrittenen Komponenten auskommen – zumindest vorübergehend.

Canon betont, dass sich dadurch keinerlei negative Auswirkungen auf die Druckqualität ergeben. Allerdings könnten Zusatzfunktionen wie die Erkennung des verbleibenden Tonerstands beeinträchtigt sein. Damit bestätigt man indirekt, was Kritiker der gesamten Branche schon seit langem vorwerfen: dass solche Chips vor allem dazu da sind, die Nutzer vom Einsatz der Druckerpatronen oder Toner anderer Anbieter abzuhalten – die üblicherweise erheblich billiger sind.

Einfacher Ablauf

Betroffen sind jedenfalls zahlreiche Modelle der Imagerunner-Reihe von Canon, also Multifunktionsgeräte, die primär für den Büroeinsatz gedacht sind. Die konkreten Gerätenummern sind im Support-Eintrag aufgelistet. Bei diesen kann es dazu kommen, dass nach dem Einsetzen eines neuen Toners eine Fehlermeldung angezeigt wird. In so einem Fall müsse die Kartusche einfach nochmal entfernt und frisch eingesetzt werden, außerdem müssen die folgenden Warnungen ignoriert werden.

Ab wann Canon die ersten solchen Toner ohne Kopierschutz-Chip verkauft, geht aus dem deutschsprachigen Eintrag nicht hervor. In dem für australische Kunden gedachten Artikel ist aber von Februar/März die Rede, insofern ist davon auszugehen, dass der Zeitrahmen weltweit ähnlich ist. Canon spricht in dem Zusammenhang übrigens von einem "Interimstoner". Es ist also davon auszugehen, dass man bei einer Besserung der Chipkrise so schnell wie möglich auf das alte System zurückkehren wird.

Es geht noch schlimmer

Bei alldem gilt es zu betonen, dass das Umgehen des Kopierschutzes hier noch relativ einfach vorgenommen werden kann. Gerade bei Tintenstrahldruckern greifen die Hersteller sonst schon einmal zu erheblich härteren Maßnahmen. So verwendet HP bei manchen Geräten nicht nur einen ähnlichen Kopierschutz, dieser beschränkt den Einsatz der Druckerpatronen sogar auf einzelne Regionen. In anderen Fällen will man die Nutzer gleich dazu bringen, ein Druckertintenabo abzuschließen.

Doch auch Canon war in den vergangenen Monaten für ähnlich zweifelhafte Maßnahmen in den Schlagzeilen. Im Oktober hatte ein erboster Kunde Klage gegen das Unternehmen eingereicht, weil bei dem von ihm genutzten Multifunktionsdrucker der Pixma-Reihe das Scannen nicht mehr geht, wenn keine Tinte mehr vorhanden ist – oder eben die Patronen eines anderen Herstellers genutzt werden.

Relationen

Dass die Hersteller gerade bei Tintenstrahldruckern zu so zweifelhaften Maßnahmen greifen, liegt nicht zuletzt daran, dass diese im Vergleich zu den Produktionskosten sehr günstig verkauft werden. Das wirkliche Geschäft macht man dann also mit der – meist stark überteuerten – Tinte. Laserdrucker werden hingegen meist schon deutlich teurer verkauft, was aber, wie das obige Beispiel zeigt, die Hersteller nicht davon abgehalten hat, auch hier zweifelhafte Chips zu verwenden. (apo, 10.1.2022)