N26 muss sich aus dem hart umkämpften US-Markt zurückziehen, in Europa bremsen Auflagen der Aufsicht die Expansion.

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Aus der Führungsriege der Smartphonebank N26 ist nach einem durchwachsenen Jahr 2021 leise Kritik am bisherigen Wachstumskurs zu vernehmen. Hätte das Online-Geldhaus besser auf Kryptowährungen und Wertpapierhandel setzten sollen als auf eine rasche Expansion in den USA? "Im Rückblick hätte das eine gute Idee sein können", räumt Mitgründer Max Tayenthal gegenüber der Financial Times ein. N26 beendet derzeit nach etwa zwei Jahren das Engagement in den USA, nachdem sich die Smartphonebank zuvor bereits aus Großbritannien zurückgezogen hatte.

Bitte warten heißt es für N26-Kunden auf neue Funktionen zum Handel mit Kryptowährungen und Wertpapieren – beides Bereiche, die seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie besonders starkes Wachstum verzeichneten. Nun skizziert Tayenthal den Fahrplan für die beiden Features: Noch heuer soll das Geschäft mit Bitcoin und Co starten, dann der Wertpapierhandel folgen. In weiterer Folge werde auch ein Marktplatz für Services von Drittanbietern aufgebaut, allerdings komme es dabei zu Verzögerungen, heißt es auf Anfrage.

Portfolio erweitern

Man habe erkannt, dass das Produktportfolio erweitert werden müsse, erklärt der N26-Mitgründer. Statt des schnellen Eintritts in neue Märkte habe es viele andere Dinge gegeben, an denen man stattdessen hätte arbeiten können. Mitte Oktober hat die Onlinebank von Investoren fast 800 Millionen Euro an frischen Mitteln erhalten, womit der Unternehmenswert auf 7,8 Milliarden Euro gesprungen ist. Zwar zählt N26 damit zu den wertvollsten deutschen Start-ups, hat aber gegenüber dem britischen Konkurrenten Revolut den Anschluss verloren: Dieser ist mehr als dreimal so viel wert – und hat etwa den Bereich Wertpapierhandel längst im Angebot.

Nun will sich N26 neben neuen Produkten auf Europa und Brasilien, wo man über eine Banklizenz verfügt, konzentrieren. Zudem begrenzt die deutsche Finanzaufsicht Bafin wegen Versäumnissen bei der Geldwäsche das Wachstum, mehr als 50.000 neue Kunden pro Monat darf die Smartphonebank derzeit nicht aufnehmen. Eine Auflage, die Tayenthal als "massive Einschränkung" bezeichnet.

Kapazitäten aufgebaut

Die Investoren der letzten Finanzierungsrunde im Oktober hätten von den drohenden Einschränkungen durch die Aufsicht gewusst, sagt Tayenthal. Man habe die Kapazitäten im Bereich Kriminalitätsbekämpfung massiv ausgebaut und erwarte, dass die Auflagen der Bafin im Lauf des Sommers wieder zurückgenommen werden.

Die heutige N26 mit Sitz in Berlin wurde 2013 von den beiden Wienern Tayenthal und Valentin Stalf, der heute die Bank leitet, gegründet. Bis Ende dieses Jahres will sich die Smartphonebank fit für einen Börsengang machen. Ob es tatsächlich dazu kommt, lässt Tayenthal freilich offen: Ein Börsenlisting sei nur eine von mehreren Optionen. (aha, 11.1.2022)