Luftfilter in öffentlichen Räumen, Schulen und Kindergärten sind eine effektive Maßnahme, um den Schutz vor Infektion zu verbessern. Doch die flächendeckende Ausstattung damit lässt auf sich warten.

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"Vor einem Jahr standen wir hier und sagten: Da ist ein Licht am Ende des Tunnels. Aber das Licht am Ende des Tunnels war ein entgegenkommender Zug: die Omikron-Variante", erklärte Wolfgang Kaps, Geschäftsführer von Sanofi Österreich, anlässlich der Präsentation des Gesundheitsjahrbuches 2021 am Dienstag in Wien. Herausgegeben gemeinsam mit der Wirtschaftskammer, beschäftigt es sich damit, wie hoch die Gesundheitskompetenz in der Bevölkerung ist. In einer Podiumsdiskussion diskutierten Expertinnen und Experten Corona-Präventionsmaßnahmen abseits von Lockdowns. Hier gebe es "in Österreich noch unfassbar viel Luft nach oben", meinte Patientenanwältin Sigrid Pilz.

Warum Gesundheitskompetenz so wichtig ist: "Sie hat mehr Auswirkungen auf die Gesundheit als das Gesundheitssystem. Wie viel ich trinke, rauche, esse und mich bewege sind Faktoren, die auch eine Rolle spielen, wie schwer man an Covid erkrankt", betonte Rolf Gleißner, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit in der Wirtschaftskammer. Die Frage sei, ob man sich "freiwillig durch Fakten" von der Notwendigkeit einer Impfung überzeugen lasse oder ob es eine "gesetzliche Pflicht" mit Sanktionen und Kontrollen brauche, so Gleißner weiter.

Darüber aufzuklären, das werde noch viel zu wenig umgesetzt, wie Patientenanwältin Sigrid Pilz an einem Beispiel präzisierte: Ein Schulsprecher habe sie darauf hingewiesen, dass es keine Broschüren mit grundlegenden Informationen wie "Was tun, wenn ich infiziert bin?", "Wie trage ich eine Maske richtig?", "Wie funktioniert Aerosolübertragung?" gebe. Stattdessen hätten Impfgegner vor Wiener Schulen "haarsträubende Folder" verteilt. "Gesundheitskompetenz ist eine Bringschuld. Man kann das Feld nicht einfach denen überlassen, die gewissenlos die Bevölkerung verhetzen wollen". Mit gutgemachten Infobroschüren "könnte man den Leuten Ängste nehmen, aber auch Handlungsorientierung geben. Das wäre wichtig hinsichtlich Fake-News", so Pilz.

Zu wenig Aufklärungsarbeit

Dieses Problem thematisiert auch Hans-Peter Hutter, Umweltmediziner an der Med-Uni Wien. "Kursierende Falschmeldungen sind ein Problem. Hochangesehene Institutionen sagen, der Mund-Nasen-Schutz wirkt. Aber wenn die Elfi Nowotny aus Simmering auf Facebook sagt: 'Masken schaden mehr, als sie nützen', hat das teilweise mehr Bedeutung." Wie man die "Unerreichbaren" erreiche, sei nach Ansicht von Hutter jedoch "die falsche Frage", das sei "vergebene Liebesmüh". Die Frage sei viel mehr, wie man an die "schwer Erreichbaren" komme. Dafür brauche es "gezielte Präventionsmaßnahmen", die sozialen Verhältnisse berücksichtigend. "Sehr umständlich und mühsam, aber anders geht's nicht", so Hutter.

Für eine transparentere, ehrlichere Kommunikation plädierte auch Cornelia Lass-Flörl, Direktorin des Instituts für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der Med-Uni Innsbruck: "Wir haben es mit einer ganz neuen Situation zu tun. Man sollte den Mut haben, der Bevölkerung mitzuteilen, dass wir viele Dinge nicht wissen und immer einen Schritt hinterherhinken. Fakt ist, dass wir noch nicht wissen, wie es mit den Impfungen weitergeht, wie viele wir letztendlich benötigen werden."

Es gebe jedenfalls "in Österreich noch unfassbar viel Luft nach oben" an Präventionsmaßnahmen abseits von Lockdowns, meinte Pilz. "Flächendeckende PCR-Tests, verbindliches Homeoffice dort, wo es möglich ist; Luftfilter in öffentlichen Räumen wie Schulen und Kindergärten." Viele Maßnahmen, von deren Wirkung man "eigentlich überzeugt" sei, würden nach wie vor nicht umgesetzt, so Pilz abschließend. (APA, kru, 11.1.2022)