Im neuen Jahr hat man uns das heimelige Viecherlwort weggenommen: Nicht mehr von der erstrebenswerten "Herdenimmunität" ist die Rede, sondern von der unvermeidlichen "Durchseuchung". Soll heißen: Sorry guys, wenn ihr jetzt kräftig durchseucht werdet, habt ihr noch lange keine generelle Immunität gegen das C-Dings! Wäre ja auch eine grobe politische Unkorrektheit gegenüber den verbleibenden neun Buchstaben im griechischen Alphabet. Ein paar sollten schon noch die Chance haben, sich zu profilieren.

Und ist Ihnen schon aufgefallen, dass das poetische "Durchrauschen" der Gesellschaft (durch das Virus) vom prosaischen "Durchlaufen" abgelöst wurde? Nicht einmal eine kleine akustische Fantasie vergönnen sie uns im schnöden Jahr 2022!

Im Ernst: Hoffentlich können Sie noch immer lachen oder versuchen es zumindest. Etwa über den brandneuen Omikron-Krankengruß im Sprachschatz: "Wünsche einen milden Verlauf!"

Vom abergläubischen Standpunkt aus – den man in diesen Zeiten unbedingt berücksichtigen sollte – ist das natürlich grundverkehrt. Denken Sie an "Hals- und Beinbruch"! Das ist nur eine Verballhornung eines frommen jüdischen Erfolgs- und Segenswunsches – hat aber genau jene Beschwörungsqualität, die sowohl Esoteriker als auch Nichtesoteriker anspricht. Daran sollten wir arbeiten. "Wird schon wild werden" anstatt "Wird schon mild werden"? (Gudrun Harrer, 11.1.2022)