Bald soll die Corona-Impfung zur Pflicht werden.

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Bei keinem Gesetz zuvor gab es so viele Reaktionen: 106.047 Stellungnahmen wurden insgesamt zum Ministerialentwurf zur Impfpflicht laut der Parlamentswebseite eingebracht.

Am Montagabend endete die Begutachtungsfrist für das Gesetz. Das Gesundheitsministerium will die Einwände nun sichten. Am 17. Jänner wird das Gesetz im Gesundheitsausschuss mit Expertinnen und Experten diskutiert, Anfang Februar soll es schließlich in Kraft treten.

Ein großer Teil der Stellungnahmen stammt von Privatpersonen, die teils identische Texte als Protest gegen die Impfpflicht einbrachten. Nebst allgemeiner Ablehnung gab es auch Detailkritik unterschiedlichster Institutionen. Etwa dürfte die technische Umsetzung nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, warnte die zuständige Elga GmbH, die frühestens im April fertig sei.

Personal verdoppeln

Auch die Justiz äußerte Bedenken: Der Dachverband der Verwaltungsrichter erwartet etwa, dass das Personal zumindest verdoppelt werden müsste.

Ähnlich sieht das die Bundesvertretung Richter und Staatsanwälte in der Beamtengewerkschaft GÖD. Die Interessenvertretungen erwarten eine massive Welle an Beschwerden nach dem Impfschadengesetz. Es sei zu erwarten, dass viel mehr Anträge auf Schadenersatz durch schwere Impfnebenwirkungen gestellt werden.

Mit hohem Verwaltungsaufwand rechnet auch die Stadt Wien: "Insgesamt können die Kosten für die Durchführung der Verwaltungsstrafverfahren im Jahr 2022 [...] mit EUR 73,3 Mio. geschätzt werden", steht in ihrer Stellungnahme.

"Ultima Ratio"

Die Länder Tirol und Steiermark erwarten ebenso einen immensen Aufwand. Tirol wirft dem Bund vor, diesen stark zu unterschätzen.

Die Wirtschaftskammer (WKO) argumentiert, dass eine Impfpflicht "nur die Ultima Ratio" sein könne, und empfiehlt sogar, den Start zu verschieben. Überhaupt setzen sich die Sozialpartner für "ein schrittweises Vorgehen aus Information, Beratung und Anreizen zur Steigerung der Impfquote" ein, heißt es aus der WKO. Impfprämien seien ein "Handlungsspielraum", der "ausgeschöpft werden sollte".

Die Ärztekammer befürchtet einen erhöhten Druck auf niedergelassene Fachärzte, weil diese Befreiungsatteste ausstellen können. Sie fordert, dass diese Aufgabe nur auf Amtsärztinnen und Amtsärzte fällt. Der Österreichische Städtebund verweist hingegen darauf, dass es schon jetzt zu wenige Amtsärzte gebe.

Irreführend

In sozialen Medien verbreitet wurden auch die Stellungnahmen zu aktuellen Gesetzen der Datenschutzorganisation Arge Daten.

In Bezug auf die Impfpflicht schreibt sie etwa, dass die Wahrscheinlichkeit, im Spital zu landen, mit einer Impfung nur leicht verringert werde. Mit Impfung sei die Verbesserung "gering", beziffert mit zwei bzw. 0,4 Prozent. Die Politikwissenschafterin Laura Bronner kritisiert die Datenqualität und irreführende Interpretation: Das Risiko, im Krankenhaus zu landen, sei ohne Impfung mit Berücksichtigung der in der Stellungnahme genannten Daten 27-mal höher – also um 2.600 Prozent.

Parallel zur Impfpflicht äußerte sich die Arge Daten zu den bevorstehenden Änderungen des Arzneimittelgesetzes. Darin erkennt sie eine Aushebelung von Schutzmechanismen. So entfalle etwa die Mitteilungspflicht zu schwerwiegenden Nebenwirkungen. Tatsächlich wurde das Gesetz lediglich an neue EU-Vorgaben angeglichen, die diese Punkte abdecken. (muz, 11.1.2021)