Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil beschwört die rote Einigkeit. Mit beiden Händen.

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Eisenstadt – Plant die burgenländische SPÖ eine Abspaltung von der Bundespartei? Im dienstägigen "Kurier" ist der Landesgeschäftsführer Roland Fürst jedenfalls in diesem Sinn interpretiert worden. Viele der mehr als 12.000 Mitglieder, so plauderte Fürst aus dem Parteisekretärsalltag, seien besonders erbost gewesen darüber, dass Parteichefin Pamela Rendi-Wagner das Nichterscheinen Hans Peter Doskozils beim Parteipräsidium, in dem er ja gar nicht Mitglied sei, als unsolidarisch bezeichnet habe.

Diese seien mit der Frage auf ihn zugekommen, ob man auch nur im Burgenland Mitglied sein könne. Und ob man nicht auch gleich die 33 Prozent des Mitgliedsbeitrags, die an die Bundespartei abgeliefert werden, im Land belassen könne.

Dass Fürst den Kollegen vom Kurier noch die Versicherung mitgegeben habe, dass man keineswegs plane, die Rolle einer pannonischen CSU zu spielen, kam zu spät. Die Botschaft – "Schon wieder die Burgenländer!" – war draußen.

Beschworene Einigkeit

Noch am Montagabend versuchte man die Geschichte via Social Media einzufangen, was aber einem aussichtslosen Unterfangen gleichkam. Die Erklärung und Rechtfertigung, dass der hochrangige Parteifunktionär wohl missverstanden worden sei, war zu diesem Zeitpunkt bereits belanglos.

Was Roland Fürst tatsächlich gemeint hat, war am Dienstag nicht zu eruieren. Er hatte sich – entgegen seiner sonstigen Art – ein Schweigegebot auferlegt. Aber alle gesprächsbereiten Genossen bis hinein ins unmittelbare Umfeld Hans Peter Doskozils schworen Stein und Bein, mit einer eigenen "Liste Doskozil" nicht einmal von weitem zu liebäugeln. Für Rendi-Wagner, so ließ sie ausrichten, sei die Sache mit dem offiziellen Dementi erledigt.

"Wir sind die SPÖ", sagt Christian Stiller, einer der Sprecher des Landeshauptmanns, "wir treten gemeinsam auf und an. Uns geht es aber um Themen. Darüber wollen wir diskutieren. Das dauernd aufs Persönliche herunterzubrechen ist kindisch." Exemplarisch etwa die Debatte um die Impfpflicht. Man habe die Äußerung des Burgenländers, der Gesetzesvorschlag der Regierung sei dilettantisch, als Angriff auf die Chefin gewertet. "Unsinn", sagt Stiller, "wir haben auf handwerkliche Mängel hingewiesen." Man möge sich doch die Mühe machen, die burgenländische Stellungnahme zu diesem Pfuschgesetz durchzulesen.

Der rote Barthel

Dass die burgenländische SPÖ mit ihrer repetitorischen Themensetzung – Mindestlohn, Pflegeanstellung, Biowende – auch außerhalb des Burgenlandes attraktiv ist, war schon länger Thema. Tatsächlich habe es Mitgliedsanträge von außerhalb gegeben.

Das freilich funktioniert auch umgekehrt: Als Hans Niessl 2015 mit der FPÖ eine Koalition einging, wanderten so manche Burgenländer aus Protest nach Wien.

Dort holt der rote Barthel immer noch den Most. Aber Wien haut – noch – nicht auf den Tisch. Weder auf den in Eisenstadt noch auf den in der Bundesparteizentrale der Wiener Löwelstraße.

Das wünschen sich aber zunehmend mehr Genossen. "Das Thema muss endlich geklärt werden. Doskozil soll endlich klipp und klar sagen, ob er für den Parteivorsitz und die Spitzenkandidatur für die nächste Wahl kandidiert oder nicht", sagt ein dem Burgenländer durchaus gewogener Funktionär eines westlichen Bundeslandes, der wie alle Gesprächspartner namentlich nicht erwähnt werden möchte.

Rendi-Wagner soll reinen Tisch machen

Es liege aber auch an Rendi-Wagner, reinen Tisch zu machen. "Sie soll den Bundesparteirat einberufen, um die Nominierung für die Spitzenkandidatur entscheiden zu lassen. Und sie soll Doskozil einladen zu kandidieren. Dann sind die Fronten geklärt. Wenn er nicht gewählt wird, soll er eine Ruh geben", sagt ein weiterer Landespolitiker.

Wenn die SPÖ nicht baldigst die Spitzenkandidatur kläre, drohe der Partei ein Fiasko. Sollten nämlich, wie auch von Rendi-Wagner gefordert, demnächst tatsächlich Neuwahlen "ausbrechen", müsste die SPÖ mitten im Wahlkampf erst ihre Spitzenkandidatur klären und sei für einen Wahlkampf gelähmt, wird in SP-Kreisen argumentiert.

Erinnerungen an Voves

Momentan sei Rendi-Wagner in einer besseren Situation als noch vor Monaten, sie könne im Konflikt mit Doskozil mehr profitieren als dieser, der zunehmend in die Isolation gerate. Ein Rat aus roten Reihen: Doskozil solle sich an den ehemaligen steirischen SPÖ-Chef Franz Voves erinnern. "Dagegen ist der Doskozil ja ein Lercherl."

Voves hatte als innerparteilicher Poltergeist für Aufruhr gesorgt, sich aber schließlich immer mehr isoliert. Am Ende hat er den Landeshauptmannsessel der ÖVP de facto geschenkt. Seither meidet ihn nicht nur die steirische SPÖ als Persona non grata. (Walter Müller, Wolfgang Weisgram, 12.1.2022)