Dominik Nepp, Chef der FPÖ-Landespartei, freute sich über den Neuzugang.

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Aus Protest gegen die geplante Corona-Impfpflicht wechselt der bisherige Wiener ÖVP-Gemeinderat Wolfgang Kieslich zur FPÖ. "Die Entscheidung ist über die letzten Monate gereift", sagte Kieslich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp. Dabei sparte der bisherige ÖVP-Verkehrssprecher nicht mit Kritik an seiner Ex-Partei: "Auf dem Papier ist die ÖVP noch Mitte rechts, in der Realität nicht mehr."

Kieslich (ganz links) als damaliger ÖVP-Bezirksobmann bei einer parteiübergreifenden Demonstration mit der FPÖ in Simmering.
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Die Wiener Volkspartei nahm den fliegenden Wechsel "zur Kenntnis". Der Parteiaustritt sei "sicher die beste Lösung", wenn man sich nicht mit den Werten der ÖVP identifizieren könne, hieß es in einer Stellungnahme. Eine entscheidende Auswirkung auf die Arbeit im Gemeinderat hat der Wechsel nicht. Die ÖVP hält nun bei 21 Abgeordneten, die FPÖ bei neun. Beide Parteien stehen in der Opposition der SPÖ-Neos-Koalition gegenüber.

Laut geltender Geschäftsordnung wird er formal nicht im FPÖ-Klub aufgenommen, sondern diesem als "wilder" Abgeordneter angehören. Teil der Fraktion könnte er nur werden, wenn er auch für die FPÖ kandidiert hätte.

Rundumschlag gegen ÖVP

Kieslich sprach bei der Pressekonferenz von einem der "einschneidendsten Tage" seines Lebens. Der Schritt, nach "über einem Vierteljahrhundert die österreichische Volkspartei zu verlassen", sei ihm nicht leicht gefallen. Ausschlaggebend für den Wechsel waren dann die Verbote rund um die Coronapandemie – mit dem "Impfzwang" als Höhepunkt. Diese "Bevormundung" verortete der Abgeordnete "bei Linksparteien und nicht bei der ÖVP". "Hier wurde eine rote Linie überschritten", sagte Kieslich. Zudem kritisierte er die "Denunzierung von friedlichen Demonstranten" als "Rechtsradikale und Staatsverweigerer" als "einfach letztklassig".

Außerdem kritisierte der ehemalige Verkehrssprecher, dass die ÖVP bei Straßenprojekten wie dem Lobautunnel und der Stadtstraße "vor den Grünen in die Knie gegangen ist". Auch mit der Flüchtlingspolitik ist Kieslich nicht einverstanden. "Die Flüchtlingsrouten sind nicht geschlossen", meinte der Abgeordnete. Insgesamt befand Kiesling – in der Sprache des Straßenverkehrs gesprochen -, dass die Regierung "mit 200 ungebremst gegen die Wand fährt".

Dass das Verhältnis zwischen Kieslich und der ÖVP schon in den vergangenen Wochen angespannt war, zeigt ein Blick nach Simmering. Dort war Kieslich bis kurz vor Weihnachten noch Bezirksparteiobmann. Wie der "Kurier" zuletzt berichtete, dürfte er nach Abwahlversuchen zurückgetreten sein. Privat hat Kieslich ebenfalls sein Glück in der FPÖ gefunden, er ist seit längerem in einer Beziehung mit der stellvertretenden Bezirksvorsteherin Katharina Krammer (FPÖ). (balm, 12.1.2022)