Die Impfpflicht schien schon beschlossene Sache, jetzt ist aber wieder vieles unsicher.

Foto: APA/dpa/Moritz Frankenberg

Im Gesundheitsministerium stapeln sich dieser Tage die Akten. 108.325 Einwände gegen die geplante Impfpflicht wurden eingebracht. Diese werden jetzt gesichtet "und in den kommenden Tagen gegebenenfalls eingearbeitet", heißt es aus dem Ministerium.

Doch die Zeit drängt, der Fahrplan zum Pflichtstich ist entsprechend eng getaktet: Schon am kommenden Montag soll über den Entwurf im Gesundheitsausschuss, in enger Abstimmung mit einem Expertengremium, beraten werden. Ende der nächsten Woche stehen reguläre Nationalratssitzungen auf dem Programm, bei denen das Gesetz schon beschlossen werden könnte.

Nach der Zustimmung des Bundesrats in seiner Sitzung am 3. Februar könnte die Impfpflicht dann tatsächlich starten. Zumindest halten Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) weiter daran fest – ungeachtet dessen, dass die Rufe nach einer Verschiebung, zuletzt von der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer, immer lauter werden.

Übergangskontrollen

Kräftig nachjustieren muss man jedenfalls auf technischer Seite. Nach der Elga-Ankündigung, dass eine technische Umsetzung wohl erst mit April möglich sei, braucht es bei einem Februar-Start eine Übergangsregelung. Mückstein brachte diesbezüglich ins Spiel, dass man anfangs ein sogenanntes Kontrolldelikt etablieren könnte – was bedeutet, dass Behörden ähnlich wie im Straßenverkehr Kontrollen durchführen und auch Geldstrafen verhängen könnten.

Parallel dazu haben in den Ländern die konkreten Vorbereitungen für die Umsetzung der Impfpflicht begonnen. Abgewickelt werden müssen die für Verstöße vorgesehenen Geldstrafen von den Bezirkshauptverwaltungsbehörden und bei Rechtsmitteln dagegen von den Landesverwaltungsgerichten. Vorübergehend wird in diesen Bereichen daher deutlich mehr Personal nötig sein.

Loacker will gegen Gesetz stimmen

Die Regierung rechnet allein heuer mit 1,8 Millionen Strafverfügungen. Womit es in der Folge zu 1,4 Millionen Verwaltungsstrafverfahren (nach Einsprüchen) bei den Bezirkshauptmannschaften und zu 100.000 Verfahren bei den Landesverwaltungsgerichten kommen würde.

Die "Nebenwirkungen" der geplanten Impfpflicht sind aber nicht nur auf Verwaltungsebene spürbar. Das Vorhaben wird in allen Parlamentsparteien durchaus kontroversiell diskutiert. Der Pandemiesprecher der Neos, Gerald Loacker, will im Nationalrat gegen die Impfpflicht stimmen, wie er der "Kleinen Zeitung" sagte. Er geht davon aus, dass er mit diesem Stimmverhalten nicht der einzige Neos-Mandatar sein wird, wiewohl sich die Partei bisher für die Impfpflicht ausgesprochen hat.

Loacker nennt einerseits den bürokratischen Aufwand als Grund für seine Entscheidung, andererseits meint er: "Wenn Omikron vorbei ist, wird es eine Grundimmunisierung in der Bevölkerung geben. Eine neue Variante würde dann nicht mehr auf eine völlig ungeschützte Bevölkerung treffen, die Verhältnismäßigkeit der Impfpflicht wäre dann nicht mehr gegeben."

Landeshauptmann Wallner sieht "billige Ausrede" von Elga

Die Debatte führt auch innerparteilich zu manch folgenreicher Entscheidung: So wechselt der Wiener Gemeinderat Wolfgang Kieslich von der ÖVP zur FPÖ. Kieslich war ÖVP-Verkehrssprecher und bis Dezember 2021 auch Bezirksparteichef in Simmering. Auslöser sei die Impfpflicht gewesen, begründet er den Parteiwechsel. Aber auch in der roten Ecke sorgt aktuell nicht nur der burgenländische SPÖ- und Landeschef Hans Peter Doskozil für Unruhe. Das rote Ja zur Impfpflicht veranlasste etwa in Oberösterreich die ehemalige SPÖ-Landtagsabgeordnete Roswitha Bauer zum sofortigen Parteiaustritt.

Verärgert zeigt sich indes der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP), weil laut Elga eine volle Einführung der Impfpflicht technisch nicht schon mit Februar machbar sein werde. "Das klingt nach billiger Ausrede", meinte der aktuelle Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz in der "Tiroler Tageszeitung". Technische Argumente dürften nicht vorgeschoben werden: "Es ist auf Hochdruck daran zu arbeiten. Dann muss man halt Überstunden machen, das Problem lösen."

"Impfpflicht-Pfusch"

In Salzburg steigt SPÖ-Chef David Egger auf die Impfpflicht-Bremse: "Einem Impfpflicht-Pfusch werde ich im Bundesrat meine Zustimmung verweigern." Egger bezeichnet die Impfpflicht als "Desaster der Regierung, die offensichtlich gepfuscht hat".

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) findet es "bedauerlichst", dass die Regierung es nicht geschafft habe, alle notwendigen Institutionen einzubinden. Eine verpflichtende Impfung sei aber "alternativlos". (APA, ruep, mro, mue, 12.1.2022)