Unter anderem mit diesem Sujet versuchte Hygiene Austria einst, Masken made in Austria zu bewerben. Wie der Hersteller allerdings später zugab, dürften viele davon eigentlich aus China gekommen sein.

Foto: Hygiene Austria

Im März des Vorjahres war Hygiene Austria noch in aller Munde. Damals filzten Kriminalbeamte die Werkshalle des Maskenherstellers in Wiener Neudorf. Sie sollen Mitarbeiter dabei erwischt haben, wie diese gerade im Keller im großen Stil FFP2-Masken aus China als made in Austria umetikettierten. Ermittelt wird seither auch wegen des Verdachts der organisierten Schwarzarbeit gegen ein Firmengeflecht, das mitunter aus zwielichtigen Leiharbeitsfirmen bestand, die nur zum Schein existiert haben sollen.

Aus einem Hoffnungsträger der Politik, gelobt von Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) abwärts, der Österreich in der Pandemie vom Weltmarkt unabhängiger machen sollte, wurde mit einem Mal ein Skandalbetrieb. Viele Monate später spricht kaum noch jemand über Hygiene Austria. Passiert ist allerdings trotzdem viel.

Der Faserhersteller Lenzing ist im Rosenkrieg mit Palmers aus der ehemaligen Firmenkooperation ausgestiegen. Tino Wieser, Palmers-Vorstand und lange das Gesicht von Hygiene Austria, ist auch von der Bildfläche verschwunden. Der Firmenkosmos wurde von der Arbeiterkammer mit Klagen zugedeckt – vor allem wegen unterkollektivertraglicher Bezahlung durch die Leiharbeitsfirmen. Im September kam es wieder zu einer Razzia beim weiterhin produzierenden Maskenhersteller. Die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen 16 Personen und unbekannte Täter laufen noch.

Wieder ein neuer Chef

Mit alldem muss sich seit Jahresbeginn nun Christian Luif auseinandersetzen. Der 34-jährige Unternehmer aus Niederösterreich (Sam-Tec, Bro-ject) ist bereits das dritte Gesicht in der Geschäftsführung seit der Maskenaffäre. Seine Vorgänger unterstütze er bereits im Bereich Arbeitssicherheit. Was nicht unwesentlich ist, wird Hygiene Austria doch vorgeworfen, Arbeitsunfälle vertuscht zu haben.

In erster Linie muss Luif aber die Frage klären, zu der Hygiene Austria seit Monaten beharrlich schweigt und auf eine externe "forensische Untersuchung" durch ein renommiertes Unternehmen verweist: Wie viele Masken aus China hat Hygiene Austria denn nun fälschlicherweise als heimische Ware angeboten? "Es wird ein ganz geringer Prozentsatz sein", sagt Luif dem STANDARD. Details werde er "zeitnah" kommunizieren. Aus Ermittlerkreisen hieß es allerdings, dass in untersuchten Kartons auf 17 China-Masken drei aus Österreich gekommen sein sollen.

Von der Maskenaffäre will die neue Führung am liebsten gar nichts mehr wissen, wenngleich es Luif schade findet, dass Arbeitsplätze vernichtet wurden und Hygiene Austria stark ins Negative gerückt wurde. Aber das betreffe Eigentümer und Vorgänger. "Dafür gibt es einen Rechtsstaat, das sollen die Gerichte klären. Mit dem Betrieb oder den Mitarbeitern jetzt hat das nichts zu tun."

Aus Hygiene Austria soll nun ein schlank strukturiertes Unternehmen werden. Die Nachfrage nach Masken sei gegeben, sagt Luif – etwa in Österreich und Deutschland. Verkauft werde klassisch über den Online-Shop, im Kleinbereich, aber auch mehrere Tausend Stück an private Kunden bis zu kleinen Geschäftstreibenden sowie Industriekunden, die Masken für ihre Mitarbeiter benötigen. Beispiele dafür nennt Luif ohne Zustimmung seiner Kunden keine. Massenabnehmer wie Supermärkte strebe er aber nicht mehr an. Man möchte durch übergroße Arbeitsspitzen nicht in eine ähnliche Bredouille kommen, die einst zur Maskenaffäre führte. Es sollen eher viele überschaubare Kunden mit Qualität beliefert werden.

Auch welche neue Leiharbeitsfirma nun für Hygiene Austria tätig ist, will Luif ohne Rücksprache nicht sagen. Es sollen aber zwei Drittel der Belegschaft bei Hygiene Austria angestellt und der Rest Zeitarbeiter sein. In der Vergangenheit gab es Kritik daran, dass die Firma offiziell nur elf der damals 200 Mitarbeiter angestellt hatte. Konkrete aktuelle Zahlen nennt Luif nicht.

Streitwert: Halbe Million

Mit den dubiosen Leiharbeitsfirmen der Hygiene Austria aus vergangenen Tagen beschäftigt sich Andrea Ebner-Pfeifer. Der Fokus liegt auf Lohn- und Sozialdumping. Die Juristin der Arbeiterkammer sagt, dass sich seit der Maskenaffäre 148 Arbeitnehmer bei der Interessenvertretung gemeldet hätten, 123 Klagen seien eingebracht worden. Es geht um einen Streitwert von einer halben Million Euro. Mehr als die Hälfte entfällt dabei auf die Scheinfirma Steady Global Partners. Diese ist nun aber insolvent. Die Forderungen gehen also an den Insolvenzfonds über. "Das stellt ein bewusstes Überwälzen auf die Allgemeinheit dar", sagt Ebner-Pfeifer.

Eine offene Frage bleibt zudem weiterhin, was es eigentlich für Hygiene Austria bedeutet, dass der Maskenteilbetrieb vor geraumer Zeit an eine Firma veräußert wurde, die einer Wiener Kanzlei gehört. Auch dazu sagt Luif vorerst nichts. Nur: Auch das soll sich bald klären. (Jan Michael Marchart, 13.1.2022)