Die Innsbrucker Kinderklinik feiert Geburtstag und startet zugleich die Aufarbeitung ihrer Geschichte.

Foto: APA/Robert Parigger

Innsbruck – Weil eine Festveranstaltung pandemiebedingt bisher nicht stattfinden konnte, feiert die Medizinische Universität Innsbruck "125 Jahre erfolgreiche Besetzung des ersten Extraordinariats für Pädiatrie in Innsbruck" mit einem Blick zurück. Das Leitungstrio der Universitätskliniken für Pädiatrie, Thomas Müller (Pädiatrie I), Ursula Kiechl-Kohlendorfer (Pädiatrie II) und Ralf Geiger (Pädiatrie III), will mit der eigens produzierten Festschrift die Vielfalt der Institution in den Mittelpunkt rücken.

Der Bogen wird darin von den historischen Anfängen Ende des 19. Jahrhunderts bis zur heutigen Ausdifferenzierung der drei Kliniken gespannt. Werden mittlerweile pro Jahr rund 80.000 junge Patientinnen und Patienten behandelt, so war die Situation vor 125 Jahren eine ganz andere.

Kinderheilkunde-Pionier Johann Loos

Die Kinderheilkunde war erst im Aufbau begriffen. Mit Johann Loos, der das Fach in Graz studiert hatte, wurde 1896 in Tirol erstmals ein Extraordinarius für Pädiatrie berufen. Der Pionier schuf in der Folge die erste Kinderstation an der Medizinischen Klinik in Innsbruck. Diese verfügte über ein kleines Operationszimmer, ein Isolierzimmer, drei Arbeitsräume und 26 Betten in nur zwei Krankenzimmern.

Aktuell beschäftigen die Kinderkliniken 514 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die stationären Patienten stehen 103 Betten zur Verfügung. Neben den Behandlungen selbst steht die Forschung im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Arbeit. Große Erfolge feierte man im Bereich Seltene Krankheiten. So konnte 2008 erstmals die genetische Ursache einer angeborenen Durchfallerkrankung gefunden werden. Aktuell forschen mehrere wissenschaftliche Arbeitsgruppen daran, die Versorgung und Förderung von Frühgeborenen zu optimieren.

Im Zuge der Erstellung der Festschrift zum 125-Jahr-Jubiläum wurde nun mit dem Aufbau eines eigenen Archivs begonnen. Vor allem die Geschichte der Kinderkliniken im 20. Jahrhundert wird dabei im Fokus des Forschungsinteresses stehen. "Damit wurde ein Grundstein für die weitere geschichtswissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte der Pädiatrie in Innsbruck gelegt", erklärte dazu der Kinderarzt und Historiker Christian Lechner. Besonders die Vorgänge während des Zweiten Weltkriegs sollen dabei beleuchtet werden.

Corona trifft auch Kinder

Die jüngste Herausforderung für die Kinderkliniken stellt die Pandemie dar. 2020 wurden 40 Kinder wegen Corona im Krankenhaus behandelt, 2021 waren es schon 121. Fünf Prozent davon benötigten im Vorjahr intensivmedizinische Behandlung.

Grund dafür sind oft das PIMS-Syndrom oder MIS-C. "Der Überbegriff MIS-C steht für ein Multi-Entzündungssyndrom bei Kindern, das nach einer Covid-Infektion auftreten kann", erklärte Klaus Kapelari, leitender Oberarzt der Innsbrucker Pädiatrie. "Ursache für die Entzündungsprozesse ist vermutlich eine verzögerte Überreaktion des Immunsystems auf persistierende Virusbestandteile. Die Zahl der Patientinnen und Patienten, die diesem Syndrom zugeordnet werden, steigt in jeder Welle an", sagte er. (Steffen Arora, 13.1.2022)