13.395 Tonnen Pestizide haben österreichische Landwirte im Jahr 2020 versprüht.

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Die Schale des Gala-Apfels glänzt makellos. Das saftige Fruchtfleisch verbreitet einen süßsauren Geschmack im Mund. Damit Äpfel jedes Jahr aufs Neue derart perfekt gedeihen, bekommen sie während des Anbaus nicht selten eine Schönheitsbehandlung. Bis zu 36-mal werden sie in konventioneller Landwirtschaft mit Pestiziden besprüht.

Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle "Pestizidatlas", herausgegeben von der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung. Darin enthalten sind Daten zum Einsatz von chemisch-synthetischen Schädlingsbekämpfungsmitteln. Die Daten für Österreich steuerte die Umweltorganisation Global 2000 bei.

Hohes Pestizidaufkommen im globalen Süden

Den Erhebungen zufolge liegt der Einsatz von Pestiziden bei vier Millionen Tonnen weltweit. Die Hälfte davon sind Herbizide, die gegen Unkraut vorgehen, der Rest Insektizide und Fungizide. Damit sind die Einsatzmengen seit 1990 um 80 Prozent gestiegen. Im Globalen Süden sind die Zahlen noch höher. Südamerika etwa verwendet um 150 Prozent mehr Schädlingsbekämpfungsmittel.

Gründe für diese Ausweitung sieht Barbara Unmüssig von der Heinrich-Böll-Stiftung unter anderem im Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen wie Soja, "einem billigen Futtermittel in der Tierhaltung, das in unseren Futtertrögen landet".

Der globale Pestizidmarktwert lag 2019 bei knapp 85 Milliarden Dollar. Bis 2023 rechnen Prognosen mit 130,7 Milliarden Dollar.

13.395 Tonnen pro Jahr

Auch in der EU liege der Einsatz mit rund 350.000 Tonnen auf hohem Niveau. In Österreich spritzen Landwirte jährlich 13.395 Tonnen. Laut Dagmar Gordon von Global 2000 sind das umgerechnet 3,5 Kilo pro Hektar Ackerland. Um beim bereits erwähnten Gala-Apfel zu bleiben, sollen diesen hierzulande 248 zugelassene Wirkstoffe gegen Schädlinge schützen.

Laut Gordon besteht in Obstanbaugebieten wie der Steiermark oder Südtirol ein großes Pestizidproblem, "das man in dem Ausmaß sonst nirgends hat". Die Folge: Die Biodiversität sinkt. Laut "Pestizidatlas" sind auf konventionell bewirtschafteten Äckern drei Prozent floristischer Artenvielfalt zu finden, auf Bio-Äckern liegt dieser Wert bei 53 Prozent.

EU legt Strategiepapier vor

Um der Verwendung von Pestiziden entgegenzuwirken, fordern die Initiatoren des "Pestizidatlas", das "besonders schädliche Glyphosat" mit Jahresende nicht mehr zu genehmigen und den Strategievorschlag der EU, den Pestizideinsatz bis 2030 zu halbieren, umzusetzen.

Ob sich Österreich dieser Strategie anschließt, ist fraglich. Obwohl die Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln ein langfristiges Ziel sei, ist ein rein quantitatives Reduktionsziel kritisch zu sehen, heißt es aus dem Ministerium für Landwirtschaft.

In der Landwirtschaftskammer ist man, ob der Aussagen von Global 2000 empört. Diese sind "eine skurrile Vermischung von Kraut und Rüben". In Südamerika, Afrika und Asien herrsche vollkommen andere Landwirtschaft als in Europa und Österreich. "Ein Vergleich entbehrt jeder Seriosität."

Regelmäßigen Untersuchungen der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) bescheinigten heimischen Lebensmitteln und Wasser hohe Qualität. Österreich sei absolut im grünen Bereich, heißt es bei der Ages. Produkte seien doppelt und dreifach geprüft. (Julia Beirer, 13.1.2022)


Auf Österreichs Äckern landen nicht wie irrtümlich im Untertitel geschrieben, 3,5 Kilo Schädlingsbekämpfungsmittel, sondern insgesamt 13.395 Tonnen, was 3,5 Kilogramm pro Hektar Ackerland entspricht.