Es ist eine gute, von nachgewiesenen Fachleuten empfohlene Idee, einer Pandemie mit einer Impfpflicht entgegenzutreten. So etwas hat es in Österreich schon gegeben, ohne dass jemand sein politisches Geschäft damit betrieben hätte, Pocken mit Ivermectin oder frischer Luft zu bekämpfen. Im konkreten Pandemiefall hätte es sich allerdings empfohlen, diese kleine Pflicht, die Staatsbürgerin und Staatsbürger zusätzlich zu vielen anderen Pflichten auferlegt würde, dann einzuführen, wenn die Pandemie auftritt und nicht erst dann, wenn die dritte Variante voll zuschlägt – als Prima Ratio und nicht als Ultima. Für die – leider zu kleine – Mehrheit der ohnehin Impfbereiten wäre nichts anders gewesen, und Kickl hätte der Regierung schon damals auch nichts anderes bescheinigt, als aus Falotten zu bestehen. Er kann nichts anderes.

Das österreichische Problem war, dass bei Ausbruch der Pandemie die Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung vor allem den medialen Bedürfnissen des damaligen Bundeskanzlers untergeordnet waren, was einen zuständigen Gesundheitsminister dazu trieb, als Kolumnist zur Kronen Zeitung zu wechseln, weil er es in dieser Regierung nicht mehr aushielt. Es kann nicht jeder, der die Last des Regierens mit der der Kinderbetreuung zu tauschen vorgibt, aus heiterem Himmel CEO bei einem Superfund werden oder aus dem Jammertal, das er hier hinterlässt, ins ferne Silikontal wechseln.

Beim Ausbruch der Pandemie waren die Maßnahmen den medialen Bedürfnissen des Bundeskanzlers untergeordnet.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Dienst an Österreich

Den Mangel an Managementqualitäten aus der Regierung in die Privatwirtschaft abgeschoben zu haben, könnte man der Wirtschaftspartei ÖVP als Dienst an Österreich anrechnen, hätte sich dadurch in einer nach wie vor von ihr geführten Regierung etwas verbessert. Es hätte aber gar nicht eines Begutachtungsverfahrens bedurft, um einen Sturm auf den Regierungsentwurf eines Impfpflichtgesetzes zu erzeugen, der sich vom wöchentlichen Sturm auf Wien nicht nur durch die mehr als doppelte Zahl der Stürmer unterscheidet, sondern auch darin, dass es dabei an seriöser Kritik nicht fehlt. Das Alpha und Omega der Pandemiebekämpfung, mit jahrelanger Verspätung aufgegriffen, droht in Omikron-Hysterie und in berechtigten Zweifeln an der technischen Umsetzbarkeit zu versanden. Noch ist das Gesetz nicht geboren, schon wird über eine Version light oder seine Aufschiebung gestritten. Wir fahren auf Sicht, erklärt dazu der neue Gesundheitsminister. Auf Weit- oder Einsicht offensichtlich nicht.

Mit Impfpflicht oder ohne – die Pandemie geht irgendwann vorbei. Und schon hat die Regierung ein anderes Thema, an dem sie sich in gewohnter Art bewähren will, das Klima. Dazu will sie sich von einem Klimarat beraten lassen. Repräsentative Bürgerräte – 100 Ösis zwischen 17 und 79 – sollen Vorschläge für die Politik erarbeiten, eine Art Klima-Gecko. Warum 100 und warum nicht zwischen 14 und 80? Ausgewählt von der Statistik Austria, zum Glück nicht nach Qualifikation. Sie arbeiten ab Samstag, das Klimaschutzgesetz hat Zeit.

Und wenn das alles nichts gegen die Erderwärmung hilft, bleibt immer noch das Antikorruptionsvolksbegehren. Da kann nichts passieren, das wurde von Proponenten ins Leben gerufen. Die Regierung hat erst dann damit zu tun, wenn sie in den sauren Apfel der Umsetzung beißen muss. Aber keine Angst, von einer Impfpflicht gegen Korruption sind wir weit entfernt. (Günter Traxler, 13.1.2022)