Wien – Die Kriegsgefahr im Gebiet der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sei so hoch wie seit über drei Jahrzehnten nicht mehr, erklärte Polens Außenminister Zbigniew Rau mit Blick auf die Ukraine-Krise am Donnerstag in Wien. Polen hat im Jahr 2022 den Vorsitz inne, Rau präsentierte in Wien das Programm seines Landes.

OSZE-Sitzung in der Wieder Hofburg.
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Der neue Vorsitzende beklagte eine seit Wochen andauernde "Militäreskalation in Osteuropa", ohne Russland zu nennen. Der Westen wirft Moskau vor, einen Einmarsch in die Ukraine zu planen, während Russland eine Bedrohung durch die Nato-Staaten moniert. Auch die Entwicklung in Georgien, der Republik Moldau, im Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan und die jüngste Eskalation in Kasachstan führte Rau als Gründe für die Bedrohungslage an.

Dialogplattform OSZE

Rau sagte, Polen wolle seine Aufgabe dazu nutzen, einen Dialog zu initiieren. Dafür sei die OSZE die beste Plattform – alle Mitglieder der Organisation hätten sich den Prinzipien des Völkerrechts verpflichtet. Lösungen für die Ukraine-Krise müssten unter Achtung der territorialen Einheit in den international anerkannten Grenzen der Ukraine gefunden werden.

Während Rau von Washingtons OSZE-Botschafter Michael Carpenter Zustimmung erhielt, kritisierte der russische Botschafter Alexander Lukaschewitsch, dass der Westen nicht auf Moskaus Forderungen nach Sicherheitsgarantien eingehe.

Wenn das "aggressive Verhalten" gegenüber Russland anhalte, müsse man Maßnahmen ergreifen, um das "strategische Gleichgewicht zu gewährleisten", warnte Lukaschewitsch. Gebe es keine Einigung, könnte dies katastrophale Folgen haben. Moskau habe sich mehr Substanzielles bei den Diskussionen mit dem Westen erwartet, setze aber weiterhin auf Diplomatie. Die Entwicklung hänge nun davon ab, wie die Gesprächspartner reagieren würden. Zuletzt fanden Gespräche zwischen den USA, der Nato und Russland in Genf und Brüssel statt.

Carpenter erklärte, man müsse sich auf die Möglichkeit einer Eskalation vorbereiten. Die Kriegstrommeln seien laut hörbar, die Rhetorik schrill. Auch Rau gab am Donnerstag zu, es sei "schwierig, von Durchbrüchen zu sprechen". Manche der 57 OSZE-Staaten begnügten sich mit einem Statement, statt an einer Debatte teilzunehmen, kritisierte der OSZE-Vorsitzende.

Falls die Gespräche mit dem Westen über Sicherheitsgarantien für Moskau scheitern, wäre auch eine Ausdehnung des Konflikts möglich. Russlands Vize-Außenminister Sergej Rjabkow wollte jedenfalls am Donnerstag eine künftige Truppenstationierung auf Kuba und in Venezuela nicht ausschließen. (vos, 13.1.2022)