Der erwartbare Verwaltungsaufwand der Impfpflicht ist enorm – wie man diesen senken kann, ist momentan Gegenstand von Verhandlungen.

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Die Verwaltungsbehörden ächzen jetzt schon, wenn sie daran denken, was mit der Impfpflicht auf sie zukommt. Das betrifft die Bezirksbehörden, die pro Bundesland wohl dutzende neue Stellen brauchen, bis zu den Landesverwaltungsgerichten, die mit abertausenden Einsprüchen zurechtkommen müssen. Die Regierung ist derweil mitten in der Überarbeitung des Gesetzesentwurfs, so könnten sich bis kommende Woche noch entscheidende Passagen ändern – auch, was den Vollzug betrifft.

Hinter diesen Sorgen, die die betroffenen Stellen momentan in Stellungnahmen, in Pressestatements und in Interviews äußern, steht freilich eine Frage: die nach dem Geld. Wer soll das bezahlen? Die kurze Antwort darauf lautet: in erster Linie die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen. Die lange Antwort ist ein wenig komplizierter.

1,8 Millionen Strafen erwartet

Doch erst ein Überblick über die Problemlage. Sollte die Impfpflicht in der Form, wie sie momentan geplant ist, kommen, so würden die Bezirksverwaltungsbehörden – also Bezirkshauptmannschaften (BHs) und in Statutarstädten die Magistrate – etwaige Strafverfahren einleiten. Da tragen die Länder, in Statutarstädten die Gemeinden, den Mehraufwand. Dass der entstehen wird, ist klar: Die Regierung rechnet damit, dass im Jahr 2022 1,8 Millionen Strafverfügungen ausgestellt werden und es dann nach Einsprüchen zu 1,4 Millionen Verwaltungsstrafverfahren kommt. Die müssen dann ebenfalls die BHs und Magistrate abarbeiten, in weiterer Folge gehen sie zu den Landesverwaltungsgerichten. Dort, so rechnet die Regierung, würden etwa 100.000 Fälle aufschlagen.

Nur eines von vielen Beispielen ist die Steiermark. Das Land Steiermark rechnete in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf vor: Allein für die Versendung von Strafverfügungen per RSb fallen pro Durchgang bis zu 1,3 Millionen Euro an – ohne Kosten für Papier, Kuverts oder Personal. Der Städtebund fragte in den Statutarstädten, mit welchen Kosten man dort rechnet. So gehe zum Beispiel die Stadt Graz davon aus, dass jährlich 100 Mal mehr Straferkenntnisse zu erlassen wären als momentan, in Linz gehe man von zusätzlichen Personalkosten von 1,4 Millionen Euro jährlich aus, in Wien gar von über 30 Millionen Euro an Sach-, Personal- und Portokosten.

Behörden schon jetzt überlastet

All das fällt in eine Zeit, in der die Bezirksverwaltungsbehörden ohnehin bereits viel zu tun haben: Sie sind es auch, die das Contact-Tracing übernehmen. "Da hat man schon gewaltig Personal hin- und herschieben müssen", sagt Verwaltungsrechtsexperte Peter Bußjäger. Und, mit Blick auf die Impfpflicht: "Es ist klar, dass die Strafabteilungen das nicht meistern können." In den Ländern geht man davon aus, dass der Bund diese Mehrkosten tragen werde, wie etwa Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) kürzlich ausrichten ließ. In der Praxis würde man sich das im Rahmen des Finanzausgleichs ausmachen müssen, sagt Bußjäger.

So oder so seien es in erster Linie Steuerzahler und Steuerzahlerinnen, die für die Verfahrenskosten in die Tasche greifen müssten. Denn: Selbst wenn eine ungeimpfte Person, die gestraft wird, Einspruch erhebt und das Verfahren verliert, zahle diese nur einen Bruchteil der anfallenden Kosten. Laut Bußjäger sind das in erster Instanz zehn Prozent der Verfahrenskosten, in zweiter Instanz 20 Prozent. Wobei dabei als Grundlage der Einfachheit halber die Strafhöhe herangezogen werde, "die faktischen Verfahrenskosten sind viel höher", sagt Bußjäger. Allerdings fließen auch die Strafgelder an die Länder. Im Falle der Impfpflicht werden diese Gelder zweckgewidmet an Krankenhäuser gehen, die gehören in der Regel wiederum den Bundesländern.

Keine Lösung in Sicht

Der Entwurf des Impfpflichtgesetzes ist noch nicht in Stein gemeißelt, die finale Version steht noch aus. Möglicherweise wird erst am Wochenende der Entwurf vorliegen, der am Montag im Gesundheitsausschuss debattiert werden soll, hieß es am Donnerstag aus der Koalition. Geht es nach FPÖ-Chef Herbert Kickl, so soll im Nationalrat, wo das Gesetz nächste Woche beschlossen werden könnte, im Geheimen abgestimmt werden. Das gilt allerdings als unwahrscheinlich.

Die Klubobfrau der Grünen, Sigrid Maurer, sagte am Donnerstag jedenfalls, man werde sich anschauen, wie man den Aufwand verringern könnte. Verfassungsjurist Bußjäger meint dazu aber: Was das angeht, werde man nicht mehr allzu viel ändern können: "Das System der automatisierten Strafverfügung ist schon das niedrigste Level, einfacher geht es nicht."

Was die Regierung allerdings machen kann, ist, die Intervalle, in denen die Strafen verhängt werden, zu verlängern. Dem STANDARD liegt ein geänderter Entwurf vor, in dem die Rede von sechs statt wie bisher drei Monaten ist – allerdings ist auch das, wie so vieles, momentan noch Gegenstand von Verhandlungen. (Gabriele Scherndl, Jakob Pflügl, 13.1.2022)