350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen ab Juni im neuen ORF-Newsroom gemeinsam in TV, Radio, online und über Social Media informieren.

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"Evolution statt Revolution, weil wir uns derzeit nicht schneller bewegen dürfen": ORF-General Roland Weißmann.

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Mehr jüngeres Publikum unter 30 hat sich der neue ORF-General Roland Weißmann in seinem ersten Jahr vorgenommen. Im März will er seinem Stiftungsrat neue Strategien für Social Media und Youtube vorlegen – die er in seinem ersten Pressegespräch noch nicht näher erläutern will.

Gut möglich, dass die private Konkurrenz von Verlegern und Sendern ihm da mit einer Beschwerde, etwa bei der Medienbehörde, dazwischenkommt: Die 2021 gestartete ZiB Tiktok für die Kurzvideoplattform mit derzeit rund 200.000 Followern ist den Privaten ein Dorn im Auge. Ein Verfahren kann sich über Jahre ziehen.

"Wir dürfen uns derzeit nicht schneller bewegen"

"Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben", kommentiert Weißmann solche potenziellen Komplikationen. Er sei "in sehr guten, konstruktiven" Gesprächen mit den privaten Medienunternehmern. Nicht zuletzt über eine Digitalnovelle für den ORF, von der sich Weißmann mehr Möglichkeiten für reine Streamingangebote und auf Social Media erhofft. "Wir wollen dürfen, was auch ARD, ZDF, SRG und BBC dürfen", sagt Weißmann.

Sportstreaming aus Peking

Mit den bisherigen rechtlichen Möglichkeiten startet der ORF zu den Olympischen Spielen in Peking im Februar einen digitalen Sportkanal (Sportscreen) auf orf.at. Die Vorhut der Streamingplattform ORF On (Arbeitstitel ORF-Player) wird – wie Newsvideos dort – eine Videoleiste, etwa mit morgendlichen Kurzfassungen der Highlights der vergangenen Nacht. "Wir dürfen uns derzeit nicht schneller bewegen", verweist Weißmann aufs Gesetz.

Das Radiomodul "Sound" (mit Audiospuren auch von ZiB 2 und Report) und – wenn sich die Wettbewerbsbehörde nicht noch querlegt – die Kultur/Wissenschaft/Religions-Plattform "Topos" sollen jedenfalls heuer starten.

Letztes Wort im Newsroom

Im Juni sollen 350 Redakteurinnen und Redakteure von TV, Radio und Online in den neuen ORF-Newsroom einziehen. Drei Chefredakteure für TV, Radio und Online sollen ihn gemeinsam führen. Sie sind laut ORF-Regularien weisungsfrei, aber fachlich und disziplinär dem ORF-Chef unterstellt. Der Entwurf für die neue Struktur sieht vor, dass der General die sachliche Hoheit in einem Board teilt, das letzte Wort hat auch dort der ORF-Chef.

ORF-1-Vorabend "Inventur" macht die neue ORF-Führung gerade im TV-Programm, alle Sendeflächen würden überprüft. Vor allem der Vorabend von ORF 1 soll bis April überarbeitet werden, das Quiz Q1 und die Durchschaltung der ZiB sollen bleiben.

Klima-Show für ORF 1. Mittwoch nach 21 Uhr versucht ORF 1 ein neues "showiges" Format über Umwelt und Klima.

"Starmania goes Helene Fischer" – so erklärt Roland Weißmann die Erweiterung der Gesangszone beim ORF-Castingformat "Starmania" ab März. Die Show werde "musikalisch breiter" bis zum "modernen Schlager". Weißmann kündigt auch "mehr Fokus auf teilnehmende Persönlichkeiten", die Jury werde "komplett ausgetauscht", aber noch nicht genannt. Die Show werde der ORF wieder "auf Tiktok begleiten, das hat beim letzten Mal sensationell funktioniert".

"Freitag Peter Klien einschalten" verweist der neue ORF-General auf das Comeback der Late Night "Gute Nacht Österreich" heute um 23.00 Uhr nach "Was gibt es Neues?".

MA 2412. Im Dezember reanimiert Harald Sicheritz für drei Specials die Beamtensoap MA 2412, Alfred Dorfer und Roland Düringer sind in Pension.

"Biester" soll, wie berichtet, den Serien-Platz der "Vorstadtweiber" übernehmen, Uli Bree schreibt schon daran.

Big Little Lies. Die MR Film produziert für den ORF nach dem Vorbild von Big Little Lies acht Folgen Tage, die es nicht gab. Mischa Zickler schreibt die Bücher für die Serie mit Franziska Weisz, Diana Amft, Jasmin Gerat, Franziska Hackl, Sissy Höfferer, Andreas Lust, Richard Kavanian, Jutta Speidel, Wanja Mues, Stefan Pohl, Tobias Resch, Harald Krassnitzer,

Österreich-Geschichte. Für Streaming und ORF 3 arbeitet Andreas Pfeifer in 40 Folgen Österreichs Geschichte in Via Austriae auf. Eser Akbaba soll ein Format für den ORF-Player entwickeln.

Universum. Eine "Universum"-Premiere pro Monat verspricht Weißmann für ORF 2.

Landvermessung. Eine "große audiovisuelle, kulturelle Landvermessung" durch alle Bundesländer in zehn Folgen von "Das weite Land" kündigt der neue ORF-General als "Heimatbewusstsein ohne Nationalismus" an.

Starnacht auch am Neusiedlersee und "Aufsteirern" in Graz steht ebenfalls ins Haus, Oper und Operette aus St. Margareten und Mörbisch dienen als Beispiele bundesweiter Programme der Landesstudios.

Sport. Und wird der ORF noch die übernächste Fußball-WM nach Katar noch zeigen können – Servus TV kaufte ja in den vergangenen Monaten Premiumrechte in Bausch und Bogen? Weißmann zeigt sich "optimistisch", es werde aber immer schwieriger, große Sportrechte zu finanzieren.

Und die GIS?

Wie viel die GIS-Erhöhung voraussichtlich ab März einspielt, will Weißmann nicht beziffern (hochgerechnet müssten es heuer gut 40 Millionen sein). Gebührenpflicht auch für Streaming hat für Weißmann "hohe prioritäre Aufmerksamkeit" – aber auch dafür braucht er eine Gesetzesänderung.

Parallel zur höheren GIS müsse der ORF die nächsten fünf Jahre aber 200 Millionen einsparen, betont er im ersten Pressegespräch als ORF-General. (Harald Fidler, 14.1.2022)