Das Schürfen von Bitcoins in der Mining-Industrie frisst Unmengen an Strom, zudem fällt viel Elektroschrott an.

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Ob ein Segen oder doch ein Fluch – das Thema Bitcoin spaltet weiterhin die Gemüter. Eines dürfte aber wohl außer Frage stehen: Für die Umwelt ist die älteste Kryptowährung kein Heilsbringer – und mit zunehmender Popularität mehren sich auch die Probleme. Einerseits sorgt der enorm hohe Energieverbrauch des Bitcoin-Netzwerks für entsprechende Emissionen des Treibhausgases CO2. Zudem fallen auch immer größere Mengen an Elektroschrott an.

Die Ursache für beide Probleme liegt im sogenannten Mining. Durch Rechenleistung werden neue Bitcoin geschaffen – wobei dafür längst ein Wohnzimmer-PC nicht mehr ausreicht, sondern hochentwickelte Hochleistungsgeräte mit enormen Stromverbräuchen nötig sind. Bis vergangenes Jahr war China das Mekka der Mining-Industrie, allerdings sorgte der hohe Anteil an verstromter Kohle für hohe CO2-Emissionen. Daraufhin wurden die Miner von den Behörden vor die Türe gesetzt. Haben sich danach die Hoffnungen, dass sich mit dem Umzug der Miner auch die Klimabilanz verbessert, erfüllt?

Nicht nachhaltiger

"Die Mining-Industrie ist weg aus China, aber wirklich grüner ist das Netz dadurch nicht geworden", sagt Alfred Taudes, der an der WU Wien das Forschungsinstitut für Kryptoökonomie leitet. "Die Ökonomie spricht dagegen", erklärt er, denn: "Die Mining-Industrie ist getrieben, Orte zu suchen, an denen der Strom am günstigsten ist." Ein großer Teil der Miner hat sich Taudes zufolge etwa in Kasachstan niedergelassen, wo wegen der jüngsten Unruhen zeitweise allerdings das Internet abgeschaltet wurde.

Geringe Energiekosten bedeuten auch nicht zwingend weniger CO2-Ausstoß. So kommt es, dass das Bitcoin-Netzwerk laut einer Studie der Universität von Cambridge und der Internationalen Energieagentur jährlich mit rund 141 Terawattstunden etwa so viel Strom verbraucht wie die Niederlande mit mehr als 17 Millionen Einwohnern. Andere Erhebungen kommen für Bitcoin auf einen noch höheren Strombedarf.

Wohl bringt Taudes Versuche ins Spiel, klimafreundlichen Strom zu nutzen – etwa vulkanische Geothermie in El Salvador, wo eine eigene Bitcoin-Stadt entstehen soll. Oder Versuche, die hohe Abwärme der Mining-Anlagen zu Heizzwecken zu nutzen. Unter dem Strich hätten sich solche Ansätze nur als "Umweltplacebo" erwiesen, sagt Taudes. Das Hauptproblem: Die Mining-Farmen benötigen ständig Strom, weshalb Photovoltaik und Windstrom wegen der schwankenden Erzeugung nur bedingt geeignet sind.

Könnte eine CO2-Bepreisung die Lösung sein? Laut der Informationsplattform digiconomist.net verbraucht eine einzige Transaktion mit Bitcoin so viel Strom wie ein durchschnittlicher US-Haushalt in 77 Tagen und sorgt für den Ausstoß von etwas mehr als einer Tonne Kohlendioxid.

30 Euro pro Transaktion

Zum Vergleich: Ab der Jahresmitte wird in Österreich eine Tonne CO2 mit 30 Euro bepreist – um etwa so viel müsste anhand dessen eine Bitcoin-Transaktion teurer werden.

Taudes ist von dieser Überlegung nicht überzeugt. Andere Währungen oder Zahlungssysteme seien schließlich auch nicht davon erfasst. Die Handelsplattform Bitpanda wollte sich auf Anfrage nicht zu dem Thema Bitcoin und CO2-Preis äußern.

Zudem weist WU-Experte Taudes auf ein weiteres Problem des Bitcoin-Netzwerks im Bereich des Umweltschutzes hin – nämlich auf den rapid wachsenden Anfall von Elektroschrott. Um beim Schürfen neuer Bitcoin mitspielen zu können, müssen Miner ihre Anlagen auf dem letzten Stand halten, also regelmäßig durch leistungsstärkere oder energieeffizientere Geräte ersetzen. Laut digiconomist.net fallen dadurch 28.770 Tonnen an Elektroschrott an, das ist so viel IT-Abfall, wie die Niederlande in einem Jahr erzeugen. Oder anders ausgedrückt: Pro Bitcoin-Transaktion fallen umgerechnet 320 Gramm Elektronikabfall an, das entspricht fast dem Gewicht von zwei iPhones.

Steigende Zinsen

Unterdessen bleibt nach den jüngsten Kursrückgängen von Bitcoin die Stimmung am Kryptomarkt angespannt. Die Gefahr, erneut unter die psychologisch wichtige Marke von 40.000 Dollar zu rutschen, ist noch nicht vom Tisch. Als Ursache für die derzeitige Bitcoin-Schwäche gilt die Aussicht auf steigende Zinsen in den USA. Für WU-Experte Taudes steht jedoch mangels Erfahrungswerten noch gar nicht fest, wie Kryptowährungen auf steigende Zinsen reagieren. (Alexander Hahn, 16.1.2022)