Der neue Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sieht in der Abschaffung der Kapitalertragssteuer auf Wertpapiere einen wichtigen Schwerpunkt im Jahr 2022.

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Eine alte Forderung der Finanzwirtschaft könnte noch heuer in Erfüllung gehen: die Abschaffung der Kapitalertragssteuer auf Wertpapiere nach einer bestimmten Frist. Im Interview mit dem "Trend" meinte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP): "Ja, das ist ein ganz wichtiger Schwerpunkt für dieses Jahr. Eine steuerliche Entlastung für Investitionen in die eigene Vorsorge muss und wird kommen – und zwar mit einer Behaltefrist für Wertpapiere, um reiner Spekulation vorzubeugen."

Wann es mit dem Ende der Wertpapier-Kapitalertragssteuer konkret so weit sein werde, sei "Gegenstand von Verhandlungen mit dem Koalitionspartner", sagte der Minister zum "Trend". Als konkrete Ansage, dass diese Steuer noch heuer fällt, wollte der Minister seine Aussagen nicht verstanden haben, wie es heute aus seinem Büro zur APA hieß.

Auch die Grünen äußern sich auf Anfrage des STANDARD eher verhalten. Mit der ökosozialen Steuerreform sei der Großteil der Steuerpläne im Regierungsprogramm bereits auf den Weg gebracht worden. Abgesehen davon sei es das Ziel, alle weiteren steuerlichen Maßnahmen umzusetzen, die im Regierungsprogramm festgeschrieben wurden. Dazu zählt auch die Abschaffung der Kapitalertragssteuer auf Wertpapiere. Konkrete Gespräche gebe es allerdings noch nicht.

2012 abgeschafft

Die Behaltefrist war bis 2012 geltende Rechtslage. Gewinne aus dem privaten Verkauf von Aktien oder anderen Wertpapieren wurden nur dann besteuert, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Anschaffung wieder verkauft wurden. Wer seine Aktien länger behielt, musste dagegen keine Abgaben zahlen. Mit einer grundlegenden Steuerreform im Jahr 2012 änderte sich das. Seither werden alle Kursgewinne genauso wie Zinsen und Dividenden mit der Kapitalertragssteuer (KESt) von 27,5 Prozent belastet – unabhängig davon, wie lang man die Wertpapiere behält.

Im türkis-grünen Regierungsprogramm ist nun die Rückkehr zur alten Rechtslage vorgesehen. Ziel sei die "Teilhabe am Kapitalmarkt" sowie die "private Altersvorsorge". Aktuell lägen rund 40 Prozent des Sparvermögens der Österreicherinnen und Österreicher auf Konten oder Sparbüchern. Angesichts des Niedrigzinsumfeldes sei das eine schleichende Geldentwertung, so die Argumentation im Finanzministerium. Österreich liege bei Kapitaleinkünften im Alterseinkommen zudem unter dem OECD-Durchschnitt.

Kritik von SPÖ

Zuletzt hatten vor allem die Wirtschaftskammer, die Wiener Börse und die Industriellenvereinigung Schwung in die Debatte gebracht. Für die SPÖ, die die Behaltefrist unter Kanzler Werner Faymann abschaffte, kommt deren Comeback jedenfalls nicht infrage. Sie kündigte am Donnerstag massiven Widerstand gegen die Pläne an, "Gewinne aus Spekulationsgeschäften steuerfrei zu stellen".

"Die ÖVP hat überhaupt keinen Genierer mehr in ihrer Politik für die Reichen und Superreichen", so SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer. Die "Schieflage im Steuersystem" würde mit der Abschaffung noch größer werden, sagte Krainer. "Schon jetzt tragen Konzerne und Reiche sehr wenig zur Finanzierung der Staatsaufgaben bei", betonte er in einer Aussendung. (APA, japf, 14.1.2022)