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Briefmarken wie die der Rolling Stones anlässlich ihres 60-jährigen Jubiläums wären ein mögliches Sammlerobjekt.

Foto: Reuters / Royal Mail

Die Nanosau, derzeit in ihrer Omikron-Variante unterwegs, ist unternehmungslustig wie selten zuvor und fährt wie ein Wirbelwind durch die Lande. Für Leute wie mich, die nicht scharf darauf sind, sich durchseuchen zu lassen, also wieder einmal die optimale Zeit zur dosierten Selbstkasernierung und für Überlegungen, womit man sich denn dieses Mal die Zeit vertreiben könnte.

Lesen, Musik hören, Serien sehen, kochen, Gewächse ziehen oder die Zimmerdecke besichtigen: habe ich alles seit den letzten paar Lockdowns schon durch. Am besten wäre natürlich, man besäße eine Sammelleidenschaft, eine Obsession für irgendwelche Objekte, die der Geist den ganzen Tag hindurch unermüdlich umkreisen kann. Da käme natürlich keine Corona-Langeweile auf.

Verwegenes Hobby

Anders als zum Beispiel türkise Ministerinnen, die leidenschaftlich Textpassagen sammeln, um sie in ihre nächste wissenschaftliche Arbeit einzubringen, habe ich aber noch kein geeignetes Objekt der Begierde gefunden. Die Oldtimer- oder Traktorensammlung im Hangar übersteigt das finanzielle Pouvoir.

Für Sammelklassiker wie Marken, Münzen oder Schmetterlinge kann ich mich leider nicht erwärmen, wobei es Schmetterling praktisch eh keine mehr gibt, was das Sammeln beträchtlich erschwert. Und beim Datensammeln sind Google, Amazon und Facebook uneinholbar voraus, das dämpft jeden sportlichen Ehrgeiz.

Daneben gäbe es Extravaganteres. In Stifters Nachsommer sammeln der biedersinnige Romanheld Heinrich sowie ein gewisser Freiherr von Riesach Tischplatten, eine Objektwahl, die Stifters Dichterkollegen Arno Schmidt zu galligem Spott provoziert hat: "Nun hätten wir sie also zusammen: einen ganzen Hofstaat peinlich geputzter, verständiger und ehrbarer Tischplattensammler."

Auch in Frankreich treiben sich allerlei Sammelexzentriker herum. Dort gibt es die Wörter "Légufrulabélophilie"(für das Sammeln von Etiketten auf Früchten und Gemüsen), "Tyrosémiophilie"(Käseetiketten als Sammelobjekt) sowie die "Microtyrosémiophilie", bei der sich die Lust des Collectionneurs auf Verpackungen von Käse in Kleinportionen richtet: "Tausche Originalverpackung von La-vache-qui-rit-Aperitifkäse mit Schinkengeschmack gegen eine der Sorte Tomaten". Klingt nach einem verdammt verwegenen Hobby und wäre sicher einen Versuch wert. (Christoph Winder, 17.1.2022)