Vor allem in Österreich und Deutschland ist die Bahnfahrt oft günstiger, in Frankreich und Benelux oft schneller als ein Flug. Beim CO2-Ausstoß hat der Zug immer weit die Nase vorn.

Foto: imago/Aviation-Stock/Markus Mainka

Allein am Begriff "Kurzstreckenflug" erkennt man deutlich, wie massiv sich unsere Mobilität in den vergangenen hundert Jahren verändert hat. War davor eine Tagesreise um die 40, 50 Kilometer lang, gelten heute 1.500 Kilometer als Kurzstrecke, wenn man sie fliegend zurücklegt. Zumindest wenn man die Fluggästeverordnung der EU als Maßstab hernimmt.

Bei Austrian Airlines hält man sich lieber an die Definition des deutschen Statistischen Bundesamtes – Kurzstrecken sind demnach Flugdistanzen von 1.000 Kilometer. Doch selbst dann gilt laut Austrian Airlines: "Wie der Flugverkehr im Allgemeinen hat auch das Angebot auf der Kurzstrecke in den letzten zehn Jahren zugenommen – nur punktuell ist das Angebot stabil geblieben oder war rückläufig, zum Beispiel zu Beginn der Pandemie."

Auf der Schiene schaut die Definition der Kurzstrecke sowieso ganz anders aus. Bis 2013 gab es etwa das Kurzstreckenticket der Wiener Linien. Ein Fahrschein dafür kostete damals einen Euro – also so viel, wie man heute pro Tag bei Erwerb eines Jahrestickets zahlt. Die Kurzstrecke war für bestimmte Abschnitte fix vorgegeben. In Linz gibt es nach wie vor eine Kurzstrecke, die einen Abschnitt von vier Stationen umfasst.

Der Vergleich

Kurzum: Ein Vergleich von Zug- und Flugverkehr ist nicht ganz einfach, allein schon deshalb, weil beiden Verkehrsmitteln ganz unterschiedliche Parameter zugrunde liegen. Nur in einem Bereich lässt er sich klar ziehen: bei der Belastung fürs Klima. Vergleicht man den CO2-Ausstoß eines Kurzstreckenflugs mit der entsprechenden Zugreise, dann machen die Emissionen auf der Schiene immer nur rund 20 Prozent jener des Flugzeuges aus.

Um diesen theoretischen Wert mit realen Daten in Verbindungen zu bringen, berechnete das Datenjournalismusteam des STANDARD für jeden Flug den CO2-Ausstoß aller Passagiere pro Jahr. Das Datenmaterial dafür stammt aus einer Studie des in Italien beheimateten Thinktanks OBC Transeuropa. Dann setzten die Datenjournalisten die Fluggäste sinnbildlich in den Zug und ermittelten den damit verbundenen gesamten CO2-Ausstoß pro Strecke und Jahr. Auf diese Weise kann simplifiziert dargestellt werden, wie viel CO2-Emissionen bei einem Umstieg von der Flugstrecke auf die Bahnverbindung eingespart werden könnten.

Das Umweltbundesamt errechnete, dass Inlandsflüge in Österreich pro Personenkilometer sogar rund 50-mal mehr klimaschädliche Emissionen verursachen als die Bahn. Wie man es also dreht und wendet: Aus ökologischer Sicht schneidet der Flugverkehr immer schlechter ab.

"Die Luftfahrtindustrie ist eine der klimaschädlichsten Branchen der Welt. In den letzten Jahrzehnten war der Luftverkehr die am schnellsten wachsende Quelle von Treibhausgasemissionen in Europa, und die Branche plant, bis 2024 wieder auf den Stand von vor Corona zu kommen und den Flugverkehr bis 2037 weltweit zu verdoppeln", erklärt man bei Greenpeace. Die NGO fordert, dass Inlands- und Kurzstreckenflüge verboten werden, wenn es eine Bahnalternative mit weniger als sechs Stunden Reisezeit gibt. Dazu sollten zusätzliche Investitionen in die Bahn fließen und bessere Direkt- und Nachtzugverbindungen zwischen den Metropolen geschaffen werden.

"81 Millionen europäischen Fluggästen stehen Zugverbindungen unter sechs Stunden zur Verfügung", hat Greenpeace erhoben. Das betrifft 34 Prozent der 150 nach Passagieraufkommen wichtigsten Flugstrecken innerhalb der EU respektive 14 der 30 meistgenutzten Strecken innerhalb der EU, "darunter die drei beliebtesten Strecken Paris–Toulouse, Paris–Nizza und Athen–Thessaloniki".

Flugverkehr steuerlich begünstigt

Wenig überraschend ist bei diesem Thema auch die Sicht des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) eindeutig und sehr kritisch: "32 Prozent der Fluggäste, die im Jahr 2019 von Wien ihr Endziel anflogen, hatten einen Kurzstreckenflug von weniger als 800 Kilometer. Die Flugkonzerne zahlen für den Flugtreibstoff Kerosin keine Mineralölsteuer." Demnach wurde der Flugverkehr im Jahr 2019 allein in Österreich mit rund 560 Millionen Euro steuerlich begünstigt, errechnete der VCÖ und fordert, die Flugticketabgabe in Österreich deutlich zu erhöhen, bis eine europaweite Kerosinsteuer kommt.

Das passiere zum Teil auch schon, heißt es aus dem Umweltministerium: "Wir haben bereits Maßnahmen für mehr Kostentransparenz umgesetzt. Das betrifft die Erhöhung der Flugticketabgabe auf zwölf Euro und die Einführung der neuen Kategorie der Ultrakurzstrecke mit 35 Euro. Ein weiteres wichtiges Projekt ist die Einführung der verpflichtenden Weitergabe von Steuern und Gebühren bei Flugtickets."

Mehr als 1,1 Milliarden Liter Kerosin wurden 2019 in Österreich getankt. So viel wie noch nie. Infolgedessen stiegen die CO2-Emissionen um rund 14 Prozent. "Insgesamt machten rund fünf Millionen Fluggäste einen Kurzstreckenflug. Davon hatten rund 638.000 Passagiere eine Flugdistanz von weniger als 400 Kilometer an ihr endgültiges Reiseziel", fand der VCÖ heraus. "Weitere 1,54 Millionen Passagiere flogen ein Ziel an, das nur zwischen 400 und 600 Kilometer von Wien entfernt ist."

Zug um Zug

Doch gibt es überhaupt brauchbare Zugverbindungen von den heimischen Städten mit den vier größten Flughäfen Österreichs?

Noch hält sich das Gefühl, dass die meisten Destinationen per Zug nur mühsam und langwierig zu erreichen wären. Die Datenjournalisten des STANDARD haben deshalb auf Basis der Interrail-Map eruiert, welche Bahnhöfe man beispielhaft am Reisetag 14. Jänner 2022 ohne Umsteigen in sechs Zugstunden von Wien, Salzburg, Graz und Innsbruck aus erreichen kann.

Dabei fallen vor allem zwei Details auf: Die West- und die Südbahn. Mit Ersterer kann man von Wien aus das rund 700 Kilometer entfernte Fulda in fünf Stunden und 40 Minuten erreichen. Umgekehrt gelangt man aber in sechs Stunden von Graz nicht einmal ins rund 300 Kilometer entfernte Triest, sondern nur bis in den ehemaligen Arbeitervorort Opicina. Warum man die Reise dennoch mit dem Zug antreten kann? Er fährt eben exakt nach sechs Stunden und 14 Minuten am Bahnhof Triest ein – also nur einige Minuten später als innerhalb der von uns gewählten Begrenzung von sechs Stunden. Am Wochenende wären es dann gar nur vier Minuten.

Grafik: DER STANDARD/Mapbox/OpenStreetMap
Grafik: DER STANDARD/Mapbox/OpenStreetMap

Um die Unterschiede in der Bahnanbindung deutlicher zu machen, haben die Datenjournalisten einen Kunstgriff angewendet. Sie haben alle Bahnkilometer der Hauptrouten, die sie für eine Stadt ermittelt haben, zusammengezählt. Dabei kommt heraus, dass Wien ein Sechs-Stunden-Bahnnetz von 4641 Kilometer hat, Salzburg von 3241 Kilometer, Innsbruck von 2416 und Graz von 2327 Kilometer.

Grafik: DER STANDARD/Mapbox/OpenStreetMap
Grafik: DER STANDARD/Mapbox/OpenStreetMap

Vergleich der Reisedauer

Umfangreich ist auch das Datenmaterial, das in die Grafik der Kurzstreckenflüge in Europa eingeflossen ist. Hier wird nicht nur der CO2-Ausstoß verglichen, sondern es werden auch die Preise und die Reisedauer zwischen 58 Verbindungen in Europa zueinander in Relation gesetzt. Die Reise Salzburg–Frankfurt sticht dabei heraus. Sie hat das schlechteste Verhältnis, wenn man die Reisedauer der Bahn mit jener eines Kurzstreckenflugs vergleicht.

Miteinberechnet wurde neben dem Flug auch die Fahrt aus dem Stadtzentrum zum Flughafen, dazu wurden 90 Minuten für das Boarding und Aussteigen einkalkuliert. Dennoch ist man auf dieser Strecke mit dem Flugzeug fast doppelt so schnell wie mit der Bahn. Ebenfalls deutlich schneller ist man mit dem Flugzeug, wenn man von Graz nach München reist oder von Madrid nach Vigo. Umgekehrt hat der Zug die Nase deutlich vorn, will man von Paris nach Bordeaux, Lyon oder Nantes.

Vergleicht man die Preise – das Datenteam des STANDARD nahm dafür den 1. März 2022 als Beispiel –, fällt die enorme Auswirkung der Billigfluglinien auf. So kostet in unserem Vergleich das Zugticket für die Reise von Mailand nach Neapel rund das Zehnfache des Flugtickets, umgekehrt fährt man von Wien nach Graz eindeutig billiger mit dem Zug. Überhaupt tut sich bei den Inlandsflügen langsam etwas.

"In den vergangenen Jahren wurden die Inlandsflüge von Wien nach Linz und Salzburg aufgrund der verbesserten Zugverbindung mit den ÖBB im Rahmen des AIRail-Produkts eingestellt", erklärt man bei Austrian Airlines. "Das 'Zug zum Flug'-Angebot soll weiter ausgebaut werden, vor allem wenn durch eine verbesserte Bahninfrastruktur – Stichwort Semmering-Basis- und Koralmtunnel – Graz beziehungsweise Klagenfurt in deutlich unter drei Stunden mit der Bahn an den Flughafen Wien angebunden sind." Damit wäre ein Ziel für die Zukunft definiert, nämlich die Kurzstrecke auf der Schiene zu erweitern. (Text: Guido Gluschitsch, Daten und Produktion: Robin Kohrs, Daniela Yeoh, Moritz Leidinger, 15.1.2022)