Nimmt man unser Heimatsystem als Maßstab, dann müsste es in der Milchstraße vor Monden nur so wimmeln – immerhin kreisen allein um die Planeten und Zwergplaneten des Sonnensystems insgesamt über 200 natürliche Satelliten. Dennoch hat man bei wohlgemerkt beinahe 5.000 bekannten Exoplaneten bisher erst einen einzigen Kandidaten für einen Exomond erspäht. Und selbst dieser bildet gemeinsam mit der Welt, die er umkreist, eher ein Doppelplanetensystem: Das infrage kommende Objekt hat ungefähr die Größe unseres Neptun und befindet sich im Orbit des jupitergroßen Exoplaneten Kepler 1625 b in 8.000 Lichtjahren Entfernung.

Klein geratener Neptun

Nun haben Astronomen einen zweiten Exomondkandidaten aufgespürt, bei dem es sich ebenfalls um einen Riesentrabanten handeln dürfte: Der im Fachjournal "Nature Astronomy" vorgestellte Himmelskörper mit der Bezeichnung Kepler-1708 b-i umkreist wiederum einen Gasriesen von annähernd Jupiterdimensionen und besitzt nach bisherigen Untersuchungen den etwa 2,6-fachen Durchmesser der Erde, gleicht also einem etwas klein geratenen Neptun. Beide Exomond-Kandidaten und ihre Exoplaneten umkreisen ihre jeweiligen Sterne in ziemlich großen Entfernungen.

Monde, so groß wie Planeten: Die beiden Exomond-Kandidaten Kepler 1625 b-i und Kepler-1708 b-i sind bedeutend größer als die Erde.
Illustr.: Columbio University/Dan Durda

"Astronomen haben bisher mehr als 10.000 Kandidaten für Exoplaneten gefunden, aber Exomonde sind eine weitaus größere Herausforderung", sagte David Kipping von der Columbia University, der zusammen mit seinem Kollegen Alex Teachey für die Entdeckung beider Exomond-Kandidaten verantwortlich zeichnet. Dass es sich bei ihnen um Riesen handelt, für die es als Mond in unserem Sonnensystem keine Entsprechung gibt, sei kein Wunder. "Bei solchen Bestandsaufnahmen mit begrenzter Empfindlichkeit sind es immer die Großen, die als Erstes auffallen. Sie sind einfach leichter zu erfassen."

Datenschatz der Kepler-Mission

Entdeckt wurden die beiden potenziellen Exomonde bei der Durchforstung von Daten des mittlerweile ausgedienten Nasa-Weltraumteleskops Kepler. Der bisher erfolgreichste aller Planetenjäger fahndete in seiner Hauptmission nach äußerst schwachen, regelmäßigen Helligkeitseinbrüchen bei zehntausenden Sternen im Sternbild Schwan. Von diesen minimalen vorübergehenden Verfinsterungen lässt sich auf die Existenz von Exoplaneten schließen, die vom Standpunkt der Erde aus bei ihren Umläufen regelmäßig vor der Sternenscheibe vorüberziehen. Die Astronomen sprechen in einem solchen Fall von einem Transit.

Der unglaublichen Empfindlichkeit von Kepler und dem Hubble-Weltraumteleskop ist es zu verdanken, dass Kipping und Teachey in den Lichtkurvendaten von Kepler-1625 b und Kepler-1708 b auf ein sehr schwaches zusätzliches Signal stießen. Vergleichende Untersuchungen von Kepler-Transitmessungen von 70 anderen Exoplaneten ließen die Wissenschafter erkennen, dass sie es hier mit etwas sehr Besonderem zu tun hatten. "Es ist ein hartnäckiges Signal, das einfach nicht weggehen wollte", sagte Kipping.

Video: Ein neuer Exomond-Kandidat wurde entdeckt.
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Oder doch Datenartefakte?

Um einen unbestreitbaren Beweis für die Existenz eines Exomonds handelt es sich dabei freilich nicht, dafür bedarf es noch weiterer Bestätigungen, die womöglich nie kommen werden, wenn es nach der Meinung einiger skeptischer Fachkollegen geht. Diese halten die ominöse Spur nämlich für ein Artefakt der Datenreduktion. Laut einer neuerlichen Analyse sei die Wahrscheinlichkeit dafür allerdings äußerst gering, wie das Team um Kipping und Teachey berichtete. Die Chance, dass das Kepler-1708-b-i-Signal nur ein Artefakt sei, läge demnach bei einem Prozent.

Dennoch bleiben viele Fragen offen: So ist noch unklar, wie ein solches Gespann aus Gasriesen und großem "Gasmond" entstehen könnte. Dass es im Sonnensystem nichts Vergleichbares gibt, lässt darauf schließen, dass hier exotischere Entstehungsprozesse im Gange waren. Möglicherweise, so die Forscher, haben die anfangs kleineren Monde Material und Gas von ihren Wirtsplaneten eingesammelt. Oder aber die Exomonde waren ursprünglich Planeten und wurden erst später von der Gravitation der großen Exoplaneten eingefangen.

Bis sich die Wissenschafter diesen Rätseln widmen können, braucht es aber erst einmal eine solide Bestätigung für die beiden Kandidaten. Die Astronomen hoffen diese durch umfangreiche Nachbeobachtungen mit anderen empfindlichen Instrumenten zu gewinnen. (tberg, 14.1.2022)