Flugzeuge, die eigentlich am Boden bleiben könnten, aber aus wirtschaftlichen Gründen abheben sollen, verärgern nicht nur Österreichs Umweltschutzministerin.

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Während in der Bevölkerung immer öfter die Flugscham grassiert und die Flugbranche hofft, Menschen mit CO2-Kompensation doch zum Einsteigen zu animieren, fliegen monatlich zehntausende Flieger passagierlos quer über den europäischen Kontinent. Es geht darum, die von Slot-Koordinatoren vorgegebenen Quoten einzuhalten, um keine Start- und Landerechte für zukünftige Saisonen zu verlieren.

18.000 Leerflüge werden es bis Ende März allein beim Mutterkonzern der Austrian Airlines, der deutschen Lufthansa, sein. 11.000 davon seien noch ausständig, und man hoffe, sie noch abzuwenden zu können, so das Unternehmen. Für Österreichs Klimaschutzministerin Leonore Gewessler ist dies eine absolut "absurde" Situation. "Sie blasen Unmengen klimaschädliches CO2 in unsere Luft und heizen die Klimakrise weiter an", dabei ließen sich die Emissionen ganz leicht vermeiden, betont Gewessler am Freitag in einer Aussendung.

Gemeinsame Lösung gefordert

"Wir haben in Österreich rasch reagiert und verhindern damit unnötige und klimaschädliche Leerflüge. Diesen Weg können auch andere Staaten gehen", so die grüne Ministerin, die eine Ausnahmeregelung bei "höherer Gewalt" erlaubt. Sie fordert eine Klarstellung seitens der EU-Kommission, dass diese Ausnahmeregelung in ganz Europa gelten könne.

Die in pandemiefreien Zeiten geltende Quote von 80 Prozent wurde für den Winterflugplan auf 50 Prozent abgesenkt, wird durch das verminderte Reiseaufkommen vielerorts aber immer noch nicht erreicht, was die Fluggesellschaften aus ökonomischer Sicht zu den ökologisch sinnlosen Aktion treibt. "Dass täglich leere Flugzeuge völlig sinnlos durch Europa fliegen, ist in Zeiten der Klimakrise kaum zu fassen", ärgert sich Gewessler.

Die EU-Kommission hatte am Donnerstag noch Vorwürfe zurückgewiesen, dass sie mit bürokratischen Vorschriften die Luftfahrtunternehmen zu Geisterflügen zwinge. Die Prüfung unterliege den nationalen Koordinatoren. Ab dem 28. März plant die Kommission jedoch eine erneute Erhöhung der Nutzungsquote auf 64 Prozent. EU-Verkehrskommissarin Adina Vălean hielt noch vergangene Woche die Bestimmungen für ausreichend, um Unternehmen die notwendige Flexibilität zur Vermeidung von Leerflügen zu geben. Der Flugverkehr habe ohnehin schon wieder 77 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreicht, sagte Vălean. Außerdem würden die Regeln Flughäfen, Konsumenten und den Wettbewerb schützen.

Lufthansa selbst beklagte die uneinheitliche Anwendung der Ausnahmeregeln. Sie würde in mehr als 20 Mitgliedsländern gar nicht eingesetzt und in den übrigen sehr unterschiedlich, sagte diese Woche ein Unternehmenssprecher. Das Resultat seien bis zu 100 kommerziell unnötige, kaum besetzte Flüge täglich. Lufthansa fordert für den Rest des Winterflugplans flexible und unbürokratische Ausnahmen bei den Slot-Regeln. (faso, 14.1.2022)