Der Konflikt Novak Djokovic vs. Australien sollte Anlass zum Nachdenken geben.

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Der Fall Novak Djokovic ist vor allem eines: ein gutes Beispiel dafür, wie sehr es zu Corona-Zeiten in der Kommunikation und im Umgang miteinander hapert. Vielen könnte er Anlass dafür geben, sich selbst bei der Nase zu nehmen, Häme und Gehässigkeit hintanzustellen, nicht gleich den ersten Gedanken groß hinauszuposaunen. Oft ist der zweite Gedanke, der einem in den Sinn kommt, besser als der erste, oft der dritte besser als der zweite.

Als das Bundesgericht die Entscheidung der australischen Regierung bestätigte, den weltbesten Tennisspieler und neunmaligen Australian-Open-Sieger auszuweisen, ist ein Match zu Ende gegangen, das sich über mehr als zehn Tage gezogen hatte. Schon am 5. Jänner war Djokovic die Einreise untersagt worden, er war ungeimpft und verfügte laut den Behörden nicht über die erforderlichen Dokumente für eine Ausnahmegenehmigung. Einem Einspruch des Serben wurde stattgegeben, weil den Behörden ein Formalfehler unterlaufen war.

Erst später stellte sich heraus, dass Djokovic bei seiner Einreise falsche Angaben gemacht und sich nach einem positiven Test im Dezember mehrmals maskenlos in Gesellschaft begeben hatte. Damit verlor er selbst in seiner Heimat an Unterstützung und nun auch endgültig die Chance, sich mit einem zehnten Titel in Australien zum alleinigen Grand-Slam-Rekordler aufzuschwingen. Derzeit hält er, wie Rafael Nadal und Roger Federer, bei insgesamt 20 Erfolgen in Australien, Paris, Wimbledon und New York. Man kann seine Enttäuschung verstehen und auch davon ausgehen, dass er nicht aus Jux und Tollerei und des großen Aufsehens wegen um die halbe Welt geflogen ist.

Was sich anbahnte

In Australien hat sich Djokovic eine ausgezeichnete juristische Vertretung leisten können, was ihn von vielen anderen unterscheidet, die an der Einreise gescheitert sind. Das ändert freilich nichts daran, dass Djokovic in dieser Causa von Anfang an schlecht beraten war und gut beraten wäre, sein diesbezügliches Umfeld zu überdenken. Mit der miserablen Beratung stand er freilich nicht allein da.

Auch die Turnierveranstalter, der australische Tennisverband und der Staat Australien sind augenscheinlich blindlings in dieses Match gestolpert, in dem es keinen Sieger geben konnte. Dabei war Djokovics Einstellung zur Corona-Impfung seit Ewigkeiten bekannt. Man fasst es nicht, dass sich die Dinge nicht rechtzeitig regeln ließen. Auf den Gedanken, dass die Reise des Novak Djokovic nach Australien zum Problem werden würde, hätten viele kommen können, kommen müssen. Vielleicht nicht beim ersten, vielleicht auch nicht beim zweiten, aber spätestens beim dritten Mal Nachdenken. (Fritz Neumann, 16.1.2022)