Stimmt die Spannung, ist das Kochen kinderleicht. Nur der Lärm sorgt für einen unangenehmen Beigeschmack am Herd.

Foto: Simlinger

Notstrom in my Wohnhome: Freiluftkochen mit dem Benziner.

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Man enttäuscht als fürsorglicher Vater nur ungern seinen Nachwuchs. Doch der Blick in den Kofferraum des Familienautos gefolgt von dem Satz "Unglaublich, ein Raketenantrieb" verlangte nach einer väterlichen Korrektur. Nein, liebe Kinder, wir fliegen an diesem Donnerstagnachmittag ausnahmsweise nicht in den Weltraum, machen aber etwas nicht minder Tolles. Papa hat sich ein Stromaggregat ausgeborgt, und wir versuchen, heute über einen gewissen Zeitraum die Steckdosen und Lichtschalter im Eigenheim bewusst links liegen zu lassen. Und auf eine autarke Versorgung im Garten zu setzen. Wer in solchen Momenten mit kindlichen Jubelrufen rechnet, der irrt in den meisten Fällen. Vielmehr tun sich da viele Fragen auf: "Kein Fernseher?", "Wie soll ich dann mit meinen Freunden skypen?", "Ein Leben ohne Handy?".

Schwierige Beschaffung

Doch diese familiäre Notsituation war nicht der Ausgangspunkt für den spannungsgeladenen Selbsttest. Pandemiebedingt erlebt der eigentlich längst schon in Vergessenheit geratene Leitsatz vergangener Generationen "Kluger Rat – Notvorrat" eine Reunion. Die Kellerregale werden mit Dosenbrot, dehydrierter Spezialkost und Klopapier gefüllt. Doch was tun, wenn plötzlich der Saft aus ist? Kein Strom mehr in der Dose. Vor wenigen Jahren wurde man beim Gedanken daran schnell in der Panikecke gerückt. Doch die Situation hat sich grundlegend geändert: So kamen etwa vor knapp einem Jahr die europäischen Stromnetze an die Grenze ihrer Belastbarkeit, und der Kontinent stand kurz vor dem Blackout.

Solche Situationen haben ein Umdenken bewirkt, und immer mehr Menschen bauen im Bereich der Energieversorgung auf eine entsprechende Unabhängigkeit. Höchst an der Zeit also, sich zumindest temporär in den richtigen Aggregatzustand zu versetzen. Über ein Leihgerät soll der Einstieg in das stromautarke Leben gelingen. Doch schon der reine Beschaffungsvorgang wird zur ungeahnten Herausforderung. Fünf große Baumärkte in Nieder- und Oberösterreich winken nach einem freundlichen Telefonat ab. Stromaggregate habe man nicht im Verleihsortiment. Zu wenig praktikabel für einen längeren Betrieb, mitunter auch zu gefährlich aufgrund der Benzin- oder Dieselmotoren. Und überhaupt rät ein Baumarktmitarbeiter: "Kommt der Blackout, sind Sie dann der Einzige mit Licht. Das zieht finstere Gestalten an."

"Alles deppensicher"

Bitte, so etwas tut dem Testwillen doch keinen Abbruch. Doch immer noch fehlt es am Gerät. Der örtliche Maschinenring winkt ebenso ab wie das Lagerhaus. Aber auch bei drohender Finsternis gibt es ein Licht am Ende des Tunnels. Die Firma Boels im oberösterreichischen Asten wirbt damit, "alles zu vermieten". Und tatsächlich: Einen kurzen Anruf später ist der Abholtermin fixiert.

51 Zentimeter breit, 60 Kilo schwer, sechs Liter Benzintank, eine maximale Stromabnahme von fünf Ampere. Alles zu einer Tagesmiete von 29,70 Euro. Vollgetankt. Und so auch wieder zurückzugeben. Entscheidet man sich für einen Kauf, muss man etwa 4.000 Euro für das Gerät lockermachen.

Im Preis inbegriffen ist noch eine erste Einschulung im Geschäft des Vertrauens. Das geschulte Verkäuferauge erkennt den Anfänger sofort: "Keine Sorge, das ist deppensicher. Verbrennungsmotor heißt Abgase, heißt Betrieb nur im Freien. Dann ein voller Tank, Benzinhahn aufdrehen, Choker auf Startposition, Einschaltknopf betätigen, einmal den Starterseilzug langsam durchziehen, dann mit 'Schmoiz'. Und den Choker weggeben, wenn’s läuft. Alles klar?" Sowieso. Aber vielleicht nehme ich doch noch die Betriebsanleitung mit.

Wieder daheim, löst sich, parallel zur Suche im Keller nach der alten Kochplatte und dem Kofferradio, die letzte Technikhoffnung der Kinder in Luft auf: Es folgt nämlich der Anruf des netten Mitarbeiters der Verleihfirma samt der eindringlichen Warnung, doch bitte keine "empfindlichen Geräte wie Handys oder Computer" anzuhängen. Dafür sei ein sogenanntes Invertergerät notwendig, welches Wechselstrom in jener Netzqualität bereitstellt, die für empfindliche Geräte nötig ist.

Man akzeptiert, was nicht zu ändern ist. Und flüchtet ins Nostalgische. Tomatensuppe und Chili con Carne aus der Dose. Haben wir früher auf der Italienreise mit den Burschen im roten Toyota Corolla mehr gebraucht? Nein. Drei Wochen lang nicht. Aber mach so etwas einmal den eigenen Kindern klar.

Gewaltiger Lärm

Das Starten der wundersamen Strommaschine erfolgt problemlos. Nur der Lärm ist gewaltig. 98 Dezibel fördern den Kontakt zu den Nachbarn. Zumindest zu jenen, die verärgert aus den Fenstern blicken. Das Radio wird angesteckt – und nichts tut sich. Ein näheres Gerätestudium offenbart einen weiteren Hebel, der in der Betriebsanleitung unter Gashebel verzeichnet ist. Gibt man mehr Stoff, steigt auch die Spannung auf Radioniveau. Und die passende Musik für die Zubereitung des Dosenmenüs folgt. Kochplatte und Aggregat harmonieren auffallend gut, und Suppe sowie Chili sind rasend schnell warm. Auch für die Gartenbeleuchtung reicht der Antrieb. Finstere Gestalten kamen übrigens auch nach gut zwei Stunden keine zur temporären Labstelle.

Aber übersteht man so einen Blackout? Gut, wir würden nicht verhungern, könnten uns musikalisch durch die Dunkelheit tragen lassen und würden wohl wichtige Informationen nicht verpassen. Die lärmgeplagten Nachbarn könnten eventuell im Notfall mit etwas Suppe besänftigt werden, wichtig wäre allerdings im Fall eines längeren Stromausfalls ein entsprechend großer Diesel- oder Benzintank. Angeboten werden am Markt natürlich auch größere und teurere Geräte zwischen 30.000 und 100.000 Euro. Diese können fix in Hausnähe installiert und mittels Umschalten im Zählerkasten aktiviert werden.

Beim österreichischen Zivilschutzverband rät man jedenfalls dazu, sich Gedanken in Richtung mehr Unabhängigkeit zu machen. "Wir wollen keine Unsicherheit, sondern Sicherheit verbreiten. Wir haben eines der sichersten Stromnetze, auch wenn dieses heute europäisch zu sehen ist. Und es gibt daher auch ein gewisses Blackout-Risiko", erläutert Zivilschutzverbandspräsident Andreas Hanger. Es brauche aber stets eine individuelle Lösung. Hanger: "Das kann eine Photovoltaikanlage, ein Holzofen oder eben ein Notstromaggregat sein. In erster Linie geht es uns um eine entsprechende Bewusstseinsbildung."

Ein gutes Gefühl

Der Zivilschutzexperte geht aber davon aus, dass autarke Stromversorgungsmodelle künftig ein fixer Bestandteil in Eigenheimen sein werden. "Sich autark zu machen gibt einem ein Gefühl von Sicherheit. Man muss das positiv besetzen. Wir brauchen einen positiven Spin. Ich habe zum Beispiel eine Photovoltaikanlage auf mein Dach gegeben und habe jetzt ein gutes Gefühl."

Sehr oft müssten aktuell die Mitarbeiter in den Landesorganisationen aufgebrachte Anrufer beruhigen. Hanger: "Wir merken das, wenn zum Beispiel eine Blackout-Übung eines Energieversorgers stattfindet. So etwas löst auch eine Verunsicherung in der Bevölkerung aus. Es ist daher bei uns in der Kommunikation die große Herausforderung: Krisenkommunikation zu betreiben, ohne dabei die Menschen zu verunsichern."

Abseits jeglicher Stromversorgung rät der Zivilschutzverband übrigens zu einer lukullischen Kellerhochrüstung nach einem Zehnpunkteplan. Geraten wird, einen Vorrat für 14 Tage anzuschaffen: etwa 1,5 Liter Trinkwasser pro Tag und Person. Dazu Lebensmittel, die mindestens ein Jahr haltbar sind, Hygieneartikel, etwas Bargeld und eine Hausapotheke. Nicht gelistet sind hingegen Tomatensuppe oder Chili con Carne. Obwohl der Geschmack am Gaumen als Auftakt zum Kopfkino manchen durch schwere Zeiten tragen würde. (Markus Rohrhofer, 17.1.2022)