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Der mexikanische Polizist Alan Galván rappt gegen die Drogenmafia.

Foto: Picturedesk / Torres

Auf der Bühne soll er immer wieder seine Berufskleidung anhaben, sicher ist sicher. Zu der gehört eine schusssichere Weste, und das hat einen Grund: Alan Galván ist Polizist in Mexiko. Und als solcher kämpft er gegen die Drogenkriminalität. Das tut er als Beamter ebenso wie als Rapper. Da nennt er sich Ese Gorrix und rappt über das, was er im Einsatz erlebt. Damit ist Galván auf Youtube eine große Nummer geworden, erfreut sich an einer halben Million Abonnenten seines Kanals und verzeichnet weit über 100 Millionen Aufrufe.

Alan Galván lebt in Mexiko-Stadt und ist 29 Jahre alt. Sein Kopf ist rundherum abrasiert, nur auf dem Dach oben wachsen Haare. Er sieht aus wie tausende andere Rapper. Doch während viele seiner Kollegen die Gangster, die sie wortreich beschreiben, nicht einmal vom Sehen kennen, weiß Galván, was Sache ist. Er rappt über den Drogenkrieg in seiner Heimat, der jedes Jahr tausenden Menschen das Leben kostet, wenn Schmuggler versuchen, ihre Ware auf den größten Absatzmarkt der Welt, in die USA, zu bringen.

Kriegs-Rap nennt man in Mexiko das Genre, und das verdeutlicht, dass es darin nicht nur um TV-kompatible Gangsterposen geht. Galváns Antrieb ist, dass er der Verherrlichung der Drogengangster etwas entgegensetzen möchte.

Tradition des Widerstands

Die Pflege von Outlaw-Mythen hat in Mexiko Tradition. Corridos genannte Balladen sind Teil der "oral history", stammen aus einer Zeit, in der es noch keine Massenmedien gab und sich die Kunde gesungen verbreitete. Populär waren Corridos über Widerständige und Verbrecher, deren Taten verherrlicht wurden. Heute sind es Narcocorridos, Drogenballaden.

Diese haben 2010 sogar das mexikanische Parlament beschäftigt, als es einen Vorstoß gab, sie zu verbieten. Selbst in den USA wenden sich Latinos seit einigen Jahren dieser Musikrichtung zu, tauschen Hip-Hop-Beats gegen Akkordeon, die Tuba und die Akustikgitarre ein. Ese Gorrix nicht, er rappt zurück.

Sogar ein eigenes Label hat er: Es heißt Blindado, gepanzert. Er soll verheiratet sein und zwei Kinder haben, abgesichert ist das nicht. In Mexiko verschwinden Menschen schon wegen geringerer Vergehen gegen die Interessen der Drogenkartelle. 350.000 Menschen sind ihnen in den letzten 15 Jahren zum Opfer gefallen, 100.000 gelten zusätzlich als verschwunden.

Das Motiv für Ese Gorrix’ Kunst ist zugleich das, was ihm am meisten Angst einjagt. (Karl Fluch, 17.1.2022)