Die Juristin Theresa Kamp wirft in ihrem Gastblog einen Blick auf die Eigenheiten des Scheidungsunterhalts.

Oft sind Menschen über die finanziellen Folgen einer Scheidung besorgt. Teilweise sorgt man sich, den oder die (Ex-)Partnerin ein Leben lang finanziell unterstützen zu müssen. Andere befürchten keine oder eine zu geringe Unterstützung vom anderen. Tatsache ist, dass mit einer Scheidung selten eine wirtschaftliche Verbesserung einhergeht – einfach, weil durch eine Scheidung nicht wie durch Zauberhand mehr Geld entsteht, dafür aber plötzlich doppelt so viele Haushalte bedient werden müssen.

Wer Schuld hat, muss zahlen

Anspruch auf angemessenen nachehelichen Unterhalt hat man vor allem dann, wenn der besserverdienende Partner oder die besserverdienende Partnerin "schuldig" geschieden wurde. Das heißt, ein Gericht hat ausgesprochen, dass die andere Person das alleinige oder überwiegende Verschulden am Scheitern der Ehe trifft. Sich nachehelichen Unterhalt zu erstreiten kann langwierig und (emotional) aufwendig sein. Oft ist es schwierig bis kaum möglich, in einem Gerichtsverfahren nachzuweisen, wen die "Schuld" am Ehe-Aus trifft. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung nachehelichen Unterhalt zu vereinbaren.

Was häufig nicht bekannt ist: Selbst einen mühsam erlangten Unterhaltsanspruch kann man unter Umständen nachträglich wieder verlieren. Zum Beispiel dann, wenn sich die unterhaltsberechtigte Person nach der Scheidung (oder zumindest nach der unheilbaren Zerrüttung der Ehe) eine (besonders) schwere Verfehlung gegen den Unterhaltszahler oder die Unterhaltszahlerin zuschulden kommen lässt.

Es muss sich um ein krasses Fehlverhalten handeln, sodass eine weitere Unterhaltsleistung einfach nicht länger zumutbar ist. Infrage kommen zum Beispiel Anzeigen bei Steuerbehörden oder ungerechtfertigte Strafanzeigen gegen den Unterhaltszahler. Wüste Beschimpfungen, Drohungen, Veröffentlichung von Geheimnissen oder körperliche Übergriffe können ebenso zu einer Verwirkung des nachehelichen Unterhalts führen. Wenn es gemeinsame Kinder gibt, kann es ein Unterhaltsverwirkungsgrund sein, böswillig den Kontakt zu den Kindern zu blockieren. Der Unterhaltszahler oder die Unterhaltszahlerin muss ein solches (Fehl-)Verhalten der unterhaltsberechtigten Person beweisen. Wenn das gelingt, ist der Unterhaltsanspruch für immer erloschen.

Anspruch auf Scheidungsunterhalt hat man primär dann, wenn der Partner oder die Partnerin schuld ist am Ehe-Aus. Dieser Anspruch kann aber in bestimmten Fällen ausgesetzt werden.
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Scheidungsunterhalt trotz neuer Partnerschaft?

Geht die unterhaltsberechtigte Person eine neue Lebensgemeinschaft ein, "ruht" der Unterhaltsanspruch – dies im Übrigen auch dann, wenn man sich im Rahmen eines Scheidungsvergleichs auf nachehelichen Unterhalt geeinigt und nicht explizit vereinbart hat, dass auch eine neue Beziehung keinen Einfluss auf den Unterhalt haben soll. Eine Lebensgemeinschaft besteht grundsätzlich, wenn zwei Menschen eine Wirtschafts-, Wohn- und Geschlechtsgemeinschaft haben.

Ein Beispiel: Eine wohlhabende Frau wird verpflichtet, ihrem Ex-Mann nachehelichen Unterhalt zu leisten, weil die Ehe aus ihrem alleinigen Verschulden geschieden wurde. Zieht eine Zeit später die neue Freundin des Mannes bei ihm ein, muss die wohlhabende Ex-Frau so lange keinen Unterhalt zahlen, wie die neue Beziehung dauert. Das heißt, trennen sich der Mann und seine neue Freundin nach zwei Jahren und macht der Ex-Mann seinen Unterhaltsanspruch geltend, muss die Ex-Frau erneut Unterhalt bezahlen.

Anders ist die Situation bei einer Wiederverheiratung der unterhaltsberechtigten Person: Wird zum Beispiel der gutverdienende Ehemann im Rahmen der Scheidung zu Unterhaltszahlungen verdonnert und heiratet die Ex-Frau ein weiteres Mal, erlischt ihr Unterhaltsanspruch zur Gänze und lebt auch nicht mehr auf, wenn sie sich scheiden lassen sollte. Auch hier ist es aber möglich, vertraglich zu vereinbaren, dass der Unterhalt auch im Fall einer Wiederverheiratung nicht erlöschen soll.

Nachdem der nacheheliche Unterhalt nicht nur in streitigen Scheidungsverfahren, sondern eben auch bei einer einvernehmlichen Auflösung der Ehe oft Thema ist, lohnt es sich, bei Scheidungsvereinbarungen auch neue Lebensgemeinschaften oder Eheschließungen mitzubedenken. (Theresa Kamp, 18.1.2022)