Viel Respekt und Anerkennung erfährt Wiens Stadtregierung für das Corona-Management der vergangenen zwei Jahre. Andere Entscheidungen von Rot-Pink werden dagegen von vielen mit Kopfschütteln bewertet – das Festhalten an der Errichtung der Stadtstraße etwa. Welche Schwerpunkte kommen heuer auf die Hauptstadt zu? Und wo muss das Team um Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) aufholen?

  • Gesundheit: Corona und Versorgungszentren

Das Jahr hat gerade erst begonnen, da explodieren schon wieder die täglichen Corona-Infektionszahlen – auch in Wien mit zuletzt 4767 Ansteckungen am Montag. Im Februar soll dann die Impfpflicht starten. Der Bund will sie noch diese Woche beschließen, für die Umsetzung sind die Länder zuständig. Impfangebote gibt es in Wien genügend. Mühsam könnte es bei den Strafen werden: Dafür sind die Bezirksverwaltungsbehörden zuständig. Landessache sind auch die Einsprüche gegen ausgestellte Strafen. Bei Letzteren wird von einer regelrechten Flut ausgegangen.

Corona als Dauerthema – wohl auch das ganze Jahr 2022 über.
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Abseits der Pandemie will die Stadt bis 2025 die Primärversorgungszentren auf 36 Einrichtungen ausbauen. Derzeit gibt es nur fünf in Wien, bei fünf weiteren läuft gerade der Invertragnahmeprozess zwischen den Ärzten und der Gesundheitskasse. Rot-Pink hat sich zudem vorgenommen, 16 neue spezielle medizinische Zentren einzurichten. Von diesen wurden bisher zwei Kindergesundheitszentren und ein Wundzentrum in Betrieb genommen. Das angekündigte Diabeteszentrum ist laut der Stadt in Umsetzung. Weitere Zentren sind Gegenstand von Verhandlungen.

  • Verkehr: Mehr Radwege und eine neue U-Bahn

Selbst im windig-kalten Winter verzichten überzeugte Radfahrer nicht auf den Tritt in die Pedale. Ab heuer stehen laut dem rot-pinken Regierungsprogramm jährlich 20 Millionen Euro mehr als bisher für Radinfrastrukturprojekte zur Verfügung. Einen Ausblick darüber gab Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) vor Weihnachten. Im Fokus stehen Außenbezirke. So werde es in der Donaustadt eine "Großoffensive" fürs Radfahren geben: Gebaut wird ein Radweg auf der Wagramer Straße – von der Kagraner Brücke bis zum Donauzentrum.

Wien wächst immer weiter – kein Wunder, dass gerade Infrastrukturprojekte deshalb im Fokus von Rot-Pink stehen. Etwa die Errichtung der neuen U-Bahn-Linie U5 oder der Ausbau des Radwegnetzes.
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Neuerungen kommen ab dem 1. März auch auf jene zu, die ein Auto in den Bezirken Donaustadt, Floridsdorf, Liesing, Hietzing und Simmering besitzen: Ab dann gilt auch in diesen Bezirken das Parkpickerl – und damit flächendeckend in ganz Wien. Angepasst werden damit auch die Tarife, die Kurzparkzonen werden vereinheitlicht. Einnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung fließen laut der Stadt direkt in den Öffi-Ausbau; etwa in das neue U2/U5-Linienkreuz.

Seit rund einem Jahr laufen die Bauarbeiten für das U-Bahn-Projekt. 2022 stehen Aushubarbeiten entlang der Neubaustrecken im Untergrund an, auch starten zwei neue Tunnelbauwerke bei Schottentor und Matzleinsdorfer Platz. Ende 2021 kritisierte jedoch der Stadtrechnungshof den Kostenanstieg bei dem Großprojekt: Laut dem Bericht sind die ursprünglich veranschlagten Gesamtkosten von 950 Millionen Euro auf bisher rund 1,7 Milliarden Euro in die Höhe geschossen.

Neues ist 2022 auch in Sachen Seilbahnprojekt zu erwarten. Die Stadt arbeitet derzeit daran, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Der Standort ist noch völlig offen. Es war im Gespräch, den Bahnhof Hütteldorf mit dem Otto-Wagner-Areal zu verbinden.

  • Stadtplanung: Offenes Ende im Streit um den Lobautunnel

Das wohl umstrittenste Stadtplanungs- und Verkehrsprojekt, die Stadtstraße inklusive des Lobau-Tunnels, hat bereits die rot-grünen Koalitionen entzweit. Mittlerweile hat der Bund das Aus für die Grabungen unter dem Naturschutzgebiet verkündet. An der Stadtstraße in der Donaustadt hält die Stadt jedoch fest. Und die sorgt für Streit in Wien. Die 3,2 Kilometer lange Neubaustrecke soll die Seestadt Aspern mit der Südosttangente verbinden. Für Aufregung hatte Ende 2021 ein Brand im Protestcamp von Klimaaktivistinnen und -aktivisten gesorgt. Dieses wurde bereits im Sommer aufgeschlagen – noch vor der Tunnel-Absage.

Wie lange wird noch besetzt? Derzeit ist ein Ende noch nicht absehbar.
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Eine Entscheidung ist für heuer außerdem für die Umgestaltung des Naschmarkt-Parkplatzes zu erwarten. Gegen die Pläne, das Areal zu überdachen, regte sich Widerstand.

  • Klimaschutz: Städtische Gebäude mit Photovoltaik

Wien will bis 2040 CO2-neutral werden – so lautet das Ziel im rot-pinken Koalitionspapier. Um das zu erreichen, soll der lokale Endenergieverbrauch bis 2030 zu 30 Prozent aus erneuerbarer Energie gedeckt werden. Bis 2025 soll deshalb die Produktion von Sonnenenergie verfünffacht werden, bis 2030 soll 16-mal so viel Strom aus der Sonne gewonnen werden wie 2020. Dafür plant Rot-Pink im Regierungsabkommen, alle Gebäude der Stadt bis 2022 auf ihre Eignung zur Erzeugung von Solarenergie zu prüfen und jene, die dafür infrage kommen, bis 2025 mit entsprechenden Anlagen auszustatten. 2022 sollen zudem Förderungen für Photovoltaik-Anlagen auf versiegelten Freiflächen ausgearbeitet werden.

  • Kinder und Jugend: Mehr Personal und ein queeres Jugendzentrum

Verbesserungen stehen in den Kindergärten an: Ab Herbst werden die Assistenzstunden in den Kindergartengruppen von derzeit 20 Stunden auf 40 Stunden verdoppelt. Der Kindergarten ist die "erste Sprosse auf der Chancenleiter unserer Kinder", argumentiert die Stadtregierung.

Um einen verbesserten Bildungseinstieg zu ermöglichen, verdoppelt die Stadt ab Herbst dieses Jahres die Assistenzstunden in den Kindergartengruppen.
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Für Jugendliche steht die Errichtung eines neuen queeren Jugendzentrums auf dem Plan: Es soll LGBTIQ-Jugendlichen als Anlaufstelle und Vernetzungsort dienen. (Oona Kroisleitner, Rosa Winkler-Hermaden, 18.1.2022)