Die Sitze hochgeklappt – die ledendären Ski-WM-Pisten von 1958 auf dem Gasteiner Graukogel bleiben den Tourengehern vorbehalten.

Foto: Thomas Neuhold

Die Sonne strahlt vom stahlblauen Himmel, der frisch gefallene Neuschnee glitzert, der Atem dampft in der winterkalten Luft – der STANDARD-Lokalaugenschein auf dem Bad Gasteiner Graukogel wird zum Wintertraum. Eigentlich sollten an solchen Tagen hunderte Skibegeisterte jene Pisten bevölkern, auf denen Toni Sailer bei der Ski-WM 1958 seine legendären Erfolge feierte. Stattdessen sind dieses Wochenende nur ein paar Dutzend Skitourengeher auf den teilweise präparierten Pisten zu sehen. Die in die Jahre gekommene Liftanlage steht bereits die zweite Wintersaison still.

Fast schien es, als würde das kleine Skigebiet in aller Stille entschlafen und die Lifte nur noch im Sommer fahren. Bis zu Winterbeginn 2021 die Soziologiestudentin Maria Schödl und der Architekturstudent Max Greinwald die Initiative Wildbad ins Leben gerufen haben. Beide haben sehr engen Bezug zu Gastein, der Name der Bürgerinitiative leitet sich aus dem ursprünglichen Ortsnamen "Wildbad Gastein" ab.

Onlinepetition

Schödl und Greinwald starteten eine Onlinepetition für den Erhalt des Skigebiets. "Man darf fragen, wo das heutzutage noch zu finden ist: einen Berg, auf dem nicht künstlich beschneit wird, auf dem zwei Sessellifte auszureichen scheinen", lautet einer der Kernsätze der Petition, die sich direkt an die Gasteiner Bergbahnen AG richtet.

Der Graukogel sei eine Marke und als Hausberg identitätsstiftend für den Ort, sein reduziertes Angebot sei ein Ansatz für einen sanfteren Tourismus, "der vielleicht als eine Antwort auf den Massentourismus gesehen werden kann". Außerdem wäre das kleine Skigebiet auch ein Rückzugsgebiet für die Einheimischen, die dem touristischen Dauerstress entfliehen wollten.

Die Pisten-Tourengeher sind aktuell die Profiteure vom winterlichen Seilbahnstillstand.
Foto: Thomas Neuhold

Der Zuspruch der Petition hat die beiden jungen Leute selbst überrascht. Knapp 2500 Leute haben das Anliegen binnen weniger Tage unterstützt. Die Hälfte davon aus dem Gasteinertal, was das Argument der Identitätsstiftung unterstreicht: Hier entspringen die heißen Thermalquellen, die Bad Gastein berühmt gemacht haben.

Liftbetrieb bleibt erhalten

Die andere Hälfte der Unterstützer sind vielfach skibegeisterte Gastein-Fans. Sie schätzen am Graukogel vor allem, dass er nicht künstlich zur betonharten Eispiste beschneit wird, sondern auch auf anspruchsvollen Pisten noch reinen Naturschnee bietet.

Franz Schafflinger, einer der beiden Geschäftsführer der Bergbahnen AG, bestreitet jedwede Stilllegungspläne für den Graukogel. Gerade im Sommer laufe mit dem Konzept eines naturnahen, entschleunigten Bergerlebnisses die Entwicklung mit zuletzt 27.000 Ersteintritten sehr gut.

Naturschnee-Wintertraum am Graukogel.
Foto: Thomas Neuhold

Die aktuelle Situation der Winterschließung sei der Covid-Pandemie, also den ausbleibenden Gästen, aber auch dem Personalproblem geschuldet. Man habe schlicht nicht genügend Leute, um alle Anlagen in Betrieb zu halten. Allerdings müsse man dazusagen, dass die schneearmen Winter vor der Pandemie die Einkünfte in den Wintersaisonen nach unten gedrückt hätten.

Neues Parkhaus im Ort

Das Bekenntnis zur Graukogelbahn hat Schafflinger auch in einem Gespräch mit der Initiative Wildbad abgegeben. Hier wie auch im STANDARD-Gespräch klingt freilich ein kleines Aber mit. Die Weiterentwicklung am Graukogel müsse in Verbindung mit einem neuen Mobilitätskonzept gesehen werden.

Kern dieses Konzepts sei ein neues Parkhaus in Bahnhofsnähe und eine Tunnelverbindung zum bestehenden Parkhaus im Ortszentrum. Bis zur Fertigstellung dieses großen Bauvorhabens dürfte es freilich noch einige Jahre dauern. Aktuell laufen die Bauverhandlungen.

Vorwürfe aus dem Ort

Unabhängig von der Initiative Wildbad bläst den Bergbahnen und der Gemeinde Bad Gastein auch von anderer Seite ein kalter Wind ins Gesicht. Der prominente Gasteiner Hotelier Thomas Tscherne hat der Gemeinde und den Bergbahnen via ORF-Salzburg ganz offiziell mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gedroht. Im Gespräch mit dem STANDARD bestätigt Tscherne, über den Gang zur Staatsanwaltschaft nachzudenken.

Er spricht von Intransparenz und aufklärungswürdigen Zahlungsflüssen: So würden Gemeinde und Kurfonds jeweils 40.000 Euro pro Jahr Pacht für die Grundbesitzer am Graukogel hinblättern. Es sei undenkbar, dass für die Bergbahnengesellschaft damit keine Betriebspflicht einhergehe, meint Tscherne. Seiner Aufforderung im Tourismusverband, alle Verträge und allfällige Nebenkosten vorzulegen, sei man nicht nachgekommen.

Schafflinger weist den Vorwurf strikt von sich. Es gebe keinerlei Vereinbarung für eine Betriebspflicht. Die Drohung, die Staatsanwaltschaft einzuschalten, sehe er "tiefenentspannt". (Thomas Neuhold, 18.1.2022)