Der 56-jährige Angeklagte bleibt auch nach dem vertagten Prozess dabei, dass seine Kritik am Bundeskriminalamtschef zulässig sei.

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Wien – Andreas Holzer, mittlerweile Chef des heimischen Bundeskriminalamts, will sich eines nicht nachsagen lassen: dass er untätig sei und die Polizeiarbeit verweigere. Daher hat der 48-jährige Spitzenbeamte des Innenministeriums Florian Scheuba wegen des Delikts der "üblen Nachrede" und den STANDARD medienrechtlich vor Richter Stefan Romstorfer gebracht. Scheuba wunderte sich in seiner im September 2021 im STANDARD erschienenen satirischen Kolumne über Holzers Arbeitseifer im Jahr 2015.

Genauer geht es um die Vorgeschichte des "Ibiza-Videos". Unbestritten ist, dass am 27. März 2015 ein Anwalt sich im Bundeskriminalamt mit Holzer, zu diesem Zeitpunkt Chef des Büros für Organisierte Kriminalität, sowie dessen Stellvertreter traf, um "brisante Informationen" über den damaligen FPÖ-Bundespartei- und Wiener Landesparteiobmann Heinz-Christian Strache zu beplaudern.

Verschiedenste Vorwürfe gegen Heinz-Christian Strache

Wie die beiden Polizisten nun vor Romstorfer aussagen, habe der Anwalt damals verschiedenste Vorwürfe gegen den Politiker erhoben, die ein Informant angeblich belegen könne. Der Anwalt wollte aber dessen Namen nicht preisgeben, ehe nicht diverse Bedingungen erfüllt würden – Straffreiheit für den Informanten, Geld sowie eine Anklage vor der anstehenden Wiener Landtagswahl 2015.

Einer der konkreten Vorwürfe bezog sich auf angeblichen Mandatskauf für einen FPÖ-Parlamentarier samt dem "Sporttaschenfoto". Das diesbezügliche Verfahren gegen Strache ist mittlerweile eingestellt. Laut Holzer habe der Anwalt im Bundeskriminalamt in einem eineinhalbstündigen Gespräch die Fotografie zwar "detailreich beschrieben", aber nie hergezeigt – ebenso wenig wie ausgedruckte Chatverläufe zu dieser Causa. Scheuba legt im Prozess dagegen eine eidesstattliche Erklärung des als Zeugen geladenen, aber verhinderten Anwalts vor, wonach dieser sehr wohl die Beweisstücke hergezeigt habe.

Holzers Stellvertreter schrieb einen Amtsvermerk über das Gespräch, damit fuhren die Polizisten zur zuständigen Staatsanwältin. Die den Auftrag gab, den Anwalt nach dem Namen des Informanten zu fragen, da ohne dessen Aussage oder konkreten Beweismitteln nichts nachweisbar sei.

"Nach bestem Wissen und Gewissen"

Er "habe nach bestem Wissen und Gewissen und mit Nachdruck" versucht, diesen Auftrag zu erfüllen, sagt Holzer nun. Er habe dem Anwalt mehrmals auf die Mailbox gesprochen. Zurückgerufen habe der nie, daher sei ein – zugegebenermaßen falsch datierter – Amtsvermerk gemacht worden, dass keine Kontaktaufnahme mit dem Anwalt gelungen sei. Die Staatsanwaltschaft stellte die Sache daraufhin ein.

Scheuba argumentiert vor Gericht, dass durchaus ein wenig mehr Ermittlungseifer als Telefonanrufe zu erwarten gewesen seien, wenn ein Prominenter beschuldigt wird. Und die in der Kolumne erwähnte "Arbeitsverweigerung" sei ironisch gemeint – das sage man auch bei Fußballern, die zwar auf dem Feld sind, aber wenig Engagement zeigen.

Überraschenderweise sagt Holzer in seiner Aussage dann, es sei ihm irgendwann doch gelungen, den Anwalt telefonisch zu erreichen. "Das Gespräch hat aber nur fünf oder sechs Sekunden gedauert, er hat sich unter wüsten Beschimpfungen geweigert, den Namen des Informanten zu nennen." – "Warum steht dann im Amtsvermerk, dass es nicht gelang, Kontakt aufzunehmen?", will Richter Romstorfer wissen. "Der letzte Anruf war erfolgreich", gibt Holzer zu, will aber den genauen Zeitpunkt des Kontakts nicht mehr kennen. Auch der Wortlaut der Verbalinjurien sei ihm entfallen.

Um den Anwalt persönlich als Zeugen vernehmen zu können, vertagt Romstorfer auf den 17. Februar. (Michael Möseneder, 17.1.2022)