Clelia Giacalone träumt von einem Vollzeitjob, doch der ist wegen hoher Arbeitslosigkeit und mangelnder Kinderbetreuung in Süditalien schwer zu finden.

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Palermo/Wien – In Sizilien haben es Mütter nicht leicht. Eine Nachmittagsbetreuung von Kindern ist auf der Insel nicht üblich. Nicht ohne Grund gehen nur 29 Prozent der Sizilianerinnen einer Erwerbstätigkeit nach. Denn die Betreuung der Kleinen fällt dort heute immer noch nach dem traditionellen Rollenmuster fast immer komplett der Frau zu. Die Reportage "Siziliens Frauen begehren auf" auf dem deutsch-französischen Kultursender Arte erzählt am Mittwoch ab 19.40 Uhr davon.

Zwei Frauen, die ihr Leben zwischen dem Job und der Betreuung des Kindes meistern müssen: Eine von ihnen ist die Alleinerziehende Nicoletta Cosentinos. Die 50-Jährige hat seit 2017 ihr Unternehmen "Kämpferische Köchinnen" gegründet und stellt dort gemeinsam mit anderen Frauen regionale Produkte wie Marmelade oder Backwaren her. "Mehl in eine leckere Spezialität zu verwandeln, ist für mich eine Art Therapie."

Projekte gegen häusliche Gewalt

Zugleich trifft Nicoletta ihre Kundinnen und Kunden und kümmert sich dann auch allein um ihre zwei Kinder. In ihrer Ehe hatte die 50-Jährige oft Demütigung erlebt. Sie wurde psychologisch ständig unter Druck gesetzt, bis sie sich scheiden ließ. In ihrem Unternehmen unterstützt sie Frauen, die dasselbe Schicksal erleben. Sie stellt Praktikantinnen ein und bietet Frauen eine Berufsperspektive oder plant, wie sie mit Frauen aus einem Viertel ein Catering gründen kann. Sie schiebt Projekte gegen häusliche Gewalt an.

Die Doku begleitet auch Clelia. Die 39-jährige arbeitet schon in Teilzeit als Sekretärin und möchte einen zweiten Job annehmen. Den sucht Clelia noch. Sie versucht ihren Mann so wenig wie möglich um Geld zu bitten. Die Sizilianerin möchte nämlich aus Prinzip von niemanden abhängig sein. Das bedeutet für sie allerdings großen Stress. Denn auch wenn sie arbeitet, muss eine Frau in ihrer Lebensrealität die Betreuung des Kindes und den Haushalt stemmen.

"Krasse Form der Benachteiligung"

Die 39-Jährige wird in Bewerbungsgesprächen regelmäßig gefragt, wie sie den Beruf und Familie gleichzeitig meistern will. Das findet sie "demütigend und eine krasse Form von Benachteiligung", denn solche Fragen werden männlichen Bewerbern nie gestellt, sagt Clelia. Ihr Mann hat für sich einen festen Plan und keine Zeit für familiäre Angelegenheiten an einem Arbeitstag, während Clelia in ihrem Alltag beides meistern muss. Sie macht sich Sorgen um Sizilien: "Es heißt immer dass Kinder die Zukunft unseres Ländern ist, aber wenn niemand mehr Kinder bekommt, weil der Staat nicht präsent ist und keine Unterstützung anbietet, dann steht diese Zukunft auf dem Spiel." (APA, dpa, 18.1.2022)