Winterschlaf hat weniger Ähnlichkeit mit Schlaf als mit Tod: Die meisten tierischen Winterschläfer haben eine Körpertemperatur von nur ein paar Grad Celsius und eine durchschnittliche Atemfrequenz von lediglich einem Atemzug pro Minute. Gleichzeitig ist die Herzfrequenz drastisch reduziert, im Schnitt lassen sich rund fünf Schläge in der Minute messen. Die Hirntätigkeit ist dabei so stark heruntergefahren, dass die Aktivität des Denkorgans kaum noch nachweisbar ist.

Während des Winterschlafs wechseln Phasen der Starre, Torpor genannt, mit kurzen Aufwachepisoden, die als Arousals bezeichnet werden. In diesen wachen Momenten heizen sich die Tiere wieder auf Normaltemperatur auf. Während die Torpor-Phasen einige Tag bis hin zu mehreren Wochen dauern können, sind die Arousals auf ein paar Stunden beschränkt.

Welche Funktion diese Zeitfenster der weitgehend normalen Stoffwechselaktivität erfüllen, ist noch nicht vollständig geklärt. Möglicherweise dient das Aufwachen als Schutz vor Zellschäden, vermuten Forschende.


Braunbär

Ursus arctos verschläft ein halbes Jahr

Braunbären bauen im Winter Fett, aber kaum Muskeln ab.
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Braunbären verbringen rund sechs Monate im Winterschlaf. In dieser Zeit beträgt ihre Körpertemperatur – anders als bei kleinen Arten, die sich stark abkühlen – zwischen 30 und 36 Grad Celsius. Sie nehmen während des Winterschlafs keine Nahrung oder Flüssigkeit zu sich und geben auch keine Ausscheidungen ab.

Ihr – wenn auch geringer – Energiebedarf wird während dieser Periode ausschließlich durch die Verbrennung großer Fettreserven gedeckt, die sie sich vor dem Winter angefressen haben. Dabei werden sie in wenigen Monaten so fett, dass sie – handelte es sich um Menschen – als adipös und damit als Anwärter für diverse Stoffwechselkrankheiten gelten würden.

Wie jedoch ein Team um Sylvain Giroud vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Veterinärmedizinischen Universität Wien an freilebenden skandinavischen Braunbären zeigen konnte, schützen große Mengen von "gutem Cholesterin" (HDL) und Antioxidantien die Tiere vor gesundheitlichen Schäden.


Siebenschläfer

Glis glis dehnt den Winterschlaf teils aus

König der Schläfer: Glis glis mützt teils auch im Sommer.
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Der Siebenschläfer ist – wie schon sein Name nahelegt – der Weltmeister im Winterschlafen: Er verschläft mindestens acht Monate des Jahres, im Bedarfsfall bis zu elf. Für ein Tier seiner Größe kann er mit bis zu neun Jahren extrem alt werden, wofür unter anderem seine Fähigkeit zum langen Winterschlaf verantwortlich ist.

Passt die Nahrungssituation nicht, verzichten die Tiere auf Fortpflanzung und tauchen schon bald nach dem Aufwachen wieder in ihre unterirdischen Verstecke ab, verbringen also auch den Sommer im "Winterschlaf". Dabei kommt es zu deutlich weniger Verlusten durch Beutegreifer als im Frühsommer bei der Nahrungssuche.

Claudia Bieber und ihre Mitarbeiter vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Veterinärmedizinischen Universität Wien untersuchen derzeit in einem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekt, welche Auswirkungen die Torpor-Phasen auf das Erinnerungsvermögen der putzigen Nager haben.

Dazu lernen diese vor dem Winterschlaf unter anderem, in einem Irrgarten den Weg ins Freie zu finden. Nach dem Aufwachen werden sie erneut getestet, um zu sehen, wie viel des Erlernten sie behalten haben.


Murmeltier

Marmota marmota fungiert als Heizkörper

Aneinandergeschmiegt halten sich Murmeltiere warm.
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Murmeltiere setzen im Winterschlaf einerseits auf ihre Fettreserven, die sie sich in der warmen Jahreszeit anfressen, andererseits auf Gruppenkuscheln: Sie überwintern in Familiengruppen, die aus einem Paar und mehreren Generationen seiner Nachkommen bestehen. In einem Bau können sich bis zu 20 Tiere befinden.

Wie Wissenschafter um Walter Arnold vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Veterinärmedizinischen Universität Wien herausgefunden haben, bleiben ältere Männchen dabei immer ein bisschen wärmer als Jungtiere und wärmen diese so auch im tiefen Torpor. Damit nicht genug, starten sie auch etwas früher in die Arousal-Phasen.

Da sie dabei aber an den Nachwuchs gekuschelt bleiben, wird dieser auf zwölf bis 15 Grad aufgeheizt, ohne selbst Energie investieren zu müssen. Die Jungen-Sterblichkeit sinkt dadurch beträchtlich. Für jeden machen die Männchen das übrigens nicht: Sind keine oder nur sehr entfernt verwandte Junge im Bau, "heizen" die Erwachsenen nicht.


Feldhamster

Cricetus cricetus und die Fortpflanzung

Feldhamster überdauern den Winter im Untergrund.
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Beim Feldhamster verfolgen beide Geschlechter unterschiedliche Winterschlafstrategien: Während Weibchen im Herbst Vorräte sammeln und für den Winter im Bau lagern, fressen sich die Männchen eher einen Fettvorrat an, von dem sie während des Winterschlafs vorwiegend zehren. Sie ziehen sich auch schon einen Monat früher unter die Erde zurück als die Weibchen, die gewöhnlich erst im Oktober abtauchen.

Wie Eva Millesi und Carina Siutz vom Department für Verhaltensbiologie der Universität Wien zeigen konnten, liegt der Grund dieses Unterschieds in der Fortpflanzung: Feldhamsterweibchen ziehen jedes Jahr bis zu drei Würfe auf. Danach haben sie kaum noch Zeit, sich Fettreserven zuzulegen, weswegen sie auf Vorräte setzen, die sie während der Arousals verzehren.

Die Männchen hingegen besuchen während der Fortpflanzungszeit so viele Weibchen wie möglich in deren Bau, um sich mit ihnen zu paaren. Im Zuge dessen müssen sie ihren eigenen Bau immer wieder wechseln, was das Anlegen von Vorräten erschweren dürfte. Dafür bleibt ihnen dann, wenn die meisten Weibchen noch einen Wurf zu versorgen haben, noch Zeit zum Anfressen von genügend Winterspeck.


Zwerglori

Nycticebus pygmaeus als Unikum

Zwergloris halten als einzige Primaten Asiens Winterschlaf.
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An sich sind winterschlafende Arten in erster Linie ein Phänomen nördlicher Klimate, doch gibt es auch Ausnahmen wie die Zwergloris. Die 15 bis 25 Zentimeter kleinen, zu den Primaten gehörenden Tiere leben in den Wäldern Südostasiens und sind dort mancherorts mit recht kühlen Temperaturen konfrontiert.

Ein Wissenschaftsteam unter Beteiligung des Forschungsinstituts für Wildtierkunde und Ökologie (Fiwi) der Veterinärmedizinischen Universität Wien untersuchte vor einigen Jahren Zwergloris, die in Außengehegen im Norden Vietnams gehalten wurden, wo das Thermometer im Winter bis auf fünf Grad sinken kann.

Die Forscher konnten zeigen, dass die Tiere bei Kälte bis zu 63 Stunden im Torpor verharren. Winterschlaf (wissenschaftlich Hibernation) liegt laut Definition dann vor, wenn Torpor-Phasen länger als 24 Stunden dauern, damit fällt das eindeutig darunter. Zwergloris sind damit die bisher einzigen Primaten außerhalb von Madagaskar, für die Winterschlaf nachgewiesen werden konnte. (Susanne Strnadl, 24.1.2022)