Strafen für Ungeimpfte soll es ab Mitte März geben.

Foto: APA

Am heutigen Donnerstag steht der Beschluss im Nationalrat bevor, am 3. Februar folgt dann jener im Bundesrat: Dem Gesetz zur Impfpflicht steht zumindest auf politischer Ebene eigentlich nichts mehr im Wege. Die einfache Mehrheit der türkis-grünen Bundesräte wird formal ausreichen. ÖVP und Grüne wollen dennoch so viel Zustimmung wie möglich sammeln.

Das dürfte auch der Fall sein: Die in den Gesetzwerdungsprozess eingebundenen Oppositionsparteien SPÖ und Neos haben angekündigt, das Regelwerk für die Impfpflicht zu unterstützen. Wobei es auch Skepsis innerhalb der eigenen Reihen gab: So kündigte etwa Neos-Gesundheitssprecher Gerald Loacker an, gegen die Novelle zu votieren.

Wenige Ausreißer

Nebst wenigen Ausreißern dürfte der Großteil der Opposition aber so gut wie geschlossen zustimmen. Selbst Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil (SPÖ), der die Impfpflicht besonders skeptisch sieht, tendiert nun dazu, "nicht dagegen zu stimmen". So gesehen scheint es auch wahrscheinlicher, dass es auch die beiden roten Nationalratsabgeordneten aus dem Burgenland ihrem Chef gleichtun werden. Nur die FPÖ stemmt sich weiterhin partout gegen eine Impfpflicht.

Auch der Weg durch den Bundesrat ist nur noch Formsache. Seit der Landtagswahl in Oberösterreich im vergangenen September hält die Regierung in der Länderkammer knapp die Mehrheit. Damit verlor die Opposition ihre Blockademöglichkeit, womit Gesetze um bis zu acht Wochen verzögert werden können. So brachten SPÖ, FPÖ und Neos vor gut einem Jahr die Regierung beispielsweise um ihre damaligen Freitestpläne. Doch ein solches Szenario bleibt durch die Zustimmungsverhältnisse bloße Theorie. Wie geht es nun also weiter?

Fahrplan

Sobald die Pläne beschlossen sind, soll die Impfpflicht stufenweise eingeführt werden. Am 3. Februar tritt das Gesetz in Kraft, dann sollen Personen ab 18 Jahren zur Impfung aufgefordert werden. Ausnahmen gibt es für Schwangere und Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, wobei das ein ärztliches Attest voraussetzt.

Kontrolliert wird im nächsten Schritt ab Mitte März. Die Polizei kann stichprobenartig in der Öffentlichkeit einen Nachweis fordern – etwa bei Straßenkontrollen. Grundsätzlich sind Impfzertifikate nur mit Ausweis gültig. Zwar gibt es hierzulande keine generelle Ausweispflicht, allerdings dürfen Beamte kontrollierte Personen zur Identitätsfeststellung zur nächstgelegenen Polizeistation mitnehmen.

Ohne Stich drohen bis zu 600 Euro Strafe, es sei denn, man impft sich innerhalb von zwei Wochen. Im ordentlichen Verfahren, etwa, nach einem Einspruch, geht die Strafe sogar bis zu 3600 Euro. Die Geldstrafen sollen maximal viermal im Jahr verhängt werden.

Automatische Kontrollen und Strafen

Auch eine dritte Phase wird erwogen, wobei die Regierung offenlässt, wann es zu der finalen Ausweitung des Gesetzes kommt. Dann soll automatisch kontrolliert und Strafverfügungen versendet werden. Die dafür notwendige technische Infrastruktur dürfte jedoch erst ab April zur Verfügung stehen.

Der Fahrplan scheint also fixiert – zumindest in Teilen könnte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das noch ändern. "Dass dieser das gesamte Gesetz kippt, ist höchst fraglich", sagt der Verfassungsrechtler Peter Bußjäger. Wahrscheinlicher sei, dass einzelne Punkte aufgehoben werden. Unter Juristen umstritten ist etwa, dass Strafen höher werden können, wenn Betroffene Einspruch erheben.

Drittelbeschwerde unwahrscheinlich

Eine Möglichkeit, ein Verfahren gegen die Impfpflicht anzustreben, ist eine Drittelbeschwerde. Dabei muss sich ein Drittel des Parlaments an das Höchstgericht wenden. Das gilt als unwahrscheinlich, da die Opposition bis auf die FPÖ das Gesetz aktuell mitträgt.

Denkbar ist auch, dass ein Verfahren durch Einzelpersonen zustande kommt. Insgesamt seien die finanziellen Hürden für einen derartigen Prozess überschaubar, sagt der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk zum STANDARD. Eine Individualbeschwerde "kann beim VfGH beantragt werden, wenn ein Gesetz potenziell die eigenen Rechte in verfassungswidriger Weise beeinträchtigt", sagt der Experte. Insgesamt hält Funk es aber für unwahrscheinlich, dass eine derartige Beschwerde akzeptiert wird, wobei es auf den Einzelfall ankäme.

Strafverfahren anfechten

Alternativ könnten Einzelpersonen ihr Strafverfahren anfechten, sagt Funk. Beispielsweise könnten Betroffene nach der ersten Strafverfügung (600 Euro) Einspruch einlegen. Oder sie könnten auf ein Strafverfahren warten (bis 3600 Euro) und dieses wegen des Vorwurfs der Verfassungswidrigkeit beim VfGH anfechten.

So oder so könnte die Beschwerdeführung gegen die Impfpflicht zur Zeitfrage werden. Bußjäger geht davon aus, dass sich der VfGH eher erst im Herbst mit dem neuen Gesetz beschäftigen wird. Wenn man davon ausgehe, dass die ersten Strafbescheide Mitte März ausgestellt werden, seien zunächst Fristen einzuhalten. Schließlich hätten Betroffene dann noch Zeit, sich zu impfen.

Bleibt es beim Strafbescheid, folgt eine vierwöchige Beschwerdefrist beim Landesverwaltungsgericht. "Wenn man dann den Aktenlauf bis zum Richter mit einberechnet, wird es wohl schon Juni sein", glaubt Bußjäger. Nur, wenn die ersten Individualbeschwerden gegen die Impfpflicht praktisch mit Inkrafttreten eingebracht werden, sei es rein theoretisch denkbar, dass das Gesetz schon in der Juni-Session des VfGH ein Thema wird. (Muzayen Al-Youssef, Jan Michael Marchart, 20.1.2021)