Der Jurist Karl Stückler und die Finanzexpertin Pia Meusburger analysieren in ihrem Gastblog Anlegerwohnungen als Anlageoption.

Anlegerwohnungen stellen trotz steigender Immobilienpreise eine sehr beliebte Form der Kapitalanlage dar. Zwar haben sich auch die Mieten in den vergangenen Jahren erhöht, allerdings weniger stark als die Immobilienpreise. Dieses Ungleichgewicht kann unter Umständen negative steuerliche Folgen mit sich bringen, nämlich wenn sich kein Gewinn ("Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Ausgaben") innerhalb absehbarer Zeit erzielen lässt und folglich die Vermietung als sogenannte Liebhaberei zu qualifizieren ist.

Der Hauptzweck für die Anschaffung von Anlegerwohnungen besteht in deren Vermietung und damit in der Erwirtschaftung von laufenden Mieteinnahmen. Die Mieteinnahmen sind steuerpflichtige Einnahmen, von denen die mit der Vermietung im Zusammenhang stehenden Werbungskosten (zum Beispiel Absetzung für Abnutzung, Instandhaltungsaufwendungen, Fremdkapitalzinsen et cetera) abzuziehen sind. Übersteigen hingegen die Werbungskosten die laufenden Mieteinnahmen, liegt ein steuerlicher Verlust vor.

Je höher die Immobilienpreise, desto höher die steuerlichen Anschaffungskosten der Anlegerinnen und Anleger. Diese sind im ersten Schritt auf Grund und Boden und Gebäude aufzuteilen. Bei der Absetzung von Abnutzung kann nur der Gebäudeanteil der Anschaffungskosten herangezogen werden. Zudem werden in der Praxis Anlegerwohnungen häufig fremdfinanziert. Die damit verbundenen Gebühren und Zinsaufwendungen sind ebenfalls als Ausgabe zu berücksichtigen. Die Tilgung des Kredits ist hingegen steuerlich unbeachtlich.

Prognoserechnung erstellen

Das (erstmalige) Anfallen eines steuerlichen Verlusts kann eine sogenannte Liebhabereiprüfung durch das Finanzamt bewirken. Dabei müssen Steuerpflichtige nachweisen, dass innerhalb von 20 Jahren ab der erstmaligen Vermietung beziehungsweise von 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen ein Gesamtüberschuss erzielt wird. Der Nachweis ist mittels einer Prognoserechnung zu erbringen.

Die Prognoserechnung muss nachvollziehbar und plausibel darlegen, dass innerhalb eines absehbaren Zeitraums mit einem Gesamtüberschuss gerechnet werden kann. Trotz der Unsicherheit in Bezug auf künftige Entwicklungen muss sie sich an realen wirtschaftlichen Verhältnissen orientieren. Daher ist sowohl eine Indexierung der laufenden Mieteinnahmen und Aufwendungen als auch eine realistische Zinsentwicklung zu berücksichtigen. Auch ein Leerstands- und Mietausfallsrisiko sowie Aufwendungen für Instandhaltung und Instandsetzung müssen zwingend in die Prognoserechnung einfließen.

Auch wenn die Mieten steigen, sind die Immobilienpreise im Vergleich immer noch geringer – und Wohnungen als Anlage attraktiv.
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Kann der Nachweis nicht erbracht werden, dass sich innerhalb von 20 beziehungsweise 23 Jahren ein Gesamtüberschuss ergibt, kann die Finanzverwaltung die Vermietung als Liebhaberei einstufen, wodurch die Vermietung nicht als Einkunftsquelle qualifiziert wird. Dies hat zur Folge, dass weder Verluste noch Gewinne, die aus der Vermietung entstehen, bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage berücksichtigt werden dürfen. Dies kann für die Steuerpflichtigen nachteilig sein. Anfängliche Kosten für die Mieterinnen- und Mietersuche, Leerstehungskosten oder erhöhte Zinsen, da der Fremdkapitalanteil zu Beginn hoch ist, führen oft zu anfänglichen Verlusten aus der Vermietungstätigkeit, die dann nicht dazu verwendet werden können, die Steuerlast der Abgabenpflichtigen zu reduzieren.

Ein weiterer Nachteil kann sich hinsichtlich der Umsatzsteuer ergeben. Die Vermieterinnen und Vermieter sind bei Vorliegen von Liebhaberei umsatzsteuerlich keine Unternehmerinnen und Unternehmer. Die aus einer Vermietung erzielten Umsätze unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Allerdings steht den Steuerpflichtigen im Gegenzug kein Vorsteuerabzug zu.

Einstufung als Liebhaberei

Bei der Liebhabereibeurteilung darf die Wertsteigerung der Immobilie in der Prognoserechnung grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Jedoch lohnen sich Anlegerwohnungen aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht nur wegen der laufenden Mieteinkünfte. Vielmehr wird von den Anlegerinnen und Anlegern die betriebswirtschaftliche Kalkulation in die laufende Wertsteigerung der Immobilie einbezogen. Es erscheint daher fraglich, ob die Nichtberücksichtigung der Wertsteigerung der Immobilie im Rahmen der Liebhabereibeurteilung sachgerecht ist.

Von der Einstufung der Vermietung als Liebhaberei ist die Änderung der Bewirtschaftung zu unterscheiden. Eine solche liegt beispielsweise vor, wenn das zur Finanzierung der Anlegerwohnung aufgenommene Fremdkapital außerplanmäßig geteilt wird, der Mietzins erhöht wird oder das Mietobjekt durch bauliche Maßnahmen deutlich verbessert wird. Ändert sich die Bewirtschaftung, bewirkt dies eine Beendigung der bisherigen Tätigkeit, wodurch ab diesem Zeitpunkt neuerlich zu beurteilen ist, ob Liebhaberei vorliegt. Eine Vermietung, die als Liebhaberei eingestuft wurde, weil beispielsweise hohe Fremdkapitalzinsen einen Gesamtüberschuss innerhalb absehbarer Zeit verhindern, wird mit einer nicht geplanten Sondertilgung des Fremdkapitals beendet. Anschließend ist eine neue Prognoserechnung aufzustellen, um zu beurteilen, ob ein Gesamtüberschuss innerhalb von 20 beziehungsweise 23 Jahren erwirtschaftet wird. Folglich würden die Verluste, die vor der Sondertilgung entstanden sind, steuerlich nicht anerkannt werden. Gewinne, die nach der Sondertilgung erzielt werden, müssen aber von Abgabenpflichtigen durchaus versteuert werden.

Risiko minimieren

Um negative steuerliche Folgen zu vermeiden, empfiehlt es sich, vor dem Erwerb einer Anlegerwohnung eine Prognoserechnung zu erstellen. Dadurch kann bereits im Vorhinein abgeschätzt werden, ob sich ein Gesamtüberschuss innerhalb absehbarer Zeit ergibt, wodurch das Risiko einer nachträglichen Einstufung als Liebhaberei reduziert werden kann. Die Grenze einer nachträglichen Korrektur rechtskräftiger Abgabenbescheide bildet die Verjährung. Diese beträgt für die Einkommen- und Umsatzsteuer fünf Jahre und für hinterzogene Abgaben zehn Jahre. (Karl Stückler, Pia Meusburger, 20.1.2022)