2022 hat sich gut angelassen für Politiker, die jüngst nicht so viel berufliche Fortüne hatten. Türkiser Ex-Ex-Kanzler und Ex-Ex-Finanzminister haben neue Jobs und werden mit den Unwägbarkeiten aus dem Faktum, dass gegen sie ermittelt wird, umzugehen lernen – wobei die Unschuldsvermutung gilt.

In der Justiz kam es aber zu einem viel cooleren Seitenwechsel. Ein langjähriger, engagierter Staatsanwalt und Standesvertreter, zuletzt in hoher Stellung in der EU, wurde Partner in der Agentur eines alteingesessenen Lobbyisten, der auch mit dem genannten Ex-Ex-Kanzler eng war. Der Jurist macht nun: Litigation-PR. Berät also Leute, die es mit der Strafjustiz zu tun bekommen und sich einen Berater leisten können.

Er habe noch einmal etwas ganz Neues machen wollen, die Litigation-PR sei für ihn "das Coolste" gewesen, erklärte er im Kurier. Eine Lehre von ihm konnte man da schon bekommen. Dass mit Litigation-PR versucht werde, den Ausgang einer Gerichtsverhandlung zu beeinflussen, sei "ein Vollholler", sei nämlich "gar nicht möglich", wie Studien belegten. Beruhigender Gedanke in einem Rechtsstaat.

Ob der Neo-Berater das wunderbare Wort des Jahres 2017, "Vollholler", bewusst gewählt hat, ist leider nicht überliefert. Mit "populistischem Vollholler" hatte 2017 der SPÖ-Kanzler den Flüchtlingskurs des Außenministers (nunmehriger türkiser Ex-Ex-Kanzler) abgekanzelt. Cooles Wort, reif für ein Revival. (Renate Graber, 19.1.2022)