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Eine Bitte hat Russlands Außenminister Sergej Lawrow seiner deutschen Kollegin auf jeden Fall erfüllt: Annalena Baerbock hatte zu Beginn der Verhandlungen den Wunsch geäußert, "in Ruhe und mit Zeit über Themen zu sprechen, bei denen wir unsere Zusammenarbeit verstärken können, aber auch Themen, die unsere Freundschaft in diesen Tagen belasten". Und so traten die beiden statt wie geplant nach einer Stunde erst nach gut zweieinhalb Stunden vor die Kameras, um die Resultate ihrer ersten Verhandlungsrunde mitzuteilen.

Der 72-jährige russische Chefdiplomat, bekannt für seinen mitunter undiplomatischen Tonfall, lobte die Gespräche und sein Visavis, sprach von "gutnachbarschaftlichen Beziehungen", an denen Russland interessiert sei, von möglichen Kooperationsfeldern wie dem Gesundheitswesen sowie der Klima- und Umweltpolitik und betonte Gemeinsamkeiten in der internationalen Politik wie beim iranischen Atomprogramm und bei Afghanistan.

Schnell kamen aber auch die Differenzen zutage: Zwar nannten beide Politiker das Minsker Abkommen die unantastbare Grundlage des Friedensprozesses in der Ukraine. Doch in Ost und West wird dieses unterschiedlich gelesen. Moskau sieht sich etwa als reiner Vermittler und allein Kiew in der Pflicht, die Vereinbarungen umzusetzen.

Truppen bleiben vor Ort

Einen Abzug der Truppen von der ukrainischen Grenze, wie sie von Berlin aus am selben Tag auch Bundeskanzler Olaf Scholz forderte, lehnte Lawrow in den Gesprächen mit Baerbock ab. Das seien russische Truppen auf russischem Gebiet, so der Minister, der darauf verwies, dass auch die Nato Truppen in Osteuropa stationiert habe. Scholz hatte am Dienstag angedeutet, dass Deutschland im Fall eines russischen Angriffs auf die Ukraine das Projekt Gaspipeline Nord Stream 2 überdenken könnte.

Interessant war, dass Lawrow während der Gespräche nicht prinzipiell das Recht der Staaten zu einem Nato-Beitritt bestritt. Doch das müsste mit dem Sicherheitsbestreben Russlands vereinbar sein.

Prinzipiell blieb Moskau bei seinen Sicherheitsforderungen. Im Tonfall klangen sie aber nicht mehr so ultimativ wie noch kurz vor Jahresende. Lawrow lobte dabei die Diskussion als "nützlich", habe sie doch Möglichkeiten der Annäherung gezeigt.

Treffen zwischen Blinken und Lawrow

Ob dies auch auf die Ukraine zutrifft, bleibt abzuwarten. Baerbock, die ihr Interesse an "stabilen Beziehungen zu Russland" betonte, will den Normandie-Prozess wiederbeleben. Doch Erwartungen an ein baldiges Treffen dämpfte Lawrow mit der Forderung, dass zuerst auf unterer Verhandlungsebene Ergebnisse erzielt werden müssten. Am Freitag sollen Gespräche zwischen ihm und US-Außenminister Antony Blinken in Genf stattfinden. (André Ballin aus Moskau, 18.1.2022)